Das deutsche Büro des ehemalige Publishers Jowood Entertainment erhielt nach dem 11. September 2001 wegen einer missglückten Marketingaktion Besuch vom Verfassungsschutz. Diesen durchaus kuriosen Vorfall hat Ralf Adams, zum damaligen Zeitpunkt Producer bei Jowood, in der neuesten und sehr hörenswerten Podcast-Folge von Auf ein Bier zum Besten gegeben.
Hintergrund war ein nicht näher genanntes Strategiespiel im Setting des Dritten Weltkriegs, das eigentlich von Jowood veröffentlicht werden sollte. Nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 sollte der Titel aus verständlichen Gründen um einige Monate verschoben werden, der Publisher wollte keinen Ärger mit der damals heiklen Thematik.
Zum späteren Release konnte die Medienkampagne aber nicht einfach reaktiviert werden, teilweise hatte das Spiel (bei dem es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um World War 3: Black Gold von Reality Pump handelt) bereits Testwertungen erhalten und war bei den Magazinen thematisch schon durchgekaut. Also was tun?
Missglücktes Marketing
Das Marketingteam entschloss sich deshalb, auf Guerilla-Marketing zurückzugreifen: Das Spiel wurde auf unbedruckte Rohlinge gebrannt, per Edding mit »Vorsicht: heiße Ware!« beschriftet und in Briefe gesteckt. Dazu gab es ein Schreiben, das die Anmutung eines Erpresserbriefs hatte. Und per Post gingen die Briefe dann an jeden Bundestagsabgeordneten in Deutschland. Was sollte da schon schiefgehen?
Tatsächlich alles, denn kurz nach dem 11. September folgten in den USA die Anthrax-Anschläge gegen mehrere US-Politiker, über Briefe wurden mehrere Personen mit Milzbrand infiziert. Die Aktion war in einer solch turbulenten Zeit also keine sonderlich gute Idee.
Und so kam es, wie es kommen musste: Eines Tages standen laut Adam plötzlich zwei uniformierte Männer im Büro, sie seien vom Verfassungsschutz. Kurze Zeit später wurde der Geschäftsführer abgeführt, der von der Aktion seines Marketingteams noch nicht einmal etwas wusste. Der ehemalige Chef spreche nach Adam bis heute nicht über das Erlebnis.
Spellforce sollte ein MMO werden
Bei der einzelnen Anekdote belässt es der Branchenveteran nicht: Das von Phenomic stammende und von Jowood veröffentlichte Spiel Spellforce sollte eigentlich ein Online-Rollenspiel werden. Wer heute nochmal den Mix aus Fantasy-Rollenspiel und Echtzeitstrategie spielt, sollte mit diesem Wissen im Hinterkopf spielen. So würden einige Entscheidungen im Gamedesign viel mehr Sinn ergeben.
Spellforce wurde laut Adam nicht nur als MMO geplant, sondern drei bis vier Jahre als MMO entwickeln. So soll eine voll spielbare Version des Online-Rollenspiels existiert haben, die Onlineinfrastruktur war fertig entwickelt. Quasi kurz vor Schluss kam dann die Anordnung von Jowood an die Entwickler, dass man den Titel komplett umkrempeln müsse. Spellforce: The Order of Dawn erschien im November 2003, ein Jahr später ging das MMO World of Warcraft online.
Was die beiden Podcaster Andre Peschke und Ralf Adam mit der Marke Tomb Raider verbindet, lassen wir an dieser Stelle offen und verweisen auf den sehr interessanten und mit etwa 13 Minuten kompakten Podcast.
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