Auf der Entwicklerkonferenz Devcom im Umfeld der Kölner Gamescom gab es dieses Jahr einen kleinen Skandal: Auf dem Banner mit der Liste der Sponsoren tauchte in unscheinbaren Lettern das Unternehmen Nutaku auf. Dabei hat sich noch niemand etwas bei gedacht.
Erst ein Blick auf das Programm für die Vorträge ließ einige Augenbrauen hochgehen: Nutaku würde einen Talk zu dem Thema »The rise of the adult gaming market« halten. Oh, Spiele für Erwachsene also? Um welche Sparte es geht, macht der kleine Business-Stand des Unternehmens in der Besucherhalle der Devcom sofort klar: an den Wänden prangen sexualisierte Anime-Mädchen.
Nutaku ist ein Publisher und Hersteller von Erotikspielen mit Fokus auf Hentai - solchen pornografischen Sexspielen also, wie sie jetzt auch erstmals auf Steam veröffentlicht werden.
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Böses Erwachen
Wirklich begriffen hat das breite Pubikum das aber erst, als auf Twitter ein Tweet die Runde machte. Der Inhalt: das Foto einer Anzeige auf der Herrentoilette, die über Pissoirs platziert war. »You are really good with one hand«, sagt dort zum Beispiel eine Anime-Dame auf dem Plakat. Auf einem anderem schaut ein errötendes Mädchen runter Richtung Genitalbereich und kommentiert: »Not bad. But it doesn't compare to a 10M € investment fund.«
Damit möchte Nutaku männliche Mitarbeiter gewinnen und darauf aufmerksam machen, dass sie durch ein großes Budget-Investment mehr als fähig sind, diese einzustellen. Auf der Damentoilette hingegen sprechen sie den Intellekt der Besucherinnen an: »Did you know, that women are only 22% of the entire games industry? We want to change that!« Keine Illustration daneben, sondern nur Schrift. Und dezent an den Spiegel des Waschbeckens geklebt.
Information: Deutsche Gesetzeslage
Am 10. November 2016 wurde das deutsche Strafgesetzbuch verändert, konkret trat die »Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung« in Kraft. Nach § 171 StGB ist seitdem jede sexuelle Handlung strafbar, die gegen den erkennbaren Willen einer Person vorgenommen wird. Darunter fallen explizit auch Taten, bei denen ein Opfer gar nicht weiß oder versteht, was passiert - etwa bei Minderjährigen.
Das Jugendschutzgesetz (JuschG) formuliert zudem die Voraussetzungen für den Tatbestand der sogenannten Posendarstellung Minderjähriger konkret (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 JuSchG). Damit sind alle Darstellungen von Minderjährigen gemeint, die eine unnatürliche, geschlechtsbetonte Körperhaltung beinhalten. Das beinhaltet sowohl jede Verrenkung als auch das Bücken oder Vorbeugen, um Brust oder Po hervorzuheben, als auch zum Beispiel das Spreizen der Beine.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Charaktere realistisch aussehen oder durch einen Zeichentrickstil stilisiert sind. Sie müssen noch nicht einmal nackt oder teilweise entkleidet sein. Bei der Bestimmung des Alters spielt es keine Rolle, welche Jahreszahlen im Spiel genannt werden.
Mehr dazulest ihr in unserem USK-Report: Wenn Erotikspiele Grenzen überschreiten.
Allein die bloße Tatsache, dass eine mit Erotikspielen assoziierte Firma auf einer seriösen Entwicklerkonferenz als Sponsor auftrat, war für viele Besucher Grund zur Beschwerde. Die sexualisierte Werbung auf der Herrentoilette auf Schenkelklopf-Niveau ist dabei nicht sonderlich hilfreich.
Die Veranstalter veröffentlichten auf Twitter eine öffentliche Entschuldigung, um die Wogen zu glätten. Zitat: »Während Nutaku sein Ziel für mehr Diversität und einer breiteren demographischen Gesamtwirkung klar kommuniziert, wird dies nicht in jeder ihrer Marketing-Materialien reflektiert.« Nur knappe 20 Minuten vor dem Vortrag trat man an Sprecher Jeff Tremblay heran und bat ihn, fünf Folien aus seiner 20 Seiten langen Präsentation zu streichen. Ein gutes Viertel also.
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