Update: Ich habe den Artikel um neue Messungen mit der extrem schnellen Geforce RTX 4090 in Hogwarts Legacy und um Grafiken zur Veranschaulichung ergänzt. Auch mit Nvidias Highend-Flaggschiff kann sich der Tipp demnach deutlich positiv auswirken!
Bei einer Gaming-Grafikkarte kommt es primär auf die Leistung an, keine Frage. Es kann sich aber sehr lohnen, ein wenig davon zu opfern, um eine in meinen Augen viel bessere, weil leisere, kühlere und weniger Strom verbrauchende GPU zu bekommen.
Ich empfehle euch jedenfalls sehr, mit eurer Grafikkarte genau das zu tun, was ich in meinen jüngsten Tests mit dem MSI Afterburner getan habe. Und das Beste daran: Es ist extrem simpel! Gleiches gilt übrigens für das Aktivieren des Nachtmodus unter Windows, was ich euch gleichermaßen ans Herz lege:
Worum genau geht es in diesem Artikel? Der Afterburner ist primär als Tool zum Überwachen und Übertakten von Grafikkarten bekannt und beliebt, auch dank der breiten Unterstützung aller wichtigen Modelle von AMD und Nvidia. In eine ganz andere Richtung gehen dagegen meine jüngsten Versuche mit dem so genannten Power Target
oder auch Power Limit
der Grafikkarte.
Über diesen Wert wird festgelegt, wie hoch die Leistungsaufnahme der GPU maximal sein darf. Standard sind 100 Prozent beziehungsweise der vom Hersteller vorgesehene Wert. Um die Leistung beim Übertakten zu erhöhen, kann es teilweise helfen, das Power Limit anzuheben. Wer dagegen Stromverbrauch, Temperaturen und Lautstärke verbessern will, der sollte den umgekehrten Weg gehen.
Aufgrund meiner aktuellen Tests würde ich sogar so weit gehen zu sagen, dass Grafikkarten mit einem reduzierten Power Target in vielen Fällen zu einem deutlich besseren Gesamtpaket werden - auch wenn die Bilder pro Sekunde darunter leicht leiden. Aber schauen wir uns erstmal die Ergebnisse genauer an.
Erster Test mit Geforce RTX 3080 und Intel-CPU
Wir beginnen mit einem sehr schnellen PC mit Nvidias Geforce RTX 3080 in der Founders Edition, die auf zwei leise Axial-Lüfter setzt, Intels Core i9 10900K und 32 GByte Arbeitsspeicher. Für den Test habe ich den Rechner als offenes System ohne Gehäuse bei etwa 22 Grad Außentemperatur in Cyberpunk 2077 mit 4K-Auflösung und der Detailstufe Raytracing Niedrig
ohne DLSS gequält.
Folgendermaßen sehen die wichtigsten technischen Eckdaten nach etwa 30 Minuten mit dem Standard-Power Target von 100 Prozent aus:
Bilder pro Sekunde | 42 FPS |
Taktrate | 1.875 MHz |
Temperatur | 75 Grad |
Lüfterdrehzahl | 1.850 RPM |
Stromverbrauch (gesamter PC) | 570 Watt |
In den nächsten beiden Schritten bleibt an den Testbedingungen mit einer Ausnahme alles unverändert: Ich senke das Power Target der RTX 3080 per MSI Afterburner zunächst auf 80 Prozent und danach auf 60 Prozent und lassen den PC jeweils wieder eine Weile laufen, bis sich die GPU-Daten stabilisiert haben.
Die Umsetzung ist sehr leicht
Um dasselbe zu tun, müsst ihr nach dem Download und Start des Afterburners lediglich wie im Bild unten zu sehen im Hauptfenster mit einem ersten Klick den passenden Schieberegler für das Power Target beziehungsweise Power Limit auf den gewünschten Wert nach hinten versetzen und die Änderung mit einem zweiten Klick auf Apply
beziehungsweise die Häkchen-Schaltfläche bestätigen - fertig!
Mit welchen Grafikkarten funktioniert das? In meinen Tests habe ich bislang keine Karte gefunden, bei der ich das Power Limit nicht nach unten setzen konnte. Von der brandneuen RTX 3080 über ein OEM-Modell der acht Jahre alten GTX 970 bis zur RX 5700 XT und der RX 570 - stets stand die Option zur Wahl.
