Es gibt kaum etwas, wofür Portland besonders bekannt wäre. Klar, hinter der 600.000-Einwohnerstadt im US-Bundesstaat Oregon erhebt sich der majestätische Mount Hood, Nacktbaden und Kiffen haben dort eine lange Tradition. Aber sonst ist nicht viel los. Portland ist nicht unbedingt öde oder trist, aber im besten Sinne ruhig, genau das findet manch Amerikaner an der Stadt ja so nett. Und ausgerechnet dort soll sich vor über drei Dekaden eine der seltsamsten Legenden der Spielegeschichte zugetragen haben.
Nämlich im Jahre 1981: Draußen in der Welt köchelt der Kalte Krieg, die Friedensbewegung gegen Atom- und Neutronenbomben geht auf die Straßen, und Videospiele piepsen und klackern in stickigen Spielhallen. Genau sieben dieser Epizentren des noch jungen Spielertums von Portland werden Anfang des Jahres mit jeweils einem Exemplar eines neuen Automaten bestückt: Polybius. Ein jungfräuliches Arcade-Spiel, das ist für Teenager dieser Tage wie Ostern und Weihnachten zusammen.
Denn auch wenn Pac-Man und die Panzersimulation Battlezone cool sind, ein neues Game ist nun mal ein neues Game. Jede noch so schrottige Spielekiste bedeutet zumindest zeitweilige Abwechslung und Spannung. Doch der Legende zufolge wird sich dieses Spielgerät aus Holz, Blech, Farbe und Leiterplatten als etwas Besonderes herausstellen: das einzig wahre Killerspiel.
Für ein paar Dollar soll ein Gamer vor einigen Jahren auf einem Flohmarkt ein mysteriöses Pokemon-Spiel für den Gameboy erstanden haben: Pokemon Black. Allerdings nicht das Pokemon Black, das 2010 erschienen ist, sondern eine modifizierte Fassung des älteren Pokemon Red – ein Bootleg. Darin startet der Spieler mit einem bisher unbekannten Pokemon namens Ghost. Dessen einzige Attacke heißt »verfluchen«. Und diese färbt den Bildschirm kurz schwarz und lässt die Gegner samt ihrer Trainer einfach verschwinden. Wo man sie einst traf, bleiben nur Grabsteine zurück. Letztlich durchwandert der Spieler irgendwann eine vollkommen leere Welt, in der keine Konkurrenten mehr zu finden sind. Und plötzlich fordert Ghost den Helden selbst zum Duell. Ein Kampf, der auch für den Spieler tödlich endet.
Nachtmahr
Unauffällig schmiegen sich die frischen Automaten zwischen Missile Command, Galaga und Space Invaders. Auch machen sie mit ihrem fast gänzlich in Schwarz gehaltenem Gehäuse nicht viel her; wirken geradezu bieder. Dennoch bilden sich in Hallen wie der Blue Diamond Arcade alsbald lange Schlangen vor den Kisten mit dem neongrünen Schriftzug. Teenager drängeln und streiten lautstark darum, wer als Nächstes einen Vierteldollar einwerfen und spielen darf.
»Viele waren echt aggressiv«, lesen sich Beschreibungen des Geschehens im Internet und in Usenet-Foren. »Sie warfen Geld ein, bis sie keines mehr in den Taschen hatten.« Sicher, das gab es zuvor auch bei Automaten wie Donkey Kong. Bei Polybius bleibt es jedoch nicht dabei. Nicht nur sind viele Spieler vom flackernden Schirm wie hypnotisiert, sie leiden nach dem Zocken auch unter heftigen Kopfschmerzen, Schwindelanfällen, Nasenbluten, Gedächtnisverlust und Schlafstörungen. Einige verlassen die Spielhalle und übergeben sich minutenlang, während andere von bizarren Albträumen geplagt werden.
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