Der Phenomedia-Skandal
Werner Krahe, Geschäftsführer von Heart-Line (Kicker Fußballmanager), erklärt, wie sich die wirtschaftliche Situation für Entwickler verändert hat: »Noch vor zwei, drei Jahren konnten selbst kleinere Teams Spiele verkaufen, bis der Arzt kommt - diese Goldgräberzeit war auf einen Schlag vorbei.« Deutschlands schwächelnde Gesamtkonjunktur trifft die Branche besonders hart. Nach einer Studie des VUD (Verband der Unterhaltungssoftware Deutschland) ging der Umsatz mit PC-Entertainment im ersten Halbjahr 2002 gegenüber dem gleichen Zeitraum 2001 um über 50 Millionen Euro zurück, das sind mehr als 15 Prozent.
Eigentlich schon genug Probleme, doch für die Angestellten von Phenomedia und Tochterfirmen (siehe Schaubild) kam es im April 2002 noch dicker. Zwei Vorstandsmitglieder hatten die Firmenbilanz manipuliert - das Unternehmen stand urplötzlich vor dem Ruin. Werner Krahe beschreibt die Situation: »Du stehst Knall auf Fall ohne finanzielle Mittel da und weißt nicht, wie es für dich und deine Mitarbeiter weitergeht.« Heart-Line hatte Glück - der Fußballmanager Fun war gerade fertig gestellt und konnte schnell neues Geld in die Kassen bringen. Für Funatics Development bedeutete der Phenomedia-Skandal jedoch das Aus, alle Mitarbeiter wurden entlassen. Nur das dreiköpfige Gründerteam wagt mit Funatics Software einen Neuanfang.
Finanzierungs-Fiasko
Computerspiele verschlingen heutzutage Millionen in der Entwicklung. Gewinne fließen jedoch erst, wenn der Titel im Laden steht (siehe Beispielrechnung nächste Seite). Also brauchen die Firmen einen Partner, der das Projekt vorfinanziert. Und das ist ein schier unlösbares Problem für unsere Landsleute. Denn Software in der Entwicklung gilt nach dem deutschen Handelsgesetzbuch als immaterielles Wirtschaftsgut. Im Klartext: Banken akzeptieren unfertige Spiele nicht als Sicherheit für eine Kreditvergabe. In Frankreich, England und den USA ist das anders. »Ein klarer Wettbewerbsnachteil«, findet Ascaron-Geschäftsführer Holger Flöttmann.
Bleiben also noch die Publisher als Finanzier. Aber die sind laut Flöttmann in der Regel »gar nicht daran interessiert, in Deutschland zu investieren«. Kein Wunder: Der internationale Durchbruch blieb selbst hochklassigen Spielen wie Anno 1602 oder Gothic bisher verwehrt. Damit sich ein großes Spieleprojekt aber lohnt, muss es sich auch im Ausland gut verkaufen. Umgekehrt haben deutsche Spiele hierzulande mit der starken amerikanischen und englischen Konkurrenz zu kämpfen, die in der Regel über wesentlich höhere Entwicklungsbudgets verfügt. Bernhard Ewers, Ex-Chef von Trinode Entertainment, verdeutlicht das Problem: »Wir haben nur einen Heimmarkt, aber keinen Heimvorteil.« (HK)
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