Kritik an Deus Ex: Mankind Divided - Echt so schlecht?

Der neueste Deus Ex-Teil bekommt viele negative Steam-Bewertungen. Teils zu unrecht, findet Hardware-Redakteur Nils Raettig.

Ich gebe zu, ich bin ein Wertungs-Junkie: Amazon-Artikel mit weniger als vier Sternen bestelle ich nur ungern, vor dem geplanten Essen in einem neuen Restaurant schaue ich mir online die Bewertungen bei Google oder Tripadvisor an. Und wenn eine toll aussehende Unterkunft bei der Suche nach dem nächsten Urlaubsziel noch gar keine Bewertung hat, dann werde ich schnell misstrauisch.

Bewertungen müssen aber längst nicht immer fair und angebracht sein, was sich auch am Beispiel von Deus Ex: Mankind Divided zeigt. »Ausgeglichen« sind die Steam-Reviews für das Spiel nach aktuellen Stand, was in diesem Fall etwa 1.700 positiven und 900 negativen Bewertungen entspricht. In Amazon-Sterne umgerechnet sind das etwa 3,3 Sterne, oder für mich als Wertungsjunkie: »Da stimmt doch was nicht!«.

Aber Moment mal, im GameStar-Test vom Kollegen Halley hat das Spiel doch 86 Prozent bekommen, das sind 4,3 Amazon-Sterne (übersetzt: »Ein sehr gutes Spiel!«). Und auch wenn ich im Technik-Check zu Deus Ex: Mankind Divided auf manche Probleme wie Abstürze beim Spielstart und einen vor allem in maximalen Details (zu) hohen Hardware-Hunger gestoßen bin, hat die PC-Version des Spiels technisch einen durchaus ordentlichen Eindruck bei mir hinterlassen. Das passt doch nicht so recht zu den 3,3 Sternen.

Für diese Diskrepanz spielt ein Faktor schon auf den ersten Blick eine wichtige Rolle: Geschmäcker sind (genau wie PC-Konfigurationen) sehr unterschiedlich. Der eine mag Spiel X, der andere nicht, beim einen läuft Spiel Y rund, beim anderen nicht. Wenn ich mir die Gründe für die negativen Bewertungen von Deus Ex bei Steam aber genauer ansehe, dann muss ich immer wieder den Kopf schütteln.

Vergleich: achtfaches Mutisampling Multisampling ist in hohen Stufen immer ein Leistungsfresser, so auch in Mankind Divided. Hier erreichen wir bei hohen Details mit einer RX 480 bei achtfachen MSAA nur ruckelige 15 fps.

zweifaches Multisampling Reduzieren wir das Multisampling auf die zweifache Stufe, steigen die fps auf gut spielbare 54 Bilder pro Sekunde, die Grafikqualität verschlechtert sich gleichzeitig nur minimal.

Unfair?

Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, ein Spiel allein für das Vorhandensein eines In-Game-Shops negativ zu bewerten, wenn ein Bewertungssystem nur die beiden Kategorien »Positiv« und »Negativ zulässt, gleichzeitig ist die Kritik für die teils nur einmalig freischaltbaren Inhalte aus DLCs sicher nachvollziehbar. Wenn sich aber Spieler ernsthaft darüber beschweren und dafür abwerten, dass das Spiel mit achtfacher (!) Kantenglättung per MSAA und in maximalen Details bei Ihnen ruckelt, dann tun mir die Entwickler ein Stück weit leid.

Klar, nicht jeder Spieler kennt sich mit typischen Grafikeinstellungen aus und weiß, dass achtfaches MSAA die Hardware-Anforderungen in jedem Spiel extrem in die Höhe treibt, ohne die Optik gegenüber vierfachen MSAA entscheidend zu verbessern (zumal MSAA mittlerweile immer seltener von Spielen angeboten wird).

Aber viele der negativen Bewertungen von Mankind Divided, die sich über ein schlechte PC-Portierung beschweren, haben meinem Eindruck nach eher mit zu hohen Grafikeinstellungen oder einer allzu optimistischen Einschätzung der Leistungsfähigkeit der eigenen Hardware als mit dem Spiel selbst zu tun.

