Halfway im Test - Auf halbem Weg zum Klassiker

Das Runden-Strategiespiel Halfway erinnert im Test an die XCOM-Serie und punktet trotz einfacher Technik mit einer dichten Atmosphäre. Zum Instant-Klassiker fehlen aber ein paar entscheidende Qualitäten.

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Schon auf den ersten Blick wirkt Halfway wie ein Spiel aus einer anderen Zeit. Doch die pixelige Retrografik liegt gerade wieder voll im Trend. Neben zahlreichen Oldschool-Perlen wie Shovel Knight oder Monaco werden aktuell aber auch viele halbgare Klone von der Indie-Welle angeschwemmt. Springt Halfway also nur auf den Retro-Zug auf? Mitnichten. Denn das Sci-Fi-Spiel bietet eben keine unkomplizierte Echtzeit-Action wie Monaco, sondern vielmehr taktische Rundengefechte à la XCOM. Und diese Kombination gibt's im Moment eben nicht wie Sand am Meer.

So wenig monegassisch wie das Gameplay präsentiert sich auch das Szenario von Halfway: Im Jahr 2450 erforscht die Menschheit dank fortschrittlicher Antriebstechnologie weit entfernte Galaxien und gründet neue Kolonien auf entlegenen Planeten. Seit kurzem allerdings verschwinden immer mehr Raumschiffe spurlos. Ein Fehler der Hochgeschwindigkeits-Technik? Oder steckt da mehr dahinter?

Monster an Bord

In der Haut von Kriegsveteran Morten Lannis erwachen wir an Bord des riesigen Weltraumkreuzers Goliath aus dem Kälteschlaf. Kurz darauf treffen wir auf die beunruhigte Sanitäterin Linda. Der Rest unserer Crew ist verschwunden. Obwohl wir der Anführer des Goliath-Sicherheitsteams sind, haben wir gerade keinen Schimmer, was hier vor sich geht. Plötzlich springt das Raumschiff in den Hyperraum. Nur Sekunden später attackiert uns ein mutiertes Besatzungsmitglied. Und uns wird klar: Hier läuft gerade etwas schrecklich schief.

Unsere drei Partymitglieder wurden von den Cyborgs eingekesselt. Aus der halbhohen Deckung heraus haben wir jetzt eine Fifty-fifty-Trefferchance. Unsere drei Partymitglieder wurden von den Cyborgs eingekesselt. Aus der halbhohen Deckung heraus haben wir jetzt eine Fifty-fifty-Trefferchance.

Glücklicherweise können wir den Cyborg-Angreifer mit unserem Gewehrkolben erschlagen - höchste Zeit also, der Sache auf den Grund zu gehen! Zusammen mit Linda schnappen wir uns Waffen, Munition sowie Erste-Hilfe-Kästen aus den umliegenden Schränken und machen uns auf den Weg, das gewaltige Raumschiff zu erforschen.

Retro-Trip

Bei der Erkundung der Station verbreitet Halfway jede Menge Retro-Charme: Der Grafikstil erinnert an klassische 16-Bit-Rollenspiele der 90er Jahre, nur mit deutlich hübscherer Beleuchtung. Der quadratische Levelaufbau, die pixeligen Mini-Charaktere sowie die meist getragene, melancholische Musikuntermalung mit Synthie-Pop-Anleihen verdichten die Oldschool-Atmosphäre. Wer mit diesem Stil so gar nichts anfangen kann, macht besser einen weiten Bogen um Halfway.

Alle anderen erhalten hier ein liebevoll designtes Rundenstrategie-Indiespiel mit einer soliden Spielmechanik, die durch ihren konsequenten Fokus auf taktische Feuergefechte an das klassische Jagged Alliance erinnert. Das unverwüstliche Zug-um-Zug-Prinzip funktioniert auch hier sehr gut, allzu viel Tiefgang oder die spielerische Freiheit eines XCOM: Enemy Unknown sollte man aber nicht erwarten.

Und auch wenn Halfway auf Steam mitunter als Rollenspiel bezeichnet wird, verorten wir die Sci-Fi-Taktik wegen der eher rudimentären Charakterentwicklung und der überschaubaren Erkundung ganz klar im Rundenstrategie-Genre.

