Survival-Elemente in Rollenspielen? Gab's schon 1981 in Ultima. Deshalb geht Nine Dots mit Outward einen Schritt weiter und erklärt Survival- und Rollenspielelemente für gleichberechtigt. Zack. So ähnlich entstand übrigens der Rock'n'Roll, aber Chuck Berry hatte den Vorteil, in seinen Songs keine tollen Geschichten erzählen zu müssen.
Krieg der Fraktionen
Gleich im Charaktereditor fällt negativ auf, dass uns zu den drei Rassen des Spiels (salopp: Europäer, Schwarzer und Asiate) rein gar nichts über etwaige Eigenheiten oder Hintergründe erzählt wird. Großartige Anpassungsmöglichkeiten gibt's auch nicht. Aber lassen wir uns erst mal völlig unvoreingenommen auf dem Bootssteg der Stadt Cierzo absetzen. Die Sache ist nämlich die, dass wir uns einer Expedition »über das Meer« angeschlossen haben, um Geld zu verdienen - doch der verdammte Kahn ist soeben abgesoffen.
Wieso wollen wir Geld verdienen? Weil unsere verstorbene Oma unseren Stamm ins Verderben stürzte, der blöderweise der »Blauen Kammer« angehört, einer Fraktion von egoistischen Familienmenschen, die ihresgleichen nicht als Individuen, sondern als Blutlinien betrachtet. Tja, und als Teil von Grannys Blutlinie müssen wir nun den Mist, den sie verbockt hat, mit klingender Münze aufwiegen.
Doch dieser Hintergrund ist gar nicht der Dreh- und Angelpunkt des Spiels, überhaupt erzählt Outward für das Genre ungewöhnlich wenig Story. Wir sollen hinaus in die vier Biome von Aurai, um uns dort vielleicht einer anderen Fraktion anzuschließen. So können wir zum Beispiel die »Heilige Mission Elatt« unterstützen, für die wir von Ort zu Ort ziehen, um Stammesstreitigkeiten zu schlichten. Oder wir gehen zum »Heldenhaften Königreich Levant« und befreien die Bevölkerung Aurais von den Gängeleien der Blauen Kammer.
Die Levantianer sind es übrigens auch, die die Hauptgeschichte lostreten, indem sie die historischen Archive der Kammer in die Luft sprengen. Und wenn kurz darauf ein Elatt-Priester den levantinischen Prinzen ermordet, sind wir auch schon mitten im vorhersehbaren Krieg der Fraktionen. Blöd nur: Von dieser eigentlich spannenden Hintergrundgeschichte bekommen wir mangels fesselnder Momente im eigentlichen Spiel kaum noch etwas mit.
Überleben für Profis
Für hohe Politik haben wir in der Praxis ohnehin keine Zeit, denn Outward ist fordernd. Unser Hauptproblem ist, dass wir ohne vernünftige Ausrüstung ständig erledigt werden und dann bewusstlos in der grafisch altbackenen Wildnis herumliegen. Wenn das passiert, entscheidet das Spiel zufällig, ob man uns in einer Art Zwischensequenz rettet und in die nächste Stadt bringt oder - und das ist wahrscheinlicher - ob uns Banditen finden, ausrauben und in die nächstbeste Hyänenhöhle werfen. Und der nächste Rücksetzpunkt ist im Regelfall ganz weit weg.
Freies Speichern? Haha, nein. Deshalb müssen wir uns vor jeder Reise mit Reiseproviant, Bandagen, Gegengiften und Heiltränken eindecken sowie passende Kleidung für die Zielumgebung kaufen. Bei der Wahl der Klamotten sind ferner die Jahreszeiten zu beachten, Winterzeit ist Erkältungszeit. Zur Abenteurer-Grundausstattung zählen außerdem ein Schlafsack, ein Zelt und Lagerfeuerkram.
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Das kann man alles kaufen, mit einem wachen Auge aber auch in der Welt finden. Gleiches gilt für Fackeln und wiederauffüllbare Öllampen, ohne die jede Untergrund-Exploration in die Hose geht. Zu guter Letzt brauchen wir noch eine Spitzhacke, da wir Ressourcen für das Craften von Waffen und Rüstungen abbauen wollen.
