Alles auf einem Blick
- Papyrus Autor ist ein Schreibprogramm, das nicht nur für Schriftsteller geeignet ist, meint unser Autor.
- Es verfügt über einen Duden-Korrektor, der Rechtschreib- und Grammatikfehler markiert und alternative Wörter vorschlägt.
- Außerdem bietet es eine Stilanalyse, die Füllwörter und Doppelungen erkennt, sowie eine Lesbarkeitsanalyse.
Im März dieses Jahres hat mein Kollege Maxe einen Artikel zu einem von ihm heißgeliebten Schreibprogramm aus den 90er-Jahren geschrieben, an dem der von Genre-Literatur-Freunden geschätzte Autor Andreas Eschbach mitgearbeitet hat.
Damals predigte Maxe die Vorzüge der Textverarbeitungs-Software namens »Papyrus Autor« und ich in meiner eingeschränkten Denkweise meinte: »Wer braucht denn diesen ganzen Feature-Schnickschnack?« Ich hatte doch bisher mit Microsoft Word, Google Docs und Open Office alle nach meinem Dafürhalten relevanten Funktionen zum Schreiben von Texten.
Jetzt habe ich Papyrus Autor selbst ausprobiert und kann Maxes Begeisterung vollends nachvollziehen.
Eine Einschränkung vorab: Ja, Papyrus Autor wird vorrangig als Anwendung für Personen mit schriftstellerischen Ambitionen vermarktet. Aber egal, ob längere Prosa oder Semesterarbeit, meiner Meinung nach eignet sich das Programm für alle, die an einem längeren Text sitzen, oder von Berufswegen schreiben.
Gute Software, aber ein stattlicher Kaufpreis: Papyrus-Autor ist mit einem Preisschild von 200 Euro deftig bepreist, aber dafür erhalten an schreiberischen Großprojekten Interessierte so ziemlich ein Rundum-sorglos-Paket serviert. Aber über die Probeversion könnt ihr euch - genauso wie ich - vom Funktionsumfang des Programms überzeugen.
Neben Papyrus Autor gibt es natürlich auch noch Mitbewerber wie Scrivener, DramaQueen oder Patchwork. Die habe ich bisher selber nicht ausprobiert.
Genug der Vorrede. Ich verrate euch nachstehend die drei Gründe, warum Papyrus-Autor meiner Meinung nach auch für Nicht-Schriftsteller interessant sein könnten - abseits all der von mir als absolut wertig empfundenen Funktionen speziell für Profi-Schreiberlinge.
Welche drei Funktionen von Papyrus-Autor könnten auch für euch interessant sein?
Vorab: Ja, die drei hier vorgestellten Funktionen gibt es auch bei anderen Schreibprogrammen (mal besser, mal schlechter). Aber bei noch keinem Programm habe ich alle drei so kompetent in einer Anwendung kombiniert gesehen.
Um meinen Kollegen Maxe zu zitieren: Das Programm kann mehr [als hier beschrieben], aber die ultimativen Heilsbringer sind die Funktionen nicht. Ich liebe die Stilanalyse. Sie hat meinen Schreibstil besser gemacht. Aber wie so oft mit solchen Systemen, sind sie mit Vorsicht zu genießen.
Und auf geht's zu den drei Funktionen.
Funktion 1: Der Duden-Korrektor
Wer beim Schreiben keinen Flüchtigkeitsfehler in die Tastatur hämmert, der werfe mit der ersten Tastenkappe.
Zwar unterliegen Sprachen keinen Naturgesetzen und was heute als Hochdeutsch gilt, ist letztlich auch nur eine Verästelung im Sprachenbaum von vielen, aber in der schriftlichen Kommunikation sind Rechtschreib- und Grammatikregeln sowas wie Benimmregeln. Und die gilt es, zumindest in der förmlichen Kommunikation, einzuhalten.
Weil auch ich (vor allem ich!) längst nicht alle aktuellen Duden-Empfehlungen in petto habe, nutze ich die kostenlose Chrome-Erweiterung LanguageTool, welche mir die gröbsten Schnitzer in meinen Texten automatisch unterstreicht - aber längst nicht alle. Und wer mit Microsoft Word unterwegs ist, der ist möglicherweise schon eine Weile mit dem Duden-Mentor-Word-Add-in vertraut.
Wie funktioniert der Duden-Korrektor von Papyrus Autor? Unterschieden wird zwischen grünen und roten Unterringelungen. Grün markiert grammatikalische Schnitzer, rot solche in puncto Rechtschreibung.
