Anno 1800: Season 4 ist eine fantastische Idee, aber eine noch größere Herausforderung

Meinung: Wie aus dem Nichts überraschte Ubisoft mit der Ankündigung einer vierten Season für Anno 1800. Eine tolle Nachricht, doch leicht wird das nicht.

Kleiner Blick hinter die Kulissen: Ich habe in den letzten Wochen schon ein paar mal darüber nachgedacht, wie man gegen Ende des Jahres Anno 1800 nochmal in einem Artikel würdigen kann. Für mich ist das Spiel nämlich auch 2021 wieder das beste Aufbau-Erlebnis gewesen. Allerdings schien es mir so, als würde diesem Meilenstein dann doch so langsam der Treibstoff ausgehen.

Nach Season 3 blieb der Eindruck eines fulminanten Abgesangs. Der Kreuzer segelt Richtung Sonnenuntergang, in einen sicheren Hafen. Die Passagiere winken ergriffen mit weißen Taschentüchern.

Aber dann