Futter und Wasser bekommen wir übrigens auch in freier Natur, nur wird es dort etwas komplizierter. Wasser muss abgekocht und in Schläuche gefüllt werden, ansonsten droht eine Verdauungsstörung (Krankheiten nagen beharrlich an Ausdauer und Lebensenergie). Und unser Mittagessen - manche Rezepte können nur im Kochtopf über dem Feuer zubereitet werden - ist in den meisten Fällen noch quicklebendig, womit wir beim Thema Waffen wären.
Zum Draufhauen stehen uns neben den üblichen Klingen auch Kampfstäbe zur Verfügung, im Fernkampf nutzen wir Bögen und Pistolen. Da wir es hier mit einem Fantasy-Setting zu tun haben, gibt's außerdem manasteinbasierte Elementarmagie und Runenzauber, die aus Lexika erlernt werden. Die Runenmagie ist besonders aufwändig, weil wir jeden Zauber erst vorbereiten müssen, indem wir die jeweilige Rune auf den Boden »malen«.
Koop-Modus
Für mehr Spaß in Outwards gefährlichen Weiten empfiehlt sich der sowohl online als auch lokal verfügbare Zweispieler-Modus. Letzterer funktioniert auch im horizontalen Splitscreen. Für den Koop muss nicht zwingend ein neues Spiel gestartet werden, unser Partner kann jederzeit unsere laufende Singleplayer-Session betreten.
Controller werden nur teilweise unterstützt, so dass im Vorfeld erst mal Try and Error angesagt sein könnte. Wir sind im Test mit zwei Xbox-Gamepads gut gefahren.
Auch dürfte nicht jedem gefallen, dass sich unser Charakter zwar entlang von acht Fertigkeitsbäumen entwickeln kann, aber maximal drei davon meistern darf. Was auf der positiven Seite die Vermischung von Klassen wie Kämpfer, Runenmagier und Söldner erlaubt. Level-Ups, Charakterattribute, oder Lernpunkte gibt es in Outward nicht; sehr wohl aber silbergeile Lehrmeister, die die Entwicklung unseres Abenteurers mehr oder weniger zur Geldsache erklären.
Hübsch, aber dumm
Während die Zaubereien eine gute Figur machen, wirkt die allzu sichere Flugbahn von Pfeilen etwas unrealistisch, und auch beim Nahkampfsystem ist noch Luft nach oben. So reagiert die KI auf unsere flinken Ausweichrollen (Springen verboten) eher behäbig und läuft uns im offenen Gelände im Extremfall über eine 90-Grad-Steilwand davon.
Am meisten leidet das allgemeine Kampfgefühl jedoch unter den holprigen Bewegungsabläufen und dem fast schon leichenstarren Trefferfeedback, das oft nur die obere Körperregion des Gegners durchschaukelt. Schädel von Golems, Eishexen und Tuanosauriern einzuschlagen war schon mal befriedigender - zumal es von den Viechern in der recht leeren Welt ohnehin nur wenige gibt.
Wenn allerdings doch mal ein Gegner auftaucht, ist er meist sehr cool verfremdet. Besonders wenn es um Referenzen zu altägyptischen Gottheiten geht, lässt die Art-Sektion von Nine Dots so richtig die Muckis spielen.
Das alles macht das von den Entwicklern als »Adventurer Life Simulator« deklarierte Spiel zu einer durchwachsenen Veranstaltung. Dank vier Städten, zahlreicher Dungeons und Höhlen lohnt sich die Erkundung der in weitläufige Maps unterteilten Welt von Aurai zwar, aber Menschen, die immer was zu hauen brauchen, dürften sich dort mangels Interaktivität und Feindpräsenz bald langweilen. Outward ist demnach etwas für Leute, die sich nicht an unausgegorener Technik stören und sich mal wieder richtig hart in ein Spiel verbeißen wollen.
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