Alter(n) in Spielen - Alterst du noch oder stirbst du schon?

Der Tod ist das einzige, das sicher ist im Leben. Das Sterben beginnt im Moment unserer Geburt. Wir altern in jeder Sekunde, bis es am Ende unweigerlich heißt: »Game Over.« Kunst und Literatur, Philosophie und Naturwissenschaften haben sich mit dem Thema Alter(n) und der menschlichen Vergänglichkeit auseinandergesetzt. Im Spielebereich schaut es dagegen mau aus. Warum beschäftigen sich Spiele so ungern mit den verschiedenen Lebenszeitaltern, dem Alterungsprozess und dem, was daraus folgt?

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Spiele behandeln nur selten das Älterwerden - doch das sollte sich ändern. Spiele behandeln nur selten das Älterwerden - doch das sollte sich ändern.

»Das Alter ist eine unheilbare Krankheit.« Das hat Seneca gesagt, damals in der Antike. Und damit zeichnet er damit gleich ein negatives Bild vom Alter und vom Älterwerden. Aber trifft das zu? Wenn wir über das Altern sprechen, sprechen wir über mehr als über Krückstock und Falten. Das Altersbild ist kein rein negatives, sondern unterscheidet sich je nach Gesellschaft und Kultur.

Verharren wir mal in unseren westeuropäischen Breiten. Welches Bild vom Alter(n) haben wir? Ingmar Bergmann, schwedischer Regisseur und notorischer Schwerenöter, bringt es auf den Punkt: »Mit dem Älterwerden ist es wie mit dem Bergsteigen: Je höher man steigt, desto mehr schwinden die Kräfte, aber umso weiter sieht man.«

Anders gesagt: Im gesellschaftlichen Diskurs wird das Thema Alter(n) doppeldeutig betrachtet: Wir verbinden damit sowohl negative als auch positive Aspekte. Klar, unsere körperlichen Kräfte schwinden, wir werden sprichwörtlich »alt und bucklig«. Zugleich verbinden wir mit dem Alter Tugenden wie Weisheit, Klugheit und Erfahrung - Bergmanns »Weitsicht«.

Ganz gleich, welches Bild vom Altern wir haben: Es betrifft uns alle, ob wir wollen oder nicht. Das alleine wäre Grund genug, dass sich Spiele damit auseinandersetzen. Was uns alle betrifft, verspricht ein hohes Maß an Identifikation und damit Immersion. Wir tauchen leichter in eine Spielwelt ein, wenn wir uns mit dieser identifizieren können.

Und dieses Eintauchen ist ja letztlich der heilige Gral der Spielemacher. Wenn wir als Spieler ganz in der Spielwelt angekommen sind, dann hat uns das Spiel sozusagen am Wickel. Es wäre also schon aus rein wirtschaftlichen Gründen naheliegend, das Thema Alter(n) in Spielen zu thematisieren.

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Einer der lichtesten Momente der Spielegeschichte, wenn es um bildhafte Darstellungen von Alter(n) und Tod geht: Unser im Zwischenreich zwischen Leben und Tod feststeckender Protagonist Manny Calavera versucht im LucasArts-Adventure Grim Fandango vergeblich, eine tugendhafte Seele abzustauben, die sein Ticket ins himmlische Jenseits darstellen würde. Die »Eingangshalle« ins Totenreich besteht aus einer Collage übertriebener Praller-Leben-Elemente. Das Leben als Karikatur. Einer der lichtesten Momente der Spielegeschichte, wenn es um bildhafte Darstellungen von Alter(n) und Tod geht: Unser im Zwischenreich zwischen Leben und Tod feststeckender Protagonist Manny Calavera versucht im LucasArts-Adventure Grim Fandango vergeblich, eine tugendhafte Seele abzustauben, die sein Ticket ins himmlische Jenseits darstellen würde. Die »Eingangshalle« ins Totenreich besteht aus einer Collage übertriebener Praller-Leben-Elemente. Das Leben als Karikatur.

Gerade in Anbetracht der demographischen Situation wundert es aber noch mehr, dass Spiele das Thema weitgehend ausklammern. Denn Alter und Altern sind Zukunftsthemen, die ökonomische, politische und soziale Folgen haben. Es ist nahezu unvermeidlich, dass wir uns im echten Leben mit dem Alter(n) und den herrschenden - oder wünschenswerten - Altersbildern, deren Entstehung und Wirkungsweisen auseinandersetzen. Geburtenrückgang und Überalterung mancher Gesellschaften?

Steigende Altersarmut? Engpässe im Pflegesystem? Konflikte zwischen den Generationen, etwa bei der Rentenreform oder beim Umweltschutz? Alles Themen, die hochaktuell sind und spielerisch umsetzbar. Letzteres beweist etwa Cities: Skylines, dessen Bürger altern und irgendwann sterben. Wer nicht für genügend Arbeitsplätze sorgt, die neue Bewohner in die Stadt locken, hat es irgendwann mit einer »Todeswelle« zu tun: Die alten Bürger sterben massenhaft weg, die Stadt leert sich.

Ziemlich radikal, ja, aber zugleich ein Sinnbild für das Schicksal überalterter Gesellschaften. Sonst wird das Thema Alter(n) jedoch kaum aufgegriffen - warum nur? Wie könnte ein Spiel über das Altern aussehen? Und: Warum sollten wir es überhaupt wollen?

Report: Making of Cities: Skylines - Wie 14 Finnen Maxis schlugen

Cities: Skylines simuliert überalterte Gesellschaften: Wenn zu wenige neue Einwohner zuziehen, kann die Stadt aussterben. Cities: Skylines simuliert überalterte Gesellschaften: Wenn zu wenige neue Einwohner zuziehen, kann die Stadt aussterben.

Alter(n)? Nein, danke!

Skyrim. Pathetische Musik im Hintergrund des Rollenspiel-Epos, wir erstellen unsere Spielfigur: Mit ein paar Klicks und ein bisschen Scrollen verpassen wir ihr im Charaktereditor Falten. Tiefe Furchen, die uns so gar nicht aussehen lassen wie den strahlenden Helden, der einmal mehr die Welt rettet. Wir lassen unseren Charakter mit ein paar Handgriffen altern oder verhelfen ihm zu blühender Jugend.

Aber: alles nur Optik. Das angejahrte Aussehen unserer Spielfigur hat keinerlei Auswirkungen auf unsere Fähigkeiten, Interaktionen oder überhaupt auf die Spielwelt. Und: Die Optik verändert sich nicht mehr. Heißt: Wir sehen immer aus wie die uralt-hutzelige Redguard-Kriegerin, die wir anfangs erstellt haben. Komme, was wolle. Wir altern nicht (weiter). Das Altern ist ein lediglich kosmetischer Eingriff, der keine Wirkung auf den Spielmechanismus hat.

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