Bei der RX 570 war die niedrigste Einstellung allerdings -25% beziehungsweise 75%. Außerdem ist nicht völlig auszuschließen, dass die Option in Einzelfällen fehlt. Da zu überprüfen ist es aber allemal wert, wie die Ergebnisse unten zeigen.
Ist das gefährlich für die Grafikkarte? Nein, ein Risiko geht ihr dabei nicht ein, weil ihr lediglich den maximal erlaubten Stromverbrauch senkt und alles andere unangetastet lasst. Außerdem lässt sich die Änderung im Handumdrehen wieder rückgängig machen.
Kaum weniger FPS, viel besser in allen anderen Disziplinen
Die Ergebnisse in Cyberpunk 2077 mit der RTX 3080 können sich mehr als sehen lassen. Die FPS sinken im Zuge der niedrigeren Taktraten zwar leicht, das ist in Anbetracht der klaren Verbesserung in allen anderen Disziplinen aber leicht zu verschmerzen:
Bilder pro Sekunde | 42 FPS (PT 100%) 40 FPS (PT 80%) 37 FPS (PT 60%) |
Taktrate | 1.875 MHz (PT 100%) 1.750 MHz (PT 80%) 1.545 MHz (PT 60%) |
Temperatur | 75 Grad (PT 100%) 71 Grad (PT 80%) 64 Grad (PT 60%) |
Lüfterdrehzahl | 1.850 RPM (PT 100%) 1.630 RPM (PT 80%) 1.296 RPM (PT 60%) |
Stromverbrauch (gesamter PC) | 570 Watt (PT 100%) 480 Watt (PT 80%) 410 Watt (PT 60%) |
Das Spielgefühl hat sich durch die etwas niedrigeren Bilder pro Sekunde subjektiv empfunden nicht wirklich verändert, dafür ist die GPU aber deutlich leiser, und das bei gleichzeitig über zehn Grad niedrigerer Temperatur! Das geschieht im Zuge des drastisch gesunkenen Stromverbrauchs: Eine Reduktion von 570 Watt auf 410 Watt ist schon eine Hausnummer.
Zweiter Test mit RX 5700 XT und Ryzen-CPU
Zusätzliche Messungen mit einem zweiten Testsystem bestätigen die ersten, sehr guten Ergebnisse, wenn auch mit Unterschieden im Detail. Dabei kommt AMDs schon ältere Radeon RX 5700 XT im Referenzdesign mit lautem Radial-Lüfter zum Einsatz, gepaart mit einem Ryzen 5 5600X und 16 GByte RAM. Die Außentemperaturen waren mit 26 Grad etwas höher.
Auch in diesem Fall lässt sich das Power Target problemlos per MSI Afterburner anpassen. Die Ergebnisse in Dying Light 2 bei Full-HD-Auflösung und hohen Details ohne FSR können sich gleichermaßen sehen lassen:
Bilder pro Sekunde | 77 FPS (PT 100%) 72 FPS (PT 80%) 66 FPS (PT 60%) |
Taktrate | 1.820 MHz (PT 100%) 1.700 MHz (PT 80%) 1.450 MHz (PT 60%) |
Temperatur | 80 Grad (PT 100%) 78 Grad (PT 80%) 76 Grad (PT 60%) |
Lüfterdrehzahl | 2.100 RPM (PT 100%) 1.650 RPM (PT 80%) 1.150 RPM (PT 60%) |
Stromverbrauch (gesamter PC) | 305 Watt (PT 100%) 260 Watt (PT 80%) 210 Watt (PT 60%) |
Die Temperatur sinkt hier zwar in klar geringerem Maß als bei der RTX 3080, dafür wird die Grafikkarte aber deutlich leiser, weil sich der störende Radial-Lüfter nur noch etwa halb so schnell dreht. Stellen wir ihn manuell auf die standardmäßig erreichten 2.100 Umdrehungen pro Minute um, fällt die Temperatur mit dem Power Target von 60 Prozent übrigens um fast 20 Grad (!).
