Genre: Action-Adventure | Entwickler: Lince Works | Plattform: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series, Game Pass | Release: 17. September 2021
Ich liebe Aragami 2, aber ich bin auch wütend, weil ich mich betrogen fühle wie jemand, der sich auf die Erlebnistour im Dschungel gefreut hat und dann nur im Hotelgarten herumgeführt wird. Dass ein Entwickler 2021 noch ein klassisches Schleichspiel im Stil von Mark of the Ninja oder Tenchu macht, lässt mein Herz vor Freude in der Brust auf und ab hüpfen.
Aber Aragami 2 ist ein deutlich anderes Spiel als der Vorgänger, das sich ganz Koop und Wiederspielwert verschreibt. Ein harter Kontrast zum atmosphärischen Erkunden und Infiltrieren, der mich nach den ersten Spielstunden neugierig, aber auch besorgt zurücklässt.
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So geht eine Ninja-Fantasie
Aragami 2 bringt den Kampf zu mir nach Hause: Eine Armee fällt ins Land ein, nimmt Geiseln und droht das Dorf der Attentäter zu vernichten. Als eine von vielen treuen Schattenseelen leiste ich Widerstand, klaue Vorräte, meuchle mich durch feindliche Generäle oder berge Schriftrollen mit neuen dunklen Kräften, die dem geisterhaften Raubtier in mir die Krallen schärfen.
Wie im ersten Teil kontrolliere ich die Schatten, lasse sie wie dunkle Arme wachsen, um mir neue Verstecke zu bauen, locke Feinde mit einem heimtückischen Flüstern in die Falle, gleite wie ein tödlicher Blitz über den Boden oder schnelle hoch zu einem Vorsprung, um einem Feind von oben meinen körperlosen Dolch in den Hals zu rammen. In diesen Momenten gehe ich ganz in der düsteren Attentäter-Fantasie auf.
Mehr Freiheit kann schlecht sein
Aragami 2 fühlt sich trotzdem nicht so intim an wie der Vorgänger - weniger brenzlig, obwohl ohne Speicherpunkt theoretisch mehr Fortschritt pro Mission auf dem Spiel steht. Im ersten Teil war ich trotz meiner Macht verletzlich, wehrlos, sobald ein Lichtstrahl meine Kapuze streifte. An direkten Kampf war nicht zu denken und mehr als einmal brachten Fallen, Laternen oder die Krieger des Lichts mich in Bedrängnis, als ich Prinzessin Yamiko aus ihren Fängen befreien wollte.
Zumindest in den ersten Missionen ließen sich die Feinde jetzt leicht aushebeln. Wer ratlos neben einer gefundenen Leiche stehen bleibt oder ungerührt über Blutspuren stampft, braucht sich nicht wundern, wenn ihn dasselbe Schicksal ereilt. Und falls ich doch entdeckt werde, darf ich mich nun im Zweikampf wehren und meinen Feinden mit Paraden, Kontern und Ausweichrollen auf der Nase rumtanzen.
Das steuert sich geschmeidig, aber nimmt mir weiter an Fallhöhe: Nur größere Gegnergruppen bringen mich in Bedrängnis, obwohl ich allein unterwegs bin.
Assassinen sind Rudeltiere
Aragami 2 lässt sich zwar im Singleplayer zocken, ich höre die Schatten aber aus jedem dunklen Gebüsch raunen: Spiel mit Freunden, hol dir eine schickere Rüstung, verbessere dein Mission-Ranking und na hoppla, hast du vielleicht bei Auftrag 3 die zweite Statue hinten links vergessen?
Der Koop hat sich vom netten Beiwerk beim ersten Teil zur Hauptattraktion gemausert. Von meinem Dorf als Hub breche ich im Idealfall mit zwei Freunden oder Fremden per Matchmaking auf, um Missionen immer wieder anzugehen, schraube an meinem Score oder sammle Geld und Entwürfe, um mit der schicksten Ninja-Kluft zu prahlen.
Auch wenn ich den Multiplayer noch nicht selbst ausprobieren konnte, stelle ich es mir sehr launig vor, feierabends mit Freunden zusammen die Gegner ordentlich aufzumischen, Ablenkungsmanöver zu starten oder unsere Ausrüstungen und Kräfte zu kombinieren, gerade wenn es später anspruchsvoller wird und die Areale wachsen.
Ich bin nicht die einzige, die das lautlose Vorgehen stundenlang vor den Bildschirm fesselt. Im Report schauen wir uns die Faszination Schleichspiele genauer an.
Fast schon ein Rollenspiel
Denn über Items, Rüstungen, Waffen, Skills und Runen lassen sich überraschend komplexe Rollenspiel-Assassinen bauen, die als Team wie eine gute geölte Maschine ineinandergreifen. Beutejagd und Koop füllen deutlich mehr Abende als eine knappe Singleplayer-Story (Hallo Monster Hunter!), die Entwickler schlagen also eine kluge Richtung ein.
Aber das beißt sich mit der Vorstellung des einsamen Wolfes, der sich mit einer Übermacht misst, wohlwissend, dass er ohne die richtige Taktik klar im Nachteil ist. Selbst ein einzelner Rachegeist fühlt sich für mich zu mächtig an und der ständige Sprung in den Hub reißt mich jedes Mal aus der Story. Während mir Yamikos Rettung wirklich am Herzen lag, bleiben die Aragami bisher nicht nur aufgrund ihrer Masken gesichtlos.
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