Journey to the Savage Planet im Test: Der erste Überraschungshit des Jahres

In diesem Spiel erkunden wir einen Planeten, erledigen skurrile Kreaturen und treten nach Vögeln. Das klingt nicht nur bescheuert, es fühlt sich auch so an. Großes Lob!

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Heutzutage kann man mit Reality-TV viel Geld verdienen, wenn man bekannten unbekannten Prominenten Känguru-Eier serviert. Irgendwie lässt sich das sogar als bravuröse Leistung schönreden, weil Beuteltiere ja gar keine Eier legen. Ha. Ha. Ha.

Menschen aus Down Under können aber noch mehr, wie der australische Spieledesigner Alex Hutchinson mit Journey to the Savage Planet beweist: Der gute Alex arbeitete anno dunnemals schon mit Will Wright an Die Sims 2 und Spore. Dann ging er zu Ubisoft Montreal, wo er etwa an Far Cry 4 werkelte. Mit seiner 2017 gegründeten Firma Typhoon Studios veröffentlicht er nun Journey to the Savage Planet, das ursprünglich No Man's Metroid Prime Sky hätte heißen sollen. Das wissen aber nur Insider wie wir.

Im Test entpuppt sich Hutchinsons Baby als Adventure-Jump-and-Run-Shooter-Rollenspiel mit Douglas-Adams-Gedenkhumor. Die profane Bezeichnung Action-Adventure würde zu kurz greifen, der Vierfach-Genremix geht nämlich als erster Überraschungs-Geheimtipp des jungen Jahres 2020 durch. Er lässt sich sogar im kooperativen Zwei-Spieler-Online-Modus zocken.

Alles außer irdisch: Darum geht's

Journey to the Savage Planet beginnt mit einer dreisten Lüge: Der Protagonist reist gar nicht zum Wilden Planeten, er ist schon dort. Und so laufen, springen, hangeln und ballern wir uns in der Ego-Perspektive durch eine fremdartige Welt. Sie besteht aus fliegenden Inseln, erhöht wegen der bonbonbunten Farbgebung die Diabetes-Gefahr und beherbergt skurriles Getier.

Dem Astronauten begegnen Vögel, die aussehen wie Angry Birds, dinoartige Echsen, die jeden Pokémon-Look­alike-Contest gewännen und bizarre Levelbosse. Die Rotzschlecker-Matriarchin entstand beispielsweise, als eine Vogonen-Frau und der blaue Elefant aus der Sendung mit der Maus zueinander fanden. Sagt man.

Der Levelboss-Kampf mit der Rotzschlecker-Matriarchin startet, wenn der Spieler auf das Auge schießt. Wo sind die anderen Schwachstellen? Der Levelboss-Kampf mit der Rotzschlecker-Matriarchin startet, wenn der Spieler auf das Auge schießt. Wo sind die anderen Schwachstellen?

Der Planet AR-Y 26 (offenbar benannt nach einem alten Nummernschild aus Arnsberg im Hochsauerlandkreis) offenbart schnell ein Geheimnis: Ein mächtiger alter Turm lässt auf eine intelligente Alien-Spezies schließen, die schon vor uns hier war.

Zum Glück ist unser Alter Ego quasi der Forschkönig unter allen Wissenschaftlern! Vordergründig soll er im Auftrag der Firma Kindred Aerospace klären, ob der Himmelskörper zur menschlichen Besiedlung taugt. Aber eigentlich geht es der Firma darum, wer oder was für die Bauwerke auf dem Planeten verantwortlich zeichnet. Spannung entsteht auch, weil sich der geistesgestörte Chef des Unternehmens frühzeitig als zwielichtiger Typ erweist. Irgendwas hat der Knilch zu verbergen ...

Nimm's mit Humor

Journey to the Savage Planet lebt unter anderem von seinem Humor. Auf dem Fernsehgerät im Raumschiff laufen nicht nur die Videobotschaften vom Chef, sondern auch schräge Werbespots. Unter anderem für eine Hotline, die Telefonschweinkram mit sexy Schleimklumpen verspricht - wer kennt es nicht aus der Realität, aus dem Sport1-Nachtprogramm. Vom Hörensagen natürlich.

