Intels Tick Tock am Ende - Drei statt zwei CPU-Generationen pro Fertigungsprozess

Seit 2007 hat sich Intel an das Tick-Tock-Modell gehalten, bei dem Prozessoren mit kleineren Fertigungsstrukturen im einen Jahr (Tick) im kommenden Jahr neue CPUs mit frischer Mikroarchitektur (Tock) folgen – das Modell scheint aber nicht mehr zu funktionieren.

Intel führt das Wettrennen um immer kleinere Chipstrukturen seit Jahren an, wird seine Produktzyklen aber verlängern – wir erklären die Hintergründe. Intel führt das Wettrennen um immer kleinere Chipstrukturen seit Jahren an, wird seine Produktzyklen aber verlängern – wir erklären die Hintergründe.

Laut einer jährlichen Pflichtmitteilung an die US-Amerikanische Börsenaufsicht scheint sich Intel von seinem seit fast zehn Jahren selbst erlärten »Tick Tock»-Modell zu verabschieden. Das stets mit Stolz von Intel proklamierte Modell beschreibt (oder beschrieb) den steten Wechsel zwischen dem Erscheinen einer neuen Prozessorgeneration mit kleineren Fertigungsstrukturen (aber größtenteils gleicher Architektur wie die Vorgänger) im einen Jahr (»Tick«) und einer neuen CPU-Generation mit neuer Mikroarchitektur, aber gleichem Fertigungsprozess wie die Vorgänger (»Tock«).

So waren etwa die im Jahr 2011 vorgestellten Sandy Bridge-CPUs wie der Core i5 2500K ein Tock, da sie eine neue Mikroarchitektur, aber noch den gleichen Fertigungsprozess (32 nm) wie die Vorgänger benutzten. Im Jahr darauf erschien mit Ivy Bridge (Core i 3xxx) dann ein Tick, also die Sandy Bridge-Mikroarchitektur, aber mit 22 stat 32 nm feinen Strukturen, was in der Regel die Leistung pro Watt erhöht bzw. den Energieverbrauch bei steigender Leistung/Takt auf dem Niveau der Vorgänger hält.

Noch ein Jahr später erschien 2013 dann mit Haswell (Core i 4xxx) wieder eine neue Mikroarchitektur wie die Vorgänger in 22 nm gefertigt, ein Tick also.

Die Intel-Grafik zeugt noch optimistisch vom andauern des Tick-Tock-Modells über den 14-nm-Prozess hinaus – in Wahrheit werden es Ende des Jahres mit Kaby Lake drei CPU-Generationen mit 14 Nanometer Strukturbreite sein. Die Intel-Grafik zeugt noch optimistisch vom andauern des Tick-Tock-Modells über den 14-nm-Prozess hinaus – in Wahrheit werden es Ende des Jahres mit Kaby Lake drei CPU-Generationen mit 14 Nanometer Strukturbreite sein.

Mitte 2014 hätte dann wieder ein Tock und zwar die Haswell-Mikroarchitektur mit 14- statt 22-nm-Strukturen unter dem Codenamen Broadwell als Core i 5xxxx erscheinen müssen. Stattdessen brachte Intel nur die wenig aufregenden Haswell-Refresh-Prozessoren, die größtenteils nur 100 MHz mehr zum gleichen Preis wie die ein Jahr alten Vorgänger boten.

Gerettet wurde der Ruf der Haswell-Refresh-CPUs nur von den beiden K-Modellen Core i5 4690K und Core i7 4790K, die dank besserem Wärmeleitmaterial zwischen Metallabdeckung (Heatspreader) und CPU-Die vor allem für Übertakter interessanter als die Vorgänger waren. Außerdem bot der Core i7 4790K mit 4,0 statt 3,5 GHz Standardtakt tatsächlich spürbaren Mehrwert gegenüber dem Vorgänger Core i7 4770K. Die beiden rufrettenden K-Prozessoren entstanden Gerüchten zufolge allerdings erst in letzter Minute und nur auf Drängen einiger Intel-Ingenieure hin, denen die sonstigen Haswell-Refresh-CPUs mit ihren mageren 100 MHz mehr wohl viel zu beschämend erschienen – gesichert ist die Behauptung aber nicht, allerdings würde es das spätere Erscheinen der K-CPUs gegenüber den Standardmodellen damals erklären.

