Sin City - Wie die Spiel-Umsetzung an Sexismus scheiterte

2007 sollte eigentlich ein Videospiel auf Basis der Comic- und Filmvorlage zu Sin City entwickelt werden. Das Projekte scheiterte jedoch - unter anderem aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen der involvierten Parteien und den sexistischen Ideen des Story-Autors.

Mit der Comic-Verfilmung Sin City haben Robert Rodriguez und Frank Miller 2005 einen Film erschaffen, der aufgrund seiner visuellen und stilistischen Gestaltung heute bei vielen Fans Kultstatus genießt. Und fast hätte es auch eine dazu passende und äußerst vielversprechende Spiel-Umsetzung des Stoffes gegeben.

Das deuten zumindest einige nun aufgetauchte Gameplay-Szenen aus einem Prototypen an. Die wurden offenbar bereits 2007 durch das Studio Transmission Games (ehemals IR Gurus) angefertigt und dem Rechte-Inhaber Red Mile Entertainment vorgelegt.

Inspiriert von God of War

Am visuellen Stil der Film-Vorlage angelehnt, sollte der Spieler in der Spielumsetzung in der Haut von Marv die Vorgeschichte des Films erleben. Dazu hätte er sich in Gassen und Bars mit Fäusten durch allerlei Gegnerhorden geprügelt. Als Inspiration dienten Spiele wie die damals erfolgreichen God of War und Assassin's Creed.

Auch die japanische Assassine Miho (Stealth-Gameplay) und der Privatermittler Dwight McCarthy (Lösung von Rätseln mit Hilfe von Umgebungs-»Scans«) sollten in einigen Abschnitten spielbar sein.

Von Stil und Spielmechaniken überzeugt, genehmigte Red Mile Entertainment das Projekt unter einer Auflage: Millers rechte Hand Flint Dille sollte das Projekt überwachen - und überarbeitete dem Bericht zufolge die Story des Spiels.

Story-Autor erweist sich als Knackpunkt

Doch laut einem Mitglied des Entwicklerteams hatte der eigentlich extra von Miller als Stellvertreter ausgewählte Dille absolut keine Ahnung von der Vorlage - und reduzierte die Story des Spiels nur der reinen Provokation wegen auf frauenfeindliche und sexistische Inhalte.

Während Miller in seinen Comics und dem Film Sex und Gewalt als Stilmittel dazu nutzte, die dunkle und trostlose Welt zu karikieren, setzte Dille diese Elemente angeblich nur dazu ein, Kontroversen zu provozieren. Seine geplanten Änderungen am Konzept:

  • aus Miho wurde Wendy, eine Prostituierte in Latex-Kluft und mit exponiertem Dekolleté
  • aus Dwight wurde Brother Mercy, ein Assassinen-Priester, der am liebsten Kehlen aufschlitzt
  • Marv sollte statt mit Fäusten zu kämpfen lieber Schusswaffen einsetzen - ein kompletter Gegensatz zu seiner aus den Comics bekannten Hintergrundgeschichte

Streit zwischen den involvierten Parteien

Es kam schließlich zum Streit, denn Red Mile Entertainment unterstützte die Vorschläge von Dille und schlug sogar ein Mini-Spiel vor, bei dem der Spieler eine Stripperin durch eigene Tanzeinlagen dazu bringen sollte, ihre Kleidung auszuziehen. Dem Rechte-Inhaber war das bisherige Konzept einfach nicht sexy genug.

Weitere Ideen umfassten etwa eine Neben-Story über Eunuchen, die damit ihren Anfang nehmen sollte, dass Marv einem Gegner in den Unterleib tritt.

Schließlich kam es zu einem Krisentreffen samt klärendem Gespräch zwischen den Entwicklern, Red Mile und Dille - aus dem schließlich ersichtlich wurde, dass die Rechteinhaber mit der Spielumsetzung nun etwas ganz anderes vorhatten als das, an dem Transmission Games fast zwölf Monate lang arbeitete.

Das Sin-City-Spiel sollte nun eine 1:1-Umsetzung der Comic-Vorlage werden.

Das Ende

Doch auch dazu kam es dann nicht mehr: Der Australische Dollar legte an Wert zu, was die dortige Videospiel-Industrie als Ousourcing-Zentrum der US-Videospiel-Branche überflüssig werden ließ. Red Mile entzog Transmission Games daraufhin den Auftrag, wurde selbst von SilverBirch aufgekauft und ging nur wenige Monate später zusammen mit dem neuen Mutterkonzern pleite.

Auch Transmission Games gibt es heute nicht mehr - ebenso wenig wie die geplante Videospielumsetzung von Sin City.

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