Es ist scheinbar ganz einfach: In Ego- Shootern wird gekämpft, geschossen, getötet. Wenn das US-Militär also solche Computerspiele für die Ausbildung der eigenen Soldaten verwendet, dann doch sicher, um sie zu besseren Kriegern und kaltblütigen Killern zu machen. Wenn erwachsene Soldaten so konditioniert werden können, was richten gewalthaltige Spiele dann erst bei Kindern und Jugendlichen an? Auf den ersten Blick scheint diese Argumentation nachvollziehbar. Aber wie so oft ist die Realität weitaus komplexer und vielschichtiger, als es zunächst aussieht.
Die Ausgangslage
Auslöser für unsere Recherchen war die Stellungnahme des »Frontal 21«-Redaktionsleiters Dr. Claus Richter auf die Kritik des 21-Jährigen Matthias Dittmayer, der in einem Youtube-Video handwerkliche Fehler eines früheren Frontal-Berichts aufzeigte. Dittmayer bestritt in seinem Film, dass es möglich ist, mit Counterstrike oder anderen Ego-Shootern am PC das Zielen mit Waffen zu trainieren. Die Frontal-21-Redaktion entgegnete: »Genau das ist die Grundlage beim Training der US-Armee mit Ego-Shootern« und zitiert ausführlich aus dem Sachbuch Der virtuelle Krieg des »ct«- Redakteurs Hartmut Gieselmann von 2002.
Wieso ist das so wichtig? Nach den Amokläufen von Bad Reichenhall, Erfurt und Emsdetten gerieten Ego-Shooter ins Visier von Politikern, Wissenschaftlern und Journalisten. Bei der Suche nach einer Erklärung, eines Schuldigen, entstand der Vorwurf: Die jugendlichen Täter sollen am Computer nicht nur ihre Verbrechen geplant, sondern gezielt eingeübt haben. Die Spiegel-Redakteurin Barbara Supp schrieb 2002 in einem Artikel über den Amokschützen von Bad Reichenhall, bei dem ein 16- Jähriger vier Menschen tötete und sechs verletzte: »Von seinem Vater hat er den Umgang mit echten Waffen gelernt. Am Computer hat er geübt, wie man zielt.«
Um dieses Argument zu untermauern, wird unisono darauf hingewiesen, dass das US-Militär Spiele für Zielübungen nutze. Daher könne jeder an seinem PC oder Konsole das Gleiche nachmachen. Aus einer Behauptung wurde eine Tatsache – und die wird seither gebetsmühlenartig wiederholt, ohne diese noch zu hinterfragen.
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