Der Core i7 4790K war der erste Intel-Prozessor mit 4,0 GHz Standardtakt – nachdem vor zig Jahren schon ein Mal ein Pentium 4 mit 4,0 GHz erscheinen sollte, der es aufgrund von Hitzeproblemen aber nie zur Serienreife brachte. Der Core i7 4790K war der erste Intel-Prozessor mit 4,0 GHz Standardtakt – nachdem vor zig Jahren schon ein Mal ein Pentium 4 mit 4,0 GHz erscheinen sollte, der es aufgrund von Hitzeproblemen aber nie zur Serienreife brachte.

Die eigentlich zum Zeitpunkt des Haswell Refresh laut Tick Tock erwarteten Broadwell-CPUs (Core i 5xxx) kamen dann erst Ende des Jahres 2014. Und dann noch nicht ein Mal für Desktop-PCs, sondern nur für Mobilgeräte wie Tablets – ein erster Hinweis auf das drohende Scheitern des fast zehn Jahre lang stolz proklamierten Tick-Tock-Modells. Broadwell-CPUs für Desktop-PCs erschienen erst ganz knapp vor dem eigenen Nachfolger Skylake (Core i 6xxx) wie dem aktuellen Intel-Topmodell Core i7 6700K und sind in aktuellen PCs praktisch nicht zu finden.

Die Ursache für das Reißen des selbst auferlegten Tick-Tock-Modells liegt in Komplikationen beim Fertigungsprozess der immer kleineren Strukturen. Im konkreten Fall von Broadwell war das der 14-nm-Prozess, der Intel vor größere Probleme als der vorhergehende 22-nm-Prozess stellte. So dauerte es einfach zu lange, die 14-nm-Fertigung erst überhaupt ans Laufen zu bekommen und dann auch noch genügend zu optimieren, bis genug taugliche 14-nm-Chips aus den Siliziumscheiben entstanden.

Und das gleiche Problem zeichnet sich nun beim folgenden 10-nm-Verfahren ab. Die Strukturen werden so unglaublich winzig, dass die traditionell zur Chipfertigung eingesetzten Materialien und Verfahren an ihre physikalischen Grenzen stoßen und nicht einfach weiter perfektioniert werden können, um immer kleinere Chipstrukturen zu erschaffen. Also steigt der Forschungs- und Entwicklungsaufwand für neue Materialien und Prozesse laut Intel immer mehr an, was die längeren Produktzyklen bedingt.

In Zukunft spricht Intel also nicht mehr von Tick-Tock, sondern erheblich weniger eingängig vom »PAO«- oder Process-Architecture-Optimization-Modell. Auf CPUs mit neuem Fertigungsprozess (Process) folgt darin eine Generation mit neuer Mikroarchitektur (Architecture), was so weit noch Tick Tock entspricht. Aber statt dann direkt wieder auf einen neuen Fertigungsprozess zu setzen, folgt nun erstmal eine weitere Optimierung (Optimization) der zuletzt eingeführten Architektur.

Nach Tick Tock kommt das PAO-Modell, das drei statt zwei CPU-Generationen pro Fertigungsprozess vorsieht. Nach Tick Tock kommt das PAO-Modell, das drei statt zwei CPU-Generationen pro Fertigungsprozess vorsieht.

Wir können in Zukunft also drei CPU-Generationen von Intel pro Fertigungsprozess erwarten, vermutlich im Ein-Jahres-Abstand. Das PAO-Modell gilt bereits, daher wird auch die für Ende 2016 erwartete Kaby-Lake-Generation (wie bereits Broadwell und Skylake) mit 14-nm-Strukturen und ohne neue Architektur erscheinen – allerdings mit Optimierungen, die aber vermutlich hauptsächlich die integrierte Grafik betreffen werden und damit für PC-Spieler weitgehend irrelevant sein dürften.

Böse Zungen behaupten nun, Intel würde seinen seit Jahren erheblichen Forschungsvorsprung in Sachen Fertigungstechnik verlieren, da auch die Konkurrenten mittlerweile in 14/16 nm fertigen können. Allerdings haben Samsung (14 nm) und TSMC (16 nm) erst erheblich später entsprechende Chips gefertigt als Intel und auch nur in erheblich kleinerer Größe und Komplexität, während Global Foundries (ehemals AMD) erst in Kürze mit der 14-nm-Produktion beginnen wird.

Es steht also nicht zu erwarten, dass sich Intels Vorsprung bei den Produktionsverfahren spürbar verringert. Zumindest werden AMDs für Ende 2016 erwartete Zen-CPUs dank 14-nm-Fertigung erstmals seit langem wieder in Sachen Strukturbreite zur Intel-Konkurrenz aufschließen – wir hoffen auf einen endlich wieder spannenden Zweikampf!

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