Der Autor
Hardware-Redakteur Nils Raettig überprüft in Technik-Checks regelmäßig, wie gut PC-Spiele laufen und welche Hardware Sie für flüssiges Spielen benötigen. Schlecht optimierte und fehlerhafte PC-Versionen wie etwa seinerzeit Batman: Arkham Knight ärgern ihn genau wie alle anderen. Er findet es aber auch nicht fair, vorschnell allein dem Spiel respektive dessen technischer Umsetzung die Schuld zu geben, ohne etwas Zeit in die Grafikoptionen und die Fehlersuche investiert zu haben.

Ja, auch ich bin der Meinung, dass der Anspruch an die Hardware von Mankind Divided gemessen an der gebotenen Optik zu hoch ausfällt, gerade in maximalen Details. Aber man kann nicht mit jedem PC erwarten, dass aktuelle Spiele in maximalen Details flüssig laufen, selbst wenn der PC im Vergleich mit den Konsolen prinzipiell die stärkste Spieleplattform ist. Und wenn ein Spiel auf einem Rechner mit eigentlich sehr schneller und aktueller Hardware schlechter läuft als erwartet, dann muss das nicht immer an einer miesen PC-Portierung liegen.

So heißt es einer Steam-Bewertung, dass ein Spieler in Full HD bei maximalen Details mit einer aktuellen Titan X nur 20 bis 30 fps schafft, während wir in diesen Einstellungen mit einer langsameren GTX 1080 auf verschiedenen Testsystemen über 80 fps erreichen. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass hier das Spiel die Probleme verursacht. Es ist aber genauso gut möglich, dass die Probleme beim System des Spielers liegen, oder es ist mal wieder das sehr hardware-hungrige MSAA auf vier- oder achtfacher Stufe aktiviert, ohne dass dem betreffenden User die Folgen bewusst sind. Das soll kein Vorwurf an einzelne User sein - nur ein Hinweis, dass Kritik an den Hardware-Anforderungen nicht immer allgemeingültig sein muss.

Die Grafikoptionen von Deus Ex bieten viele Möglichkeiten, die Optik zugunsten der Leistung zu verbessern (und umgekehrt). Die Grafikoptionen von Deus Ex bieten viele Möglichkeiten, die Optik zugunsten der Leistung zu verbessern (und umgekehrt).

PC vs. Konsole

Die Flexibilität der Plattform PC ist hier Fluch und Segen zugleich. Einerseits bieten viele verschiedene Grafikoptionen die Möglichkeit, Optik und Performance eines Spiels möglichst passend für das eigene System und die eigenen Ansprüche einzustellen. Andererseits kostet das Zeit und birgt gleichzeitig die Gefahr, den eigenen Rechner hoffnungslos zu überfordern.

Konsolen unterscheiden sich aber nicht nur durch meist fest vorgegebene Grafikqualität und die stets identische Hardware von PCs, sie erfordern gleichzeitig auch deutlich weniger Pflege. Eine alte Windows-Installation mit vielen Programmen sorgt nun mal eher für Performance-Probleme als ein frisch aufgesetztes und gut gepflegtes System.

Dabei will ich aber überhaupt nicht sagen, dass es an der PC-Version von Mankind Divided nichts auszusetzen gäbe und dass die Probleme nur von den Spielern selbst verursacht würden, zumal wir in unserem Technik-Check ja auch selbst teils mit Abstürzen und anderen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. So wie die Entwickler für die Qualität Ihres Spiels verantwortlich sind, ist aber auch jeder Spieler für die Qualität und Fairness seiner Bewertung verantwortlich.

Die schützende Anonymität des Internets verleitet leicht zu vorschnellen, in einem Moment des Ärgers heruntergeschriebenen Bewertungen. Und wenn sich das Problem mit etwas Nachforschen dann doch lösen lässt, werden diese nur selten korrigiert. Für mich ein Grund, bei Bewertungen nicht nur auf das Durchschnittsergebnis zu schauen, sondern auch einzelne Posts zu lesen, um zu entscheiden, wem man letztendlich Glauben und Vertrauen schenkt.

Bei den negativen Reviews von Deus Ex werden vor allem der In Game-Shop, die teils nur einmalig nutzbaren DLC-Inhalte, Probleme mit der Mausbeschleunigung und schlechte Performance sowie Abstürze kritisiert. Bei den negativen Reviews von Deus Ex werden vor allem der In Game-Shop, die teils nur einmalig nutzbaren DLC-Inhalte, Probleme mit der Mausbeschleunigung und schlechte Performance sowie Abstürze kritisiert.

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