Gäbe es im Lexikon einen Eintrag für »Marketing-GAU«, er wäre mit einem Screenshot von The War Zbebildert. Entwickler Hammerpoint Interactive hat in den vergangenen Monaten auch wirklich keinen Fettnapf ausgelassen: fingierte Screenshots, zweifelhafte Account-Sperren, falsche Werbung bei Steam, die dazu führte, dass Valve das Zombie-MMO von der Online-Plattform schmiss … so konsequent hat sich noch kein Studio den eigenen Ruf ruiniert.
Aber wie heißt es doch so schön: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. 15 US-Dollar will Hammerpoint nämlich für die billigste Download-Variante von The War Z haben. Wir finden: Das sind ziemlich genau 15 US-Dollar zu viel. Denn hinter dem ganzen Buhei, den Kontroversen und den Skandälchen, steckt letztlich doch bloß ein unfertiges, verbuggtes und sterbenslangweiliges Spiel.
Das Grundgerüst
Fangen wir von vorne an: The War Z ist ein Zombie-MMO. Von den Spielermassen, die sich etwa in Guild Wars 2, World of Warcraftoder Planetside 2gleichzeitig auf einem Server tummeln, ist The War Z aber weit entfernt. Derzeit liegt die maximale Bevölkerung bei 100 Spielern pro Server. Voll sind zumindest die europäischen Server selten, meist bewegen wir uns mit etwa 50-70 Mitspielern durch die Spielwelt.
Infestation: Survivor Stories (The War Z) - Screenshots ansehen
Davor erstellen wir uns in einem sehr funktionsarmen Editor unseren Charakter. Wir dürfen dabei gerade mal den Namen und das Grundmodell auswählen, und dann aus je vier unterschiedlichen Köpfen, Oberteilen und Hosen wählen. Anschließend starten wir völlig auf uns allein gestellt irgendwo in der Wildnis und haben nur sehr wenig Ausrüstung in unserem Inventar: etwas Nahrung, eine Taschenlampe sowie Bandagen. Das sichert uns zumindest für eine kurze Zeit das Überleben. Gerade die Nahrung brauchen wir, um nicht nach kurzer Zeit zu verhungern.
Die Taschenlampe ist nicht nur bei Nacht hilfreich, sie dient auch als Waffe gegen einzelne Zombies. Gegen Gegnergruppen hingegen sehen wir mit unserem Starterpaket kein Licht. Nach einigen neu erstellten Charakteren beginnen wir übrigens komplett ohne jegliche Ausrüstung, was extrem frustrierend ist.
Und so schleichen wir uns anfangs durch die offene Welt von The War Z, um auch ja keine Zombies anzulocken. In Städten und Militärposten suchen wir nach besserer Ausrüstung: Verpflegung, Medizin und natürlich Schusswaffen sowie Munition. Unser Ziel: Überleben – um jeden Preis. Als Anfänger ist das allerdings nicht ganz einfach, denn die Server quellen förmlich über von hochgerüsteten Spielern und -- noch schlimmer-- Hackern, die sich einen Spaß daraus machen, alles abzuschießen, was ihnen vor die Flinte läuft. The War Z fühlt sich deshalb eher wie ein großes Deathmatch an – und nicht wie ein Zombie-Survival-Spiel.
Da ist der Wurm drin
Grundsätzlich ist am Spielprinzip natürlich nichts auszusetzen -- dass es funktioniert, beweist der durchschlagende Erfolg der ARMA 2-Mod DayZ. War Z klingt zwar ähnlich, erreicht aber nicht ansatzweise die Klasse des Vorbilds. Sicher, wenn wir uns in der Abenddämmerung in ein zombieverseuchtes Dörfchen schleichen, deutlich bessere Ausrüstung finden und anschließend die Flucht schaffen, dann macht das durchaus Spaß.
Das Spiel plagen jedoch zu viele Probleme: So ist die Spielwelt zwar theoretisch völlig offen, vermittelt praktisch aber trotzdem ein sehr schlauchiges Gefühl. Wir stoßen alle Naselang auf unüberwindbare Felsen, und schwimmen können wir auch nicht. Stattdessen laufen wir an Seen oder sonstigen Gewässern kurzerhand gegen eine unsichtbare Wand.Frei unsere eigene Route wählen? Dürfen wir nur bedingt. Eine der größten Stärken von DayZ, die absolut glaubwürdige Spielwelt »Chernarus«, fehlt The War Z also. Zumal Chernarus um einiges größer ist als die »Colorado« getaufte Karte von War Z.
Kleines Beispiel gefällig? Bitte: Nahezu sämtliche Häuser in Colorado sind leer. Und damit meinen wir nicht (nur) leer im Sinne von »dort finden wir keine Ausrüstung«. Wir meinen leer: keine Möbel, keine Küchenzeilen, keine Badezimmer, keine Atmosphäre.
Und dann sind da noch die schon erwähnten Hacker, die an uns vorbeifliegen oder uns mit einem Schuss aus dreihundert Metern Entfernung erledigen. Nach dem x-ten Tod hatten wir keine Lust mehr, uns nochmal einen neuen Charakter zu erstellen. Dabei gibt’s theoretisch ein Anti-Cheat-System. Das heißt passenderweise »FairFight«. Wir sagen »theoretisch«, weil sich Berichte über gesperrte Accounts häufen, deren Besitzer nie gecheatet haben – und es gleichzeitig Spieler gibt, die offen zugeben, dass sie cheaten, und trotzdem noch aktiv sind. Kurz: »Fair Fight« ist ungefähr so fair wie ein Boxkampf zwischen Vitali Klitschko und der Biene Maja.
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