Okay, Rechtschreibprüfung gibt's auch beim LanguageTool, aber was mich wirklich begeistert, ist die Bandbreite der anhängigen Funktionen - denn:
Mit einem Rechtsklick auf die betreffende Stelle könnt ihr nicht nur die von Duden vorgeschlagene Korrektur übernehmen, sondern auch ein nicht im Duden vorhandenes und deshalb rot unterstrichenes Wort in ein eigenes Wörterbuch übertragen. Künftig wird dieses Wort dann, wenn es ihr eines eurer digitalen Wörterbücher nutzt, nicht als Fehler unterstrichen.
Und klar: Auch mit Google Docs oder LanguageTool könnt ihr eigene Wörterbücher anlegen, aber das ist noch nicht alles.
Daneben gibt es auch Einstellungen über die »Art der Rechtschreibung«, also ob die dahingehende Prüfung konservativ, progressiv oder etwa eine Kombination aus beidem sein soll.
Funktion 2: die Stilanalyse
Wer schon mal einen eigenen Text laut vorgelesen hat, der weiß: »Wie sich ein eigener Text in fremden Ohren anhört, kann den entscheidenden Unterschied ausmachen.«
Damit euch unnötige Füllwörter wie Hilfsverben, redundante Doppelungen oder unzugängliches Beamtendeutsch (Stichwort Nominalstil
) auffallen, gibt es die Stilanalyse.
Wie funktioniert die Stilanalyse? Auch hier läuft vieles über einen Rechtsklick auf die betreffende Textstelle. Im Falle eines Füllworts zum Beispiel könnt dieses entweder löschen oder stehenlassen.
Besonders angetan hat es mir eine Funktion aus dem Klappmenü, die immer dann angezeigt wird, wenn die Stilanalyse in eurem Text Doppelungen erkennt - Papyrus Autor spricht hier von Dubletten. In diesem Fall bietet euch das Klappmenü auch eine Reihe von Synonymen an.
Und was machen redaktionell arbeitende Menschen, die Wolf Schneiders Diktum von der Synonimitis
im Ohr haben? Die ignorieren die markierten Dubletten einfach. Weil in solchen Texten das Verwenden des immer selben Nomens die Nachvollziehbarkeit beim Lesen steigern kann. Oder ihr feinjustiert die Stilanalyse einfach nach eurem Gusto und sagt der Software, ab wie vielen Zeilen Abstand eine Dublette markiert werden soll.
Wolf Schneider war ein deutscher Journalist und Gründer der renommierten Henri-Nannen-Schule. Mit der Synonimitis
meint er den inflationären Gebrauch unterschiedlicher Nomen für denselben Gesprächsgegenstand (beispielsweise »Nuckelpinne« oder »Knutschkugel« anstelle von »Auto«). Diese gilt es laut Schneider zu vermeiden.
Was uns zur Lesbarkeitsanalyse und dem letzten Punkt bringt.
Funktion 3: die Lesbarkeitsanalyse
Bedenkt vorab: Die Lesbarkeitsanalyse ist ein Vorschlag, kein Befehl. Probiert’s mal aus, und konfrontiert einen der berüchtigten Ein-Seiten-Sätze von Thomas Pynchon oder James Joyce mit Papyrus Autor - die Seite wird bei euch vermutlich tiefrot aufleuchten (und trotzdem sind das keine schlechten Texte, sage ich als Hobby-Germanist).
Wie funktioniert die Lesbarkeitsanalyse? Einfach gesagt grundiert euch das Schreibprogramm farblich, welche Textstellen besonders schwer (rot) und besonders leicht (lila) zu lesen sind (mit Farbabstufungen dazwischen).
Schön: Ihr könnt vorgeben, ob der von euch geschriebene Text ein unterhaltendes Werk (wie ein Roman), oder ein Sach- beziehungsweise Fachbuch sein soll. Passend dazu soll die Lesbarkeitsanalyse ausfallen.
Wer hingegen - egal, ob aus beruflichen oder nutzwertigen Gründen - darauf achten muss, dass Texte leicht verständlich und schnell konsumierbar sind, der kann mit der Lesbarkeitsanalyse schnell aufdecken, wo nachgebessert werden muss.
Überhaupt gelingt es mit Lesbarkeits- und Stilanalyse recht gut, eigene sprachliche Schnitzer zu identifizieren. Und mal ehrlich: Unter denen leidet selbst der größte Gebrauchstexteschreiber, Autoren dieses Artikels eingeschlossen.
Werdet ihr einen Testlauf mit Papyrus Autor riskieren, oder konnten die euch hier vorgestellten Vorteile nicht überzeugen? Anders gefragt: Auf welches Schreibprogramm nutzt ihr - und wieso (oder setzt ihr auf eine bestimmte Textverarbeitung aus alter Treue)? Schreibt uns wie gewohnt eure Meinung hierzu gerne in die Kommentare.
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