Vielleicht kann man die Geschichte des Stormrise-Fiaskos nachvollziehen. »Wäre es nicht toll«, muss sich jemand bei Creative Assembly (den Machern von Empire: Total War) gedacht haben, »wenn man ein Strategiespiel von unten sehen könnte, quasi ganz nah an den Einheiten?« Die Spielehistorie gibt darauf eine klare Antwort: Nein. Denn wer strategisch planen und schnell reagieren will, braucht Übersicht. Nun hat sich Creative Assembly trotzdem für die Bodenkamera entschieden, und kam damit zwangsläufig zur nächsten Frage: Wie wähle ich Einheiten an, die hinter mir stehen? Wie man darauf die dümmstmögliche Antwort finden kann, beweist Stormrise.
Tantalos-Steuerung
In der fernen Zukunft leben auf der von Naturkatastrophen verwüsteten Erde die hochtechnologischen Echelon und die psi-begabten Mutanten der Sai, die aus eher schleierhaften Gründen aneinander geraten sind. In der 15 Missionen umfassenden Kampagne von Stormrise treten Sie als Kampfanzugsträger Geary auf Seiten der Echelon an, bekommen in der nett erzählten Missionen aber bald Zweifel daran, wer Freund und wer Feind ist. In den überschaubaren Einsatzgebieten befehligen Sie statt Massenschlachten taktische Kommandomissionen, führen aber trotzdem Dutzende von Einheiten ins Feld.
Um einer davon Befehle zu geben, müssen Sie sie zuerst anspringen. Dazu aktivieren Sie mit der rechten Maustaste eine Art Radarstrahl, mit dem Sie auf eines der Truppensymbole zeigen, die auf dem Bildschirm verteilt sind. Dann zoomt das Spiel dorthin. Klingt einfach? Nun ja: Bei größeren Armeen ist Ihr Bildschirm zugepflastert mit identischen Symbolen, die sich zu Haufen zusammenballen. Darin die gewünschte Zieleinheit zu treffen, erinnert an den hungernden Sagenhelden Tantalos, der nach Früchten griff, sie aber nie erreichen konnte.
Dessen Qualen macht Stormrise eindrücklich spürbar: Welche Einheit Sie auch anstrahlen, es ist meist die falsche. Also springen Sie auf gut Glück hin- und her. Weil sich maximal drei Einheiten zu einer Gruppe zusammenfassen lassen, werden Armeebewegungen zur Fitzelarbeit. Wenn der Feind angreift, lasern Sie sich panisch von Trupp zu Trupp, um einzelne Anweisungen zu geben; schnelle Reaktionen sind ausgeschlossen. Wegen der schwammigen Steuerung dauert es obendrein absurd lange, überhaupt ein Ziel anzuvisieren.
Sysiphos-Aufgaben
An sich wären die vielseitigen, klar abgegrenzten Truppentypen mit ihren sinnvollen Spezialfähigkeiten für taktisch fordernde Kämpfe gut. Die Gegner stellen sich jedoch strohdoof an, laufen stur ihr Ziel an, lassen sich dabei niederschießen und ignorieren Beschuss auch gerne mal komplett. Diese geistige Armut gleichen sie durch schiere Masse aus, erdrückende Angriffswellen zwingen Sie zu uninspirierten Abwehrschlachten. Weil der Computer nicht unter der Steuerung leidet, ist er in den Massenkämpfen sogar überlegen; es dauert schlicht viel zu lange, Ihren eigenen Einheiten taktische Kleinanweisungen zu geben. Zumal Ihre Mannen sowieso erst mit Verzögerung reagieren. Wenn der Kampf tobt, heißt es im Wesentlichen: zusehen und hoffen.
Als wäre das alles nicht schon abschreckend genug, schränkt Stormrise seine potenzielle Kundschaft noch weiter ein: Das Spiel läuft nur unter Windows Vista, verlangt eine DirectX-10-Grafikkarte samt horrenden Hardware-Anforderungen und erzwingt die Installation von Games for Windows Live. Was auch immer man sich bei Creative Assembly gedacht hat -- es war falsch.
Weiterführende Links zum Thema:
» Wertungskasten zu Stormrise
» Bildergalerie mit Screenshots aus der Stormrise-Verkaufsverion
» Spieleübersicht zu Stormrise auf GameStar.de mit News, Videos und Kurzclip
» Testbericht zur Xbox 360- und Playstation 3-Fassung von Stormrise (auf GamePro.de)
» Werbung: Stormrise im Preisvergleich und Verleishop
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