Der nahende Release des Phantom Liberty genannten DLCs zu Cyberpunk 2077 bestimmt derzeit die Schlagzeilen der Gaming-Welt.
Kein Wunder, schließlich zeigt sich nicht nur das Add-On von Entwicklerstudio CD Projekt Red an sich vielversprechend, was unser eigener Test klar deutlich macht. Auch von technischer Seite aus gibt es einen Meilenstein zu feiern, wie bereits unser unten verlinkter Technik-Check zu Phantom Liberty betont.
Dabei handelt es sich um DLSS 3.5: Das jüngste Update für das KI-Upscaling von Nvidia will unter anderem mithilfe des Ray Reconstruction
genannten Features neue Maßstäbe setzen. Ein aktuelles Interview mit Nvidia dazu könnte aber noch viel weitreichendere Implikationen haben.
Um dieses Experten-Gespräch geht es
Zum Release von Phantom Liberty und DLSS 3.5 ging Bryan Catanzaro, immerhin Nvidias Vizepräsident im Bereich Applied Deep Learning Research
, in einem einstündigen Interview mit Digital Foundry von Eurogamer ins Gespräch.
Auch Jakob Freeman, der vor wenigen Monaten vom ehemaligen Nvidia-Partner EVGA zum GPU-Hersteller als Geforce Evangelist
gewechselt ist, war im Talk mit an Bord.
Abgerundet wurde die Gesprächsrunde von Jakub Knapik, der in seiner Funktion als Art Director bei CD Projekt Red anwesend war. Das komplette Interview findet ihr im unten zu sehenden Video, einige aus unserer Sicht besonders spannende Aussagen daraus erläutern wir in diesem Artikel näher.
Link zum YouTube-Inhalt
DLSS ist gekommen, um zu bleiben
Catanzaro nahm in dem Interview unter anderem Bezug auf die Zukunft der Spieleentwicklung - und seine Einschätzung hat es in sich: So werde KI-Upscaling wie eben Nvidias DLSS nicht mehr von Games wegzudenken sein, von den gewohnten nativen Auflösungen müssen wir uns seiner Einschätzung nach hingegen sukzessive verabschieden.
Ausgelöst wurde die Antwort durch die folgende Frage vom Gründer des PCMasterRace
-Subreddits Pedro Valadas, der ebenfalls zur Interview-Runde eingeladen wurde: Ist die DLSS-Technik künftig Nvidias Fokus, wenn es um das Analysieren der Leistungsfähigkeit von Nvidia-Grafikkarten geht?
Denn nicht zuletzt in der Ankündigung des neuen Game-Ready-Treibers für Nvidia-GPUs arbeitete das Unternehmen im Hinblick auf Benchmarks zu Phantom Liberty primär mit Vergleichswerten, die die Frameraten mit und ohne DLSS inklusive Zusatzfeature Frame Generation
aufzeigen sollen.
Die Frame Generation steht für vollständig per KI berechnete Zusatzbilder, was bislang nur die RTX-4000-Generation unterstützt. AMD hat mit FSR 3 bald eine vergleichbare Technik im Angebot, mehr dazu erfahrt ihr im Artikel FSR 3 angekündigt: Das ist AMDs Antwort auf Nvidias DLSS 3.5
.
DLSS und das Problem schlechter Spiele-Optimierungen
Doch warum steht die DLSS-Leistung so sehr bei Nvidia im Fokus und nicht wie in vorangegangenen Generationen das Verbessern der rohen Grafikleistung in nativen Auflösungen?
Schließlich könnten Valadas zufolge böse Zungen behaupten, dass KI-Upscaling an sich einen negativen Effekt auf die Spieleindustrie hat: Entwickler sparen sich die Mühe, ihre neuen Games zu optimieren, denn Nvidias DLSS, AMDs FSR oder Intels XeSS würden vermeintliche Mängel ja ohnehin kaschieren.
Einzelne der groß angekündigten Spiele-Releases der vergangenen Monate befeuerten diese Diskussion. Der technische Zustand von Titeln wie Redfall oder Lord of the Rings: Gollum war zumindest selbst unter Zuhilfenahme von KI-Upscaling noch problematisch.
Diese Kritik kontert Catanzaro allerdings flugs: Solche Krücken für Entwickler
habe es schon immer gegeben.
Als Beispiel wird Mipmapping angeführt: Damit ist (extrem vereinfacht erklärt) eine Technik in der Bildverarbeitung gemeint, die per Frequenzfilterung Texturen auf kleinere Auflösungen ohne nennenswerten Qualitätsverlust skalieren lässt.