Halfway - Screenshots ansehen

Simpel, aber ausgereift

Nach einem kurzen Zwiegespräch mit Begleiterin Linda treffen wir plötzlich auf weitere Mutanten, woraufhin das Spiel automatisch in den rundenbasierten Taktikmodus schaltet. Jetzt heißt es: Deckung suchen! Jedes unserer Gruppenmitglieder besitzt zwei Aktionspunkte, die wir entweder in Fortbewegung oder in eine Kampfaktion investieren.

So können wir beispielsweise ein paar Felder vorrücken und anschließend schießen. Alternativ entscheiden wir uns für extralange Spurts oder einen besonders gut gezielten Schuss. Je nach Entfernung und Deckung unserer Feinde haben wir eine mehr oder minder große Chance auf einen Treffer.

Nach einem erfolgreichen Kampf durchsuchen wir noch den gesamten Level nach nützlichen Vorräten. Nach einem erfolgreichen Kampf durchsuchen wir noch den gesamten Level nach nützlichen Vorräten.

Die ständige Abwägung zwischen Offensive und Defensive, zwischen Bewegung und Attacke macht den Reiz dieser Taktikgefechte aus. Wieviel Risiko gehen wir ein? Wie erhöhen wir unsere Chancen auf den Sieg? Wenn wir einen gefährlichen Gegner trotz mickriger 15-Prozent-Trefferchance dann doch über den Haufen ballern, wird schnell klar, dass auch rundenbasierte Schießereien richtig Laune machen können.

Leider erschöpft sich dieses solide Spielprinzip durch die fehlende Abwechslung recht schnell. Auf Dauer bieten sich zu wenige Optionen in Form von Charakteranpassungen oder Spezialfähigkeiten. Unsere Partymitglieder spielen sich sehr ähnlich und besitzen nur wenige Kampfwerte. Die fehlende Komplexität und der immer gleiche Spielablauf (Gruppenaufstellung im Lager, Erkundung, Kampf, Plünderung) sorgen dafür, dass sich die Missionen sehr ähnlich anfühlen.

Einzig der Schwierigkeitsgrad zieht nach und nach merklich an. Kleine Fehler werden nach den ersten Spielstunden konsequent bestraft. Solide, aber ähnlich seicht wirkt auch das Charaktersystem: Neben den Waffen und Rüstungen unterscheiden sich unsere Charaktere lediglich durch die drei Charakterwerte Leben, Mobilität und Zielgenauigkeit sowie durch je eine aktive und passive Fähigkeit.

So macht Linda etwa effektiveren Gebrauch von sämtlichen Medikits, während unser Protagonist Morten Lannis alle fünf Runden einen besonders gezielten Schuss abfeuern kann, der genauer trifft.

Die Stimmung macht's

Die interessante Prämisse von Halfway und die Befreiung von immer mehr Gruppenmitgliedern, die uns künftig zusätzliche Optionen im Gefecht verschaffen, lockern den recht gleichförmigen Missions-Alltag auf. Die Geschichte wird zwar nur durch kurze, englische Gespräche in zweckmäßigen Textfenstern ohne Dialogoptionen erzählt, dennoch wollten wir stets wissen, was es denn nun mit den ungebetenen Zombie-Gästen und verschollenen Raumschiffen auf sich hat.

Wer ein Faible für düstere Weltraum-Settings hat, und sich auf den Stil von Halfway einlässt, wird hier für etwa zwölf Stunden gut unterhalten. Trotz der leicht zugänglichen Spielmechanik könnten sich ungeduldige Naturen aber auch schnell frustriert vom Rundentaktik-Acker machen, denn Halfway besitzt weder unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, noch lässt es sich während einer Mission abspeichern.

Erwischt es einen Gefährten in der Schlacht, so bleibt dieser bis zum Kampfende im Land der Träume. Gehen alle Partymitglieder KO, bleibt uns nur noch der Missions-Neustart, was für reichlich Unmut sorgen kann. Trotz solcher Frustmomente und mangelnder Abwechslung müssen wir festhalten: Halfway erzeugt mit nur wenigen Pixeln eine sehr dichte Sci-Fi-Atmosphäre, lässt aber noch genügend Freiraum für unsere Fantasie.

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