Von wegen »realistisch«! Bitte hört auf, mir Shooter komplett falsch zu verkaufen

Phil sagt: Mit Spec-Ops-Katzen muss endlich Schluss sein. Und ja, das ist ein echter CoD-Operator.

Der neue Trailer zum Remake von Delta Force macht mich wirklich wütend. Vollmundig versprechen die Entwickler, man habe echte Navy SEALs als Berater hinzugezogen, um ein geerdetes und glaubhaftes Szenario zu erschaffen, das der originalen Delta-Force-Reihe gerecht wird.

Was zugleich im Bild zu sehen ist, könnte kaum in krasserem Kontrast zu den Aussagen stehen: Ein Supersoldat mit einer Art Exoskelett aktiviert laut brüllend irgendeine Spezialfähigkeit und rutscht später über den Boden in eine Gruppe Gegner rein, während er mit einer schallgedämpften Desert Eagle aus vollem Rohr ballert. Seht selbst:

3:03 Die Entwickler des neuen Delta Force zeigen, wie sie die Taktik-Legende zurückbringen

Ich will gar nicht auseinander sezieren, was an diesen Szenen alles nicht stimmt, wenn man von einem halbwegs glaubwürdigem Militärszenario ausgeht, für das Delta Force eigentlich bekannt ist. Das würde mehrere Seiten füllen und ich wäre danach wahrscheinlich reif für die Nervenklinik.

Boots on the Ground, zum hundertsten Mal

Aber was beim neuen Delta Force passiert, ist symptomatisch für zahlreiche Shooter, die mir ihr Pseudo-Military-Thema mit angeblichem »Realismus« schmackhaft machen wollen – und dann aber doch nur Superhelden-Quatsch abliefern, weil das vielleicht einfach auf Tiktok besser aussieht als methodische Special-Forces-Einsätze.

Call of Duty verspricht fast jedes Jahr aufs Neue im Vorfeld ein geerdetes Setting mit Schlagworten wie »boots on the ground« und zieht Historiker und Ex-Soldaten hinzu. Spätestens nach ein bis zwei Seasons rennen dann aber doch wieder Mechs, Zombies oder Homelander aus The Boys über die Maps und feuern mit bunt leuchtenden Laserwaffen um sich.

Homelander in MW2 Katzen-Operator in MW2 Snoop Dogg in MW2

Versteht mich nicht falsch: Ich erwarte von CoD nie und nimmer eine realistische Kriegssimulation wie Hell Let Loose! Aber wenn plötzlich Robocop im Zweiten Weltkrieg mitmischt, fliegt auch der letzte Funke Stimmung für mich aus dem Fenster.

Und auch ein schneller Arcade-Shooter kann sein Setting respektvoll behandeln, oder einen auf Fortnite machen und einfach jede erdenkliche Figur und Idee einfach rein stopfen, weil das im Marketing gut ankommt.

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Nano-Bienen und Hologramm-Bomben

Rainbow Six: Siege hat beispielsweise sein ursprünglich noch halbwegs greifbares Szenario ebenfalls nach und nach stark aufgeweicht.

Klar, es gab schon zu Release bereits Gadgets wie EMP-Granaten, die so nicht wirklich existieren. Doch SAS- und Speznas-Operator wurden abgelöst mit immer exotischeren Figuren. Jetzt fliegen Nano-Bienen, Hologramm-Bomben und anderer Sci-Fi-Firlefanz durch die Gegend.

1:07 Der wohl verrückteste Spielmodus aus Rainbow Six: Siege ist zurück

Und obwohl ich Rainbow Six wirklich liebe, muss ich sagen: Das kostet in meinen Augen viel Atmosphäre und entspricht längst nicht mehr dem, was ich bei einem Spiel mit »Tom Clancy« im Titel erwarten würde.

Gleiches gilt für die unpassenden Roboter-Gegner in Ghost Recon Breakpoint oder die ach so kessen Specialists in BF2042, die mir ihren flotten Sprüchen eher an Overwatch erinnern, als an die namenlosen Soldaten, in deren Rolle ich bisher in Battlefield immer durch den Schlamm gerobbt bin.

Kurz gesagt: Ich habe die Nase einfach voll von leeren Realismus-Versprechen. Liebe Entwickler: Wenn ihr mich schon mit einem Militär-Setting und euren Militärberatern ködert, dann bleibt doch wenigstens dabei und verwässert es nicht mit deplatzierten Skins oder blödsinnigen Super-Fähigkeiten.

Ich garantiere jedenfalls: Echte Navy SEALs würden beim Anblick des neuen Delta Force höchstens laut loslachen.