Seite 2: Sexismus in der deutschen Gaming-Branche: Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel

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Was wir gegen Sexismus tun können

GameStar: Wo und wie können wir Sexismus erkennen?

Maxi: Ich schaue mir immer erstmal mein eigenes Verhalten an. Auch ich verhalte mich manchmal sexistisch, obwohl ich das gar nicht sein will. Deswegen muss man erst sich selbst reflektieren und eine Empathie für andere entwickeln. Erst wenn man die Lage des anderen begreift und sich über sein eigenes Verhalten klar wird, kann man Sexismus identifizieren.

Natürlich hilft es, immer Fragen zu stellen und auch keine Angst davor zu haben das zu tun, egal wie unangenehm einem diese Frage vorkommen kann.

GameStar: Was kann jede/r einzelne gegen Sexismus tun?

Linda Kruse: Je nach Thema sollte man dann natürlich auch das Gespräch suchen und die Situation aufzuklären, um so für mehr Akzeptanz zu sorgen. Wir müssen diese »neue Normalität« noch stärker verlangen. Ich glaube, erst dann wird es auch insgesamt auch besser.

Maxi Gräff: Dinge aus- ansprechen ist sehr wichtig. Das ist unangenehm, aber entscheidend, denn anders weiß die Person eben nicht, dass er oder sie sich falsch verhalten haben.

Linda Kruse: Es ist wichtig, dass jeder offen ist, nicht vorverurteilt und zuhört. Ebenso muss eine Akzeptanz dafür geschaffen werden, wenn etwas nicht okay ist, anstatt Sachverhalte herunterzuspielen. Diese Toleranz und Akzeptanz ist essentiell für einen besseren Umgang.

Ebenso ist es wichtig, eine Art Sicherheit am Arbeitsplatz zu schaffen, sodass wenn ein Mensch ein Problem hat, dieser sich an eine Stelle wenden kann, die offen dafür ist. Darüber hinaus müssen wir Alltagssexismus stärker benennen und dürfen nicht mehr schweigen - erst recht nicht als Kollektiv.

Maxi Gräff: Wenn ich das, was Linda gesagt hat, mit wenigen Worten zusammenfassen müsste, würde ich sagen: Wir müssen Verbündeter sein. Ein Verbündeter hilft dabei, dass jede Stimme im Raum gehört wird.

Als Führungsposition ist es auch wichtig, ein Mentor zu sein und eben seine Mitarbeiter auch in solchen Situationen zu unterstützen und sie generell voranzutreiben, auszubilden und in hohe Positionen zu setzen. Wenn du als Manager merkst, dass das Gehalt von Frauen und Männern unterschiedlich ist, dann liegt es in deiner Verantwortung, Gleichheit zu schaffen.

Jeder einzelne von uns hat je nach seiner Karrierestufe eine ganz eigene Verantwortung und jeder von uns kann etwas tun.

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Linda Kruse: Es ist ganz wichtig, den Personen zur Seite zu stehen, die sich gerade selbst nicht wehren können.

Maxi Gräff: Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, beiden Parteien ein Verbündeter zu sein und nicht nur dem Opfer. Das ist sehr schwierig aber man kann demjenigen, der vielleicht eine blöde Bemerkung gemacht hat, auch beiseite stehen, indem man Fragen stellt oder gemeinsam mit allen eine Lösung findet.

Linda Kruse: Es ist wichtig, dass jeder Einzelne aufmerksam ist und Stellung bezieht. Das beginnt bei den Werten, für die man als Branche stehen will und endet im Vokabular. Also wie sprechen wir Frauen und Mädchen an, sodass sie selbstbewusst sein können und sich nicht ständig hinterfragen müssen.

In der Vergangenheit lief vieles anders. Umso wichtiger ist es, dass wir daraus lernen und es besser machen, sodass wir irgendwann an dem Punkt der Gleichberechtigung ankommen.

Maxi Gräff: Ich glaube, dass jeder Mensch im Kern gut ist. Aus diesem Grund ist mir so wichtig, dass man gemeinsam Lösungen erarbeitet und für alle Parteien ein Verbündeter ist. Das ist leichter gesagt als getan, aber wenn man das schafft, dann kommen wir gemeinsam durch alles durch.

Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel

GameStar: Was würdet ihr euch von den Unternehmen wünschen?

Linda Kruse: Es ist in meinen Augen wichtig, dass Unternehmen eine klare Haltung beziehen und deutlich sagen, welche Dinge erlaubt sind und welche nicht sowie die Einhaltung der »Regeln« oder des »Code of Conduct« aktiv einfordern und durchsetzen.

Maxi Gräff: So eine Kultur steht und fällt mit dem Management. Man kann natürlich als Unternehmen sagen, man steht für Diversität ein. Doch wenn der Führungskreis diese Werte nicht vertritt, dann fällt das System zusammen.

GameStar: Was würdet ihr Frauen raten, die Teil der Branche werden wollen?

Linda Kruse: Ganz klar: Verbündete suchen. Habt keine Scheu davor, Leute, die bereits in der Branche sind, anzuschreiben und offen auf sie zugehen. Nehmt das ruhig in Anspruch. Alternativ könnt ihr auch erstmal auf Branchen-Events gehen oder euch Netzwerke und Meet-Ups anschließen, wo der Austausch unter Frauen im Vordergrund steht. In der Regel lernt man da recht schnell Leute kennen.

Maxi Gräff: Auf jeder Plattform finden sich mittlerweile Frauen aus der Branche, mit denen man sprechen kann und die einem auch klar den Stand der Dinge kommunizieren können. Ich kann verstehen, dass vor allem junge Frauen noch Angst davor haben, ich kann euch aber sagen: Es ist besser geworden und die Gaming-Branche hat bisher eine sehr positive Entwicklung durchgemacht. Wir sind füreinander da und niemand ist allein. Und wenn ihr Fragen habt, Linda und ich helfen euch gerne.

Verbündete suchen, Hilfe finden

Niemand muss sich allein Sexismus, Hass oder anderen Formen der Belästigung alleine stellen. Wer Opfer von sexuellem Missbrauch geworden ist oder Freunde und Bekannte hat, die davon betroffen sind, kann sich an das Hilfeportal des Arbeitsstab des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wenden oder das Hilfetelefon für sexuellen Missbrauch unter der Nummer 0800-22 55 530 (kostenfrei & anonym) kontaktieren.

Der game Verband hat vor kurzem eine Initiative unter dem Namen Hier spielt Vielfalt ins Leben gerufen, an der sich Firmen beteiligen können. Darüber hinaus gibt es einen Best Practice Guide, in dem ihr nachlesen könnt, welche Positivbeispiele es bereits in der Gaming-Branche gibt.

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