Was für eine haarige Angelegenheit! Unser Onkel hat alle Bewohner des Königreichs inklusive unseres Bruders in Tierwesen verwandelt. Wir selbst finden uns ausgerechnet in der Haut eines, nun, »stattlich gebauten« Schweins wieder. Nicht gerade die idealen Voraussetzungen, um die fünf magischen Steine zu organisieren, die das Chaos in Monster Boy and the Cursed Kingdom wieder in Ordnung bringen.
Trotz der familiären Verstrickung bekommen wir jedoch vom Hofmagier den Retter-Job und machen uns auf die lange und gefährliche Reise in die abwechslungsreichen und toll ausgestalteten Gebiete des handgezeichneten 2D-Jump-and-Runs. Das Spielgefühl erinnert dabei nicht nur zufällig an die altgediente Wonder Boy-Serie aus der Arcade bzw. auf frühen Sega-Konsolen wie dem Mega Drive.
Offiziell gehört dieses Spiel zwar zum gleichen Universum, allerdings verhindern Lizenzstreitigkeiten, dass der Serienname auch im Titel stehen darf. Kenner werden sich dennoch sofort heimisch fühlen und auch die ein oder andere Referenz auf die vorherigen Teile finden.
Konferenz der Tiere
Zentrales Spielelement sind die insgesamt sechs Tierformen, in die sich der Held Jin nach und nach verwandeln kann. Nach jedem erledigten Bosskampf steht uns eine neue Gestalt zur Verfügung. Damit verbunden sind diverse Spezialfähigkeiten, die es uns wie in einem typischen Metroidvania-Titel erlauben, neue Orte zu erreichen und komplexere Manöver auszuführen.
Als Schlange können wir uns beispielsweise an klebrigen Wänden emporschlängeln oder durch kleine Schlupflöcher kriechen. Als Frosch nutzen wir die lange Zunge wie ein Lasso, um über Abgründe zu schwingen, und in Löwenform rennen wir mit Anlauf Barrikaden ein. Als Schwein können wir zwar keine Rüstung tragen, dafür aber magische Blitz- und Feuerattacken zaubern und mit unserer feinen Nase Geheimnisse erschnüffeln.
Knackige Rätsel
Aufgelockert werden die Action- und Hüpfpassagen durch teils richtig knifflige Rätsel. Mal müssen wir Seile durchbrennen, um aus dadurch herabfallenden Kisten Stufen zu bilden. Oder Statuen durch Stampfattacken in eine bestimmte Reihenfolge bringen. Die Mischung aus schneller Kampfaction, präzisem Hüpfen und Nachdenken ist hervorragend austariert und sorgt für einen extrem motivierenden Spielfluss.
Lediglich an einer Stelle der rund 20 Stunden Gesamtspielzeit suchen wir im Test verzweifelt nach einem Ausgang aus einem Gebiet und bleiben wortwörtlich in einer Höhle stecken. Der entscheidende Greifhaken zur Rettung liegt unfairerweise außerhalb des sichtbaren Bereichs. Eine Möglichkeit, solche schweren Situationen zu umgehen oder den Schwierigkeitsgrad zu verändern gibt es nicht.
Anders als das 2018er-Remake von Wonder Boy 3: The Dragon's Trap präsentiert sich Monster Boy deutlich linearer und sehr viel zugänglicher. Die klar lesbare und jederzeit einblendbare Minimap zeigt uns jederzeit die Richtung unserer nächsten Aufgabe an. Teleportstationen und gegen Ende auch ein spezieller Gegenstand erleichtern uns die Reise und auch die Rückkehr in bereits abgeschlossene Gebiete. Teilweise sind dort noch weitere Schätze zu finden, die nur mit den neu erworbenen Tierfähigkeiten erreicht werden können. Ein zweiter oder dritter Besuch kann sich durchaus lohnen.
Laufen wie auf Wolken
Der Schwierigkeitsgrad steigt gemächlich an und bietet auch Genre-Neulingen einen guten Einstieg. Erst im letzten Drittel des Spiels sorgt die Fülle an unterschiedlichen Charakter- und Item-Fähigkeiten für eine spürbar härtere Herausforderung. Gepaart mit stärkeren Gegnern und knappen Zeitfenstern entsteht hier auch bei geübten Spielern unter Umständen etwas Frust. Die faire Verteilung der Checkpoints fängt diesen Nachteil allerdings meist gut auf.
Die meisten Ausrüstungsgegenstände im Spiel sind rein optional und geben Boni für die Charakterwerte oder lassen uns beispielsweise mehr Tränke finden. Allerdings sind manche Spezialfähigkeiten wie »Auf Wolken laufen« an bestimmte Items gebunden. Thematisch mag es zwar stimmig sein, dass die besagten »Wolkenschuhe« nicht von einer Schlange ohne Füße getragen werden können, allerdings sorgt das etwas unhandliche Item-Management dafür, dass wir beim Durchwechseln der Tierformen mehrmals durch die Wolkendecke in den Tod fallen und diese Passage erneut versuchen müssen.
Aber das sind Kleinigkeiten, die den Spielspaß kaum trüben. Monster Boy sieht mit seinen handgezeichneten Figuren und den liebevollen Animationen nicht nur wunderschön aus, sondern hat auch einen fantastischen Soundtrack mit über 40 Stücken.
Die Fülle an kreativen Ideen bei den Rätseln und die fordernden Actionsequenzen trösten über die kleinen Balancing-Probleme gegen Spielende hinweg. Monster Boy war bereits 2018 ein klares Highlight auf Konsolen und ist auch auf dem PC der bisher beste Teil der Serie. Die Portierung ist einwandfrei und verbessert mit dem Support für Wide-Screen-Monitore und einer unbegrenzten Framerate die Performance sogar noch deutlich.
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