Spielt Mount & Blade 2: Bannerlord momentan bloß nicht wie ein Rollenspiel!

Mount & Blade 2 wird häufig dem Genre der Rollenspiele zugeordnet, doch das Spiel kann dieser Erwartung nicht immer ganz gerecht werden. Deshalb rät euch Fabiano: Spielt es nicht wie eins!

Händler oder Krieger? Mount & Blade 2 will uns unsere Rolle nicht vorgeben. Händler oder Krieger? Mount & Blade 2 will uns unsere Rolle nicht vorgeben.

Kollege Peter titelte dereinst über einer Preview zu Mount & Blade 2 mit den Worten: »Das einzig wahre Rollenspiel«. Damit hat der liebe Kollege auch nicht unrecht, denn Mount & Blade 2 bietet uns die Möglichkeit, zu sein wer wir wollen.

Jetzt ist der Titel aber seit einigen Wochen im Early Access und auch wenn ich bislang Spaß damit habe: Ich fühle mich nicht wie in dem einzig wahren Rollenspiel. Wer mit dieser Erwartung an das Spiel herangeht, könnte sich sogar die Spielerfahrung ruinieren. Deshalb mein Rat: Versucht Bannerlord gar nicht erst wie ein Rollenspiel anzufangen!

Ist Mount & Blade 2 überhaupt ein Rollenspiel?

Es ist nicht immer leicht, Mount & Blade 2 einem einzigen Genre zuzuweisen. Das Spiel bietet immerhin Elemente aus einem klassischen Rollenspiel, kann aber auch als Strategiespiel funktionieren und sogar als Wirtschaftssimulation.

Der Autor:
Rollenspiele sind aus Fabianos Leben nicht mehr wegzudenken. Schon als ganz Kleiner war er von Spielen wie Baldur's Gate fasziniert. Die Möglichkeit, so viele verschiedene Helden zu spielen, zieht ihn bis heute immer wieder in das Genre zurück. Nicht nur digital, sondern auch mit Freunden zusammen beim abendlichen Pen & Paper. Gerade deshalb hat er aber auch hohe Erwartungen an Rollenspiele und manchmal sind die vermutlich ein wenig zu hoch. Verbunden mit seinem Faible für Strategiespiele war Mount & Blade 2 ein gefundenes Fressen, auch wenn es für ihn der erste Ausflug nach Calradia war und er sich deshalb etwas mehr von den Rollenspiel-Anteilen versprochen hat.

Bleiben wir aber erst mal bei den RPG-Inhalten. Ganz traditionell geht es schon damit los, dass ich mir in Bannerlord einen eigenen Charakter zusammenbaue. Der Charaktereditor ist auch äußerst umfangreich und bietet viele Möglichkeiten. Vom langbärtigen, in Lumpen gekleideten Wilden bis hin zur adrett frisierten Dame aus hohen Kreisen. Von Anfang an vermittelt mir Mount & Blade, dass ich sein kann wer ich will.

Dazu bestimme ich über zahlreiche Skills meine Fähigkeiten, die vom Bogenschießen übers Reiten bis zum Handel alle relevanten Talente abdecken. Meinen Karriereweg gibt mir niemand vor. Das alles macht Mount & Blade 2 in den Augen vieler schon zu einem Rollenspiel. Aber reicht das wirklich?

Die Mischung aus Rollenspiel und Strategiespiel findet sich in kaum einer anderen Reihe. Zumindest in dieser Form. Mangelnde Konkurrenz ist aber nicht immer ein Segen:

Mount + Blade 2 - Dieses Spiel ist konkurrenzlos, und das ist ein Problem Video starten 19:47 Mount & Blade 2 - Dieses Spiel ist konkurrenzlos, und das ist ein Problem

Das macht für mich ein Rollenspiel aus

Wenn ich ein neues Rollenspiel anfange, dann sind mir dabei zwei Sachen ausgesprochen wichtig. Dass viele Rollenspiele zudem eine großartige Geschichte erzählen können, klammere ich dabei ein wenig aus. Mount & Blade 2 ist immerhin in erster Linie ein Sandkasten und dafür würde ich es ungerne abstrafen. In den anderen Bereichen kann es sich aber sehr wohl messen lassen.

