4. Normale Mechaniken werden zu Kampagnen-Highlights
Sehr gut hat uns wiederum gefallen, wie die Story bemerkenswerte Augenblicke selbst um gewöhnliche Spielmechaniken spinnt. Da wäre etwa der Herausgeber unserer Zeitung. Im freien Spiel ist der einfach von Anfang an dabei. In der Kampagne schalten wir ihn mit einer eigenen Mission frei, in deren Verlauf wir ihn von Edwards Insel retten. Und die erste Ausgabe seines Blatts ziert ein von uns selbst gemachtes Foto: Sobald wir unseren ersten Hafen erbaut haben, dürfen wir ihn knipsen und das Bild prangt auf der Titelseite. Eine schöne Idee, die Zeitung mit Extra-Flair einzuführen!
Aber auch im storylosen Endlosspiel ist sie ein interessantes Feature. Denn die regelmäßig erscheinenden Artikel berichten immer direkt über unser jüngstes Schaffen. Da preist der Journalist dann etwa unsere jüngsten Siege auf See - kritisiert aber auch, dass unsere Bürger immer noch nicht die Nähmaschinen haben, die sie so dringend fordern. Zumindest, wenn wir ihn lassen! Wir können ihn auch zu Propaganda-Artikeln zwingen.
Dann druckt er stattdessen: »Ihr seid glücklicher, als ihr denkt!« Jeder Artikel hat handfeste Auswirkungen, sei es nun auf die Zufriedenheit unserer Bürger oder unsere Steuereinnahmen. Propaganda kostet allerdings wertvolle Einflusspunkte, also können wir nicht einfach jeden Artikel nach unserem Gusto gestalten. Das macht die Zeitung gleichermaßen stimmungsvoll wie strategisch.
5. Die KI hat Persönlichkeit - aber noch nicht genug
Anders als in Anno 2205 ringen wir in Anno 1800 wieder mit KI-Kontrahenten auf der gleichen Karte um die Wette. Was wir erst einmal vollständig begrüßen: Die Damen und Herren füllen die Map mit Leben und einem Hauch von Persönlichkeit. Denn jeder Feind ist ein eigener Charakter mit eigenen Vorlieben.
Der künstlerisch veranlagte Artur Gasparov mag es etwa gar nicht, wenn wir unsere schöne Insel mit schmutzigen Fabriken zukleistern. Industriebaron Carl Leonard von Malching dagegen beglückwünscht uns sogar dafür! Kein Erfolg ohne schmutzige Hände ist seine Devise. Dafür wird er mürrisch, wenn wir schneller expandieren als er. Das macht es schwerer, mit ihm Handelsabkommen zu schließen und kann sogar dazu führen, dass er uns den Krieg erklärt.
Schade fanden wir allerdings, dass sich diese Vorlieben optisch kaum niederschlagen. Leonard baute nicht merklich mehr Industriegebäude als Gasparov, und von Gasparov hätten wir eine wunderschöne Insel voller Parkanlagen erwartet. Die Entwickler kündigten in einem Blogeintrag eigentlich an, dass die KI-Figuren sichtlich unterschiedlich bauen sollen. Möglicherweise wird sich das erst auf höheren Technologiestufen zeigen. Bislang waren wir von ihrer baulichen Vielfalt aber eher enttäuscht.
6. Der Computer stellt sich längst nicht schlau genug an
Unser größter Kritikpunkt an der KI - und an Anno 1800 ganz allgemein - war allerdings, dass sie in unserer Preview schlichtweg noch nicht genug auf dem Kasten hatte. Gasparov machten wir uns schon mit unseren ersten Fabriken derart spinnefeind, dass er mit Kanonenbooten anrückte - und gnadenlos unterging.
Das eigentliche Problem folgte aber danach: Er war offensichtlich besiegt, kam aber nie auf die Idee, um Frieden zu bitten. Stattdessen schickte er seine Handelschiffe beharrlich immer weiter an unserem Hafen vorbei. Völlig unbewacht! Weil unsere dort stationierten Pötte und Hafenkanonen immer automatisch das Feuer eröffneten, schaffte er es nie, eine neue Insel zu kolonisieren. Hegte aber stetig weiter einen Groll gegen uns, der es uns nie erlaubte, Frieden zu schließen. Damit steckte ein kompletter KI-Spieler in einer Schleife fest, die ihn quasi neutralisierte.
Unser regelmäßiges Schiffeversenken machte uns obendrein noch derart beliebt bei den neutralen Piraten, dass die uns nie störten. So kamen wir schon nach fünf Stunden an den Punkt, dass keiner der Computercharaktere uns noch irgendwelche Steine in den Weg legte. So sehr wir uns auch über ihre Rückkehr gefreut haben, daran muss Ubisoft bis zum Release noch dringend feilen. Derart geringe Herausforderung könnte sonst massiv auf die Langzeitmotivation schlagen.
7. Es gibt fantastisch viel zu tun
Und es wäre eine Schande, wenn die KI die Langzeitmotivation ruinieren würde - denn spielmechanisch hat Anno 1800 das Zeug, uns an den Bildschirm zu fesseln wie lange kein Aufbauspiel mehr! Die Kerndisziplinen des Genres meistert es mit Bravour: Es gibt immer etwas zu optimieren, immer etwas zu tüfteln, und plötzlich war's vier Uhr in der Nacht und wir saßen immer noch da und haben an unseren Produktionsketten geschraubt.
Dafür sorgen klassische Mechaniken wie die Tatsache, dass Waren jetzt wieder simuliert werden und wir tatsächlich drauf achten müssen, die Wege von Farm zu Mühle zu Bäcker zu Warenhaus so kurz wie möglich zu gestalten. Aber auch viele der neuen Ideen fügen sich exzellent ein und geben uns mehr Stellschrauben. Zum Beispiel, dass wir nun auf Arbeitskraft verschiedener Schichten achten müssen. Es ist sicher klasse, mehr Handwerker auf der Insel zu haben, Aber nicht vergessen, dass wir immer noch Farmer brauchen, die auf dem Feld zu schuften bereit sind. Selbst der anspruchsvollste Handwerker will ja nicht auf Grundnahrungsmittel wie Brot verzichten!
All diese Mechaniken greifen exzellent verzahnt ineinander und geben uns jede Menge zu tun. Abzuwarten bleibt nur noch, wie lange Anno 1800 das aufrecht halten kann. Das Endgame und einige der komplexesten Features wie Elektrizität und Eisenbahn konnten wir ja noch nicht spielen. Gerade daran wird sich aber entscheiden, ob eine Endlospartie nun 20, 50 oder gar 100 Stunden motiviert!
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