Hierdurch sparen Entwickler viel Rechenzeit, wenngleich etwas mehr (Video-)Speicher genutzt werden muss. Das Gegenteil zu Mipmapping ist übrigens die Interpolation, die den meisten Anwendern vermutlich geläufiger sein dürfte.
DLSS ist eine intelligentere Lösung als das Erzwingen nativer Auflösungen
Entsprechend sei DLSS laut Catanzaro keine Krücke, sondern vielmehr eine intelligentere Methode, die Grafikqualität zu verbessern.
Das Erzwingen von besserer Grafik in nativen Auflösungen mit roher Gewalt
sei weder zeitgemäß noch die ideale Lösung - schließlich ist das Moore'sche Gesetz tot.
Es besagt grob, dass sich die Komplexität von Chips (und damit auch ihre mögliche Leistungsfähigkeit) in regelmäßigen Abständen verdoppelt, was mittlerweile nicht mehr der Fall ist. Das führte Nvidia-Chef Jensen Huang schon im vergangenen Jahr als Grund für die steigenden GPU-Preise an:
Angesichts dessen liege das Hauptaugenmerk Nvidias tatsächlich auf DLSS (und vermutlich auch auf dazugehören Techniken wie der Frame Generation), denn nur mithilfe von KI lassen sich die immer geringer werdenden Leistungssteigerungen wieder hereinholen.
Der eingangs erwähnte CDPR-Art-Director Knapik ist in Bezug auf Cyberpunk 2077 dankbar für die Implementation von DLSS: Denn ohne das KI-Upscaling wäre Pathtracing unmöglich gewesen. Gerade das Hochskalieren sowie die Frame Generation hätten den technischen Fortschritt erst möglich gemacht.
Das klassische Rendern, wie wir es aus den Spielen der vergangenen Jahrzehnte kennen, werde potenziell sogar vollständig abgelöst. Stattdessen könnte laut Catanzaro künftig die Bildkonstruktion mittels Frame Generation & Co. sowie DLSS diese Aufgabe nahezu vollständig übernehmen.
Meinung des Redakteurs: Am Ende zahlen wir nur noch für neue DLSS-Versionen und nicht für bessere Hardware
Jusuf Hatic: Dass Nvidia nach all den Investitionen im Bereich der Künstlichen Intelligenz auch im Gaming-Bereich alles auf die Karte DLSS setzt, dürfte selbst mit unternehmensgrüner Brille nicht verwundern. Schließlich sprechen auch die Umsatzzahlen im Vergleich eine deutliche Sprache.
Im Gespräch mit meinem Kollegen Nils zu dem Thema stach eine oben genannte Aussage allerdings deutlich mehr hervor, als es die vorhersehbare DLSS-PR-Maschine je könnte. Denn dass die Leistungssprünge von Generation zu Generation immer geringer ausfallen werden, klingt erstmal nicht berauschend - auch wenn es mit Blick auf die RTX-4000-Generation mit Ausnahme der RTX 4090 ein Stück weit bereits die Realität ist und nicht unbedingt überraschend kommt.
Wie sehr Nvidia das klassische Rendering jedoch abzuschenken scheint, ist dann aber doch bemerkenswert. Die Aussagen lassen nämlich auch folgende Interpretation zu: Anstelle mehr Shader-Einheiten, weniger Leistungsaufnahme oder (Gott bewahre!) einer geringeren UVP könnten neue GPU-Generationen künftig nur noch mit der neuesten DLSS-Version ausgestattet, ein echtes
Leistungsplus gibt es so nicht mehr.
Jetzt ist das natürlich ein vergleichsweise düsteres Zukunftsszenario, das noch etwas auf sich warten lassen könnte. In Verbindung mit dem kaum noch aufzuhaltenden Hypetrain rund um das Thema Künstliche Intelligenz schleicht sich bei mir aber dennoch das Gefühl ein, dass die GPU-Welt abseits von KI-Fortschritten tatsächlich bald das Ende der Fahnenstange erreicht hat - schade wär's.
Wie steht ihr zum Thema Upscaling in Spielen? Sind KI-Lösungen wie Nvidia DLSS oder AMD FSR in Kombination mit Frame Generation & Co. die unvermeidbare Zukunft oder würdet ihr euch mehr Fokus auf native Auflösungen wünschen? Sind für euch GPU-Upgrades nur aufgrund von neuen Upscaling-Versionen sinnvoll? Lasst uns eure Meinung in den Kommentaren da!
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