Seite 4: Der Messekrieg - Köln vs. Leipzig

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Köln: riskant

Allerdings steht auch die Gamescom längst nicht auf sicheren Beinen. Mit der neuen Messe sind zahlreiche Risiken verbunden. Zum Beispiel, so kurios das klingen mag, der Messename. Das bisherige »Games Convention« ist nur in Deutschland ein griffiger Titel, im englischsprachigen Ausland bedeutet der Ausdruck banal »Spielemesse«. Amerikaner & Co. nennen die GC deshalb seit jeher schlicht »Leipzig« – die Messe ist in den Köpfen fest mit der Stadt verschweißt. Diese Verbindung muss von Köln erst mal durchbrochen werden. Zudem ist die Rheinmetropole mit ihrem nur mittelgroßen Flughafen Köln-Bonn nicht wesentlich besser angebunden als Leipzig, internationale Gäste werden nach wie vor auf Zubringerflüge und Bahnreisen setzen müssen. Die Zahl vor allem der mittleren und kleineren Teilnehmer hängt zudem stark vom Preisgefüge ab. Die Messe selbst hat zwar unter der Hand schon signalisiert, dass die Kosten für Ausstellungsfläche nicht deutlich über denen in Leipzig liegen sollen. Aber die Lebenshaltungskosten in der Stadt übertreffen die der Sachsen-Metropole bei weitem, Hotelzimmer sind mitunter dreimal so teuer.

Auch wenn das bereits vorgestellte Messe-Konzept der Gamescom mehr oder weniger 1:1 von dem der Games Convention abgekupfert ist, steht den Kölnern doch ein gewaltiges Organisationspensum bevor: »Das neue Team in Köln muss auf Anhieb das Niveau erreichen, das Leipzig in sieben Jahren aufgebaut hat«, beschreibt Stephan Reichart den Anspruch.

Los Angeles: ruiniert

Untergegangen: Die E3 in Los Angeles. Untergegangen: Die E3 in Los Angeles.

Die aktuelle Konstellation ist auch deshalb so brisant, weil sie frappant an das Schicksal zwei der ehemals größten Spielemessen erinnert. Die European Computer Trade Show (ECTS) in London war bis Ende der 1990er das wichtigste europäische Branchentreffen. 2003 scherte der britische Publisher-Verband ELSPA aus dem Bündnis mit dem Veranstalter CMP aus und veranstaltete eine eigene Messe, das European Games Network (EGN). Die ECTS, damals schon nah an der Bedeutungslosigkeit, gab zwei Jahre später auf. 2006 wiederholte sich die Geschichte in abgewandelter Form; diesmal war es der amerikanische Verband ESA, der die bis dato erfolgreiche Electronic Entertainment Expo (E3) in Los Angeles demontierte. Weil das Spektakel zu teuer und überlaufen war, probierte man es 2007 mit einem neuen Konzept, das die Publisher auf ein halbes Dutzend Hotels im Küstenörtchen Santa Monica verstreute. Die geschrumpfte Veranstaltung wurde zur Lachnummer; auch die flugs wieder nach LA verlegte Fortsetzung in diesem Jahr verkümmerte auf lokalem Niveau.

Wie schnell Erfolg und Ruhm verblassen können, muss dem deutschen Verband BIU also klar vor Augen stehen. Mit der Entscheidung, die gefestigte, international beliebte deutsche Leitmesse ruppig umzupflanzen, hat er sich dennoch auf gefährliches Eis begeben. Das ist schon deshalb riskant, weil andere Standorte in Europa seit längerem nur darauf warten, dass die Deutschen Schwäche zeigen. Die großen Metropolen London und Paris, deren Namen immer mal wieder kursieren, sind dabei nicht mal erste Wahl. Viel attraktiver erscheint manchen Firmenbossen das glamouröse Cannes, in dem alljährlich die telegenen Filmfestspiele stattfinden. An deren Glanz würden sich viele gern anhängen. Aber auch Madrid, Brüssel und Amsterdam gelten als durchaus chancenreiche Alternativen. Sie alle beobachten die Geschehnisse in Deutschland und die Gamescom 2009 mit großer Spannung. Falls sie floppen sollte, stehen die europäischen Erben schon in den Startlöchern.

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