Die FPS liegen bei diesem Power Target zwar auch mit 66 statt 77 FPS etwas niedriger. Wirklich gespürt habe ich das aber erneut nicht, auch weil die Frametimes beziehungsweise die Gleichmäßigkeit des Spielgefühls durch das niedrigere Power-Target in meinen Tests nicht negativ beeinflusst wurde.
Neue Tests mit der schnellsten GPU überhaupt
Inzwischen habe ich den Test auch mit der RTX 4090 durchgeführt, genauer gesagt mit der Zotac Gaming Geforce RTX 4090 AMP Extreme. Eine Besonderheit erwähne ich direkt zu beginn: Das Power Target auf 80 Prozent zu reduzieren ändert in diesem Fall nichts, da die maximal möglichen 450 Watt ohnehin bei weitem nicht erreicht werden.
In der folgenden Tabelle zu den Ergebnissen findet ihr stattdessen die Messungen zu den Werten 60, 50 und 40 Prozent, in diesem Fall am Beispiel von Hogwarts Legacy:
Bilder pro Sekunde | 92 FPS (PT 100%) 84 FPS (PT 60%) 77 FPS (PT 50%) 56 FPS (PT 40%) |
Taktrate | 2.750 MHz (PT 100%) 2.430 MHz (PT 60%) 1.935 MHz (PT 50%) 1.100 MHz (PT 40%) |
Temperatur | 58 Grad (PT 100%) 50 Grad (PT 60%) 47 Grad (PT 50%) 42 Grad (PT 40%) |
Lüfterdrehzahl | 1.100 RPM (PT 100%) 1.100 RPM (PT 60%) 1.100 RPM (PT 50%) 1.100 RPM (PT 40%) |
Stromverbrauch (nur die GPU) | 360 Watt (PT 100%) 270 Watt (PT 60%) 225 Watt (PT 50%) 180 Watt (PT 40%) |
Da die Temperaturen im offenen Testaufbau ohnehin stets in völlig unkritischen Bereichen sind, bleibt auch die Lüfterdrehzahl konstant. Deutliche Unterschiede gibt es dagegen bei der Taktrate und damit auch bei der Leistungsaufnahme der Grafikkarte.
Bereits bei einem Power Target von 60 Prozent sinkt sie um fast 100 Watt, während sich der FPS-Verlust in sehr überschaubaren Grenzen hält (84 statt 92 FPS). Mit 50 Prozent können wir nochmal 50 Watt sparen, die FPS liegen bei immer noch problemlos flüssigen 77 Bildern pro Sekunde.
Das Senken des Power Targets auf 40 Prozent führt dagegen zu einem deutlicheren FPS-Verlust auf nur noch 56 Bilder pro Sekunde, da die Taktrate dann auch auf Werte nur noch knapp oberhalb von 1.000 MHz sinkt. Dennoch ist es aber auch bei der RTX 4090 problemlos möglich, sie deutlich effizienter zu betreiben.
Fazit: Unbedingt ausprobieren!
Unterm Strich kann ich euch nur raten, auch mit einem niedrigeren Power Target zu experimentieren. Wie sehr sich die Effizienz dadurch steigern lässt, zeigen die Grafiken oben. Entscheidend sind dabei nicht die absoluten Werte, die je nach Spiel und GPU variieren, sondern die generell mögliche Verbesserung.
Was außerdem für das Ausprobieren spricht: Die Änderung lässt sich mit zwei Klicks genau so im Handumdrehen wieder rückgängig machen, wie ihr sie eingestellt habt. Und im besten Fall wird die Karte nicht nur effizienter, sondern auch deutlich leiser.
Wer noch einen Schritt weiter gehen will, der kann sich mit dem Thema Undervolting beschäftigen. Mehr dazu erfahrt ihr im folgenden Artikel meines Kollegen Alexander Köpf:
Undervolting mache ich mit jeder Grafikkarte - und ihr solltet es auch tun
Wie steht ihr zu diesem Experiment? Kommt es für euch infrage, etwas Performance zu Gunsten anderer technischer Eckdaten zu opfern oder habt ihr es bereits getan? Oder soll eure Grafikkarte stets das Maximum an Leistung bieten? Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen!
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