Dann wäre da noch E.K.O., die weibliche KI, die per Helmfunk mit uns kommuniziert. Sie gibt nicht nur Tipps, sondern zieht den Protagonisten immer wieder auf, wenn er abnibbelt. Das geschieht häufig, vorzugsweise bei Jump-and-Run-Einlagen, die das Wort »Todesfall« wörtlich nehmen. Zum Glück gibt es im Schiff einen 3D-Drucker, der den Helden als Klon neu gebärt, inklusive Ausrüstung und Schusswaffe.

Journey to the Savage Planet weist uns immer wieder gerne darauf hin, wie schlecht wir spielen. Hier dürfen wir unsere Leiche beerdigen. Journey to the Savage Planet weist uns immer wieder gerne darauf hin, wie schlecht wir spielen. Hier dürfen wir unsere Leiche beerdigen.

Der wehrhafte Astronaut sammelt während seiner Erkundungstouren vier Rohstoff-Arten, um bei steigender Erfahrung neue Ausrüstungsgegenstände herzustellen und seine Knarre zu verbessern. Die Upgrades schaltet er wie bei Rollenspiel-Talentbäumen frei.

Ein Protonenseil mit Greifhaken etwa, mit dem er höhere Ebenen eines Level erklimmt oder á la Spider-Man über Hindernisse hinweg schwingt. Später sind auch große Abgründe kein Problem mehr: Der wackere Recke gelangt wie an einer Seilbahn hängend von Insel zu Insel. In Kombination mit der tollen Level-Architektur entsteht viel spielerische Abwechslung.

Hinter der bunten und offen Spielwelt steckt eben deutlich mehr, wie uns auch Hutchinson im Video-Interview zur Zukunft der Open World verrät:

Ist Emergent Storytelling die Zukunft der Open World? - Interview zu Journey to the Savage Planet Video starten PLUS 16:31 Ist Emergent Storytelling die Zukunft der Open World? - Interview zu Journey to the Savage Planet

Immer hinten drauf!

Obendrein nutzt unser Schützling die Früchte bestimmter Pflanzen als Granaten, während purpurfarbene Pflanzengalle dafür sorgt, dass Gegner bei Kämpfen kurz am Boden kleben bleiben. Hilfreich ist das zum Beispiel bei einem Vieh, das an einen übergroßen Froschkönig erinnert und das für Bossmonster übliche Schwachpunkte hat. In diesem Fall gilt es, an das Hinterteil der mordlustigen Amphibie zu gelangen und es zu befeuern. Warum wir quasi auf Hämorrhoiden schießen, wollen wir nicht hinterfragen.

Savage Planet liefert eine durchdachte Schnellreisefunktion, die mit freizuschaltenden Teleportern funktioniert. Das Spiel zeigt auf einer Übersicht nicht nur mittels eines gelben Pfeils an, zu welcher der Stationen wir als nächstes beamen müssen, um der Hauptmission zu folgen. Auch das beim Heldentod verlorene Hab und Gut findet sich schnell wieder.

Allerdings verzichtet das Spiel auf eine Karte, was trotz Missionswegpunkten manchmal zu längeren Suchaktionen und Leerlaufphasen führt. Der schwankende Schwierigkeitsgrad hat ebenfalls Frustpotenzial. Die Teleporter fungieren immerhin auch als eine Art Checkpoint-Speichersystem und sind bis auf eine Ausnahme gegen Ende des Spiels fair platziert.

In der Scanner-Sicht analysieren wir Pflanzen, Tiere und Technik. Ab und zu hilft das Ding, die nicht sehr anspruchsvollen Rätsel zu lösen. In der Scanner-Sicht analysieren wir Pflanzen, Tiere und Technik. Ab und zu hilft das Ding, die nicht sehr anspruchsvollen Rätsel zu lösen.

In Summe kredenzt Mister Hutchinsons Team ein sehr gutes Spiel. Der Käufer freut sich nicht nur über eine Menge Spaß, sondern auch wegen des angemessenen Preises von knapp 30 Euro bei einer Spielzeit von rund 15 Stunden. Das märchenhaft bunte Abenteuer fesselt noch länger, wenn Homo ludens die nicht allzu großen, aber liebevoll handgemachten Levels bis in den letzten Winkel erkundet, um sämtliche Höhlen und die unzähligen anderen Collectibles zu entdecken. Insofern zeigt unser E.T.-Leuchtdaumen trotz Mängeln bei Balance und Umfang klar nach oben!

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