Erstens: Mir ist das Gefühl sehr wichtig, dass ich selbst entscheide, wie sich mein Held benimmt. Und nicht nur, ob er gut oder böse ist. Auch ob er eher plump antwortet, süffisant oder sogar manipulativ. Gerade deshalb sind ja Dialoge in Spielen wie Baldur's Gate, Mass Effect oder auch The Witcher 3 so wichtig. Darin zeigt sich, wer mein Held überhaupt ist. So erhalte ich Vorteile oder verursache Konsequenzen nicht nur durch Taten oder Entscheidungen. Auch mein Auftreten sollte hier von Bedeutung sein.

Zweitens: Damit ich meine Rolle spielen kann, muss ich mich in der Welt zuhause fühlen. Rollenspiel bedeutet nicht immer nur Questen. Es bedeutet auch, sich in eine fremde Welt reinzudenken. Jeder hat sicherlich schon mal in Skyrim einfach etwas zu Essen bestellt und sich dann ein wenig in den vollen Schankraum gesetzt.

Oder ihr seid gemütlich durch die Landschaft geritten und habt vielleicht Rehe gejagt. Selbst in Baldur's Gate konnte ich schon in einer Taverne mögliche Gerüchte aufschnappen oder mir die Geschichten der Besucher anhören. Nur so kann ich dafür sorgen, dass mein Held sich nicht wie ein Fremdkörper anfühlt oder die Welt wie eine Kulisse.

Deshalb erfüllt Mount & Blade 2 diesen Anspruch noch nicht

Genau diese beiden erwartungsvollen Punkte machen meine Rollenspiel-Erfahrung mit Mount & Blade 2 so schwer. Nachdem ich durchs Tutorial durch war, wollte ich die Spielwelt entdecken. Ich wollte Städte besuchen und meinen Charakter definieren. Das kann ich zwar auch machen, in dieser Early-Access-Version fühlt sich das aber sinnlos an.

Welche Persönlichkeit mein Held hat, ist komplett egal. Konsequenzen muss ich eigentlich nur befürchten, wenn ich NPCs verrate, ihre Aufgaben nicht erfülle oder mich mit dem Gesetz anlege. In den momentanen Gesprächen kann ich zwar verschiedene Antwort-Möglichkeiten wählen, ob ich jetzt aber selbstbewusst auftrete oder unterwürfig, scheint mein Gegenüber nicht zu interessieren.

In der aktuellen Version sind die Städte zudem so leblos, dass es wenig Gründe gibt, sich hier umzusehen. Auch in den Tavernen halte ich mich nie länger als notwendig auf. Ich habe zwar einmal was zu Trinken bestellt, die Bestellung kam aber nie. Seither versuche ich das umherstreifen komplett zu vermeiden, zumal mir das eine Menge Ladebalken erspart.

Viele dieser Probleme haben wir auch bereits in unserem Early-Access-Test zu Bannerlord angesprochen:

Was ist die Lösung für dieses Problem?

Jetzt will ich aber auch nicht zu sehr auf Bannerlord einhauen. Denn letztlich habe ich auch im Early Access schon Spaß. Aus dem ganzen einfachen Grund, dass Bannerlord eben kein reines Rollenspiel ist.

Irgendwann wurde mir auch klar, dass ich, zumindest in dieser Version, als Rollenspieler enttäuscht werde. Der Fokus von Mount & Blade liegt aber auch mehr auf seinen strategischen Stärken. So versenkte ich Stunden in Bannerlord, um mir durch Handel ein finanzielles Polster zuzulegen. Mit dem Geld baute ich nach und nach meine Armee auf. Die Armee führte ich schließlich in den Krieg gegen eine schwächelnde Nation und versprach mir davon Ruhm und Beute.

Das alles passierte auf einer rein strategischen Ansicht. Nur die Schlachten dirigierte ich aktiv vom Feld. Das macht Spaß, denn die Schwächen, die Bannerlord im strategischen Bereich hat, kann ich sehr viel leichter verschmerzen als bei seinem Anspruch als Rollenspiel. Ein paar Balanceprobleme oder hier und da mal ein Bug wiegen einfach weniger schwer, als das Gefühl, gar nicht erst ins Spiel reinzufinden.

Sobald ich Bannerlord also als Strategiespiel mit RPG-Mechaniken wahrnahm, und nicht mehr andersherum, war die Enttäuschung verflogen. Jetzt bleibt nur noch die Aussicht, dass sich das womöglich wieder ändern könnte. Mindestens ein Jahr Early Access stehen uns bevor. Vielleicht kann mich Mount & Blade 2 danach ja doch noch als Rollenspiel begeistern, sollten Welt und Dialoge lebendiger werden.

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