Zoom! Weit entferntes einfach im Handumdrehen heranholen. Jeder kennt es von seiner Kamera oder gar seinem Handy. Warum zoomen wir uns nicht einfach Planeten in fremden Sonnensystemen (Exoplaneten) heran und schauen, was darauf verborgen seiner Entdeckung harrt?
Auf diese simple Frage haben Wissenschaftler eine erstaunlich konkrete Antwort, denn wir könnten das schon bald. Zu verdanken ist es den inzwischen längst bewiesenen Theorien eines alten Bekannten, Albert Einstein. Wir stellen euch die gigantischste Zoomlinse aller Zeiten vor, die wir als Menschheit vor unsere Kamera spannen können: die Sonne.
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Wie bekommen Planeten ihre Namen? Ein NASA-Experte erklärt es
Die Sonne als Fotolinse
Aufnahmen entfernteste Phänomene, wie sie das James-Webb-Teleskop anfertigt, begeistern die Menschheit. Doch was uns bisher nichts und niemand liefern konnte, ist ein echtes Foto eines Exoplaneten.
Jüngst erläuterte Professor Martin Tajmar von der Technischen Universität Dresden, wie das ginge. Er war zu Gast in einer hochkarätig besetzten Talkrunde auf YouTube bei Terra X Lesch & Co: ein Teleskop-Fotoapparat mit der Sonne als Gravitationslinse.
Dank solch einer Konstruktion könnten wir schon in naher Zukunft ein Foto eines Exoplaneten aufnehmen. Auf diesem wären große Bauten wie die irdische Chinesische Mauer, aber vor allem Strukturen wie Ozeane oder Kontinente gut sichtbar:
In zehn Jahren könnten wir ein großes Bauwerk auf einem Exoplaneten entdecken
Professor Martin Tajmar


Ungefähr so könnte interpretiert von einem Künstler das Foto eines Exoplaneten dank einer Gravitationslinse aussehen – vielleicht aber auch noch detaillierter. Die Grafik illustriert, wie solch eine Linse funktioniert. Bildquelle: Slava Turyshev und NASA
Eine Gravitationslinse basiert auf den Forschungen Albert Einsteins, die in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie mündeten. Sie beschreibt, wie Masse die Raumzeit krümmt – inklusive der Bahnen von Licht. Der Weg des Lichts aus mitunter Tausenden Lichtjahren Entfernung wird gebeugt und zusammengedrückt, wodurch sich die Helligkeit erhöht. Das erleichtert die Beobachtung und Analyse.
Optisch entsteht um die Masse im Raum ein Ring konzentrierten Lichts, der sogenannte Einstein Ring. Inzwischen ist das einst theoretische Konstrukt vielfach nachgewiesen – oft optisch sichtbar bei Haufen von Galaxien.
Dabei gibt es einen in der obigen Grafik abgebildeten optimalen Punkt zur Beobachtung von Objekten in dem Ring. Je nach Masse, die die Krümmung verursacht, variiert diese Distanz.
Bei unserer Sonne liegt der sogenannte Focalpunkt der Gravitationslinse in rund 550 AE Entfernung. Hier muss der Beobachter stehen, um die von der Schwerkraft geschaffene perfekte Zoomlinse auszunutzen, zum Beispiel in Form eines Teleskops (via The Astrophysical Journal).
Astronomische Einheit (AE): Eine AE steht für die mittlere Distanz zwischen Erde und Sonne, 149.597.870 Kilometer (via Spektrum).
Doch wie viel sind 550 Astronomische Einheiten? Weiter als wir jemals reisten. Voyager 2 ist mit rund 140 AE aktuell die Rekordhalterin. Sie ist eine von fünf Objekten, die sich anschicken, das Sonnensystem für immer zu verlassen – an Bord eines von ihnen ist derweil der Teil eines Menschen.. Pluto treibt es auf seinem Orbit bis auf höchstens 50 AE hinaus.
Entscheidend für die notwendige Zeit, um ein Teleskop bei 550 AE in Betrieb zu nehmen, wäre vor allem die Flugzeit. Modernste Technik könnte uns laut Professor Tajmar und von ihm zitierten Angaben des Jet Propulsion Laboratory in rund zehn bis 20 Jahren dahin bringen. Zum Einsatz käme wahrscheinlich eine Kombination von Ionentriebwerken sowie Sonnensegeln, wie sie auch Slava Turyshev (NASA-Forscher) vorschlägt.
Halbstarres Auge in den Tiefen des Alls
Da das Teleskop in der Leere des Alls seine Ausrichtung jederzeit verändern könnte, vermöchte es mit etwas Geduld unterschiedlichste Ziele ins Visier nehmen. Es käme halt nur darauf an, zum richtigen Zeitpunkt auf seinem Orbit an der Sonne vorbei durch die Gravitationslinse zu schauen.
Es gilt aber eine Einschränkung: Der Zielplanet muss sich auf der Ebene Sonne/Teleskop befinden. Denn der Focalpunkt der Linse bildet sich vom Motiv aus gesehen jeweils hinter der Sonne in 550 AE Entfernung. Dort bündeln sich die gebeugten Lichtbahnen.
Theoretisch wäre jeder Ort im All anvisierbar, aber nur, wenn die Teleskop-Anlage in die entgegengesetzte Position gelänge. Die Anlage bräuchte sonst zusätzliche Triebwerke und enorme Zeitspannen, um seine Position stark nach oben oder unten auf der gedachten 550-AE-Kugel zu verändern.
Einem leider kürzlich verstorbenen Kollegen im Geiste von Albert Einstein, Stephen Hawking, geben jüngste Daten zu einem extrem energiereichen Teilchen übrigens posthum recht. Auch der britische Forscher würde derweil sicher solch ein Mega-Teleskop gerne im Einsatz sehen.
Allerdings stellt sich eine Umsetzung während der mittelfristigen Zukunft, geschweige denn innerhalb eines Jahrzehnts, als sehr unwahrscheinlich dar.
Auch wenn es Studien gibt und laut den Forschenden die notwendige Technik zur Verfügung steht, fielen extreme Summen an. Diese wäre derzeit keine Regierung(sbehörde) oder irgendein Privatunternehmen bereit, aufzubringen. Und Geld verdienen ließe sich mit dem Vorhaben wohl ohnehin kaum.
Aber legen wir einmal alle Zweifel beiseite und nehmen an, am 3. April 2035 geht eine angenommene Einstein-Gravitionslinsen-Teleskopanlage (EGLA) in Betrieb. Welchen Planeten würdet ihr ins Fotovisier nehmen? Schreibt uns eure Astronomie-Träumerei gerne in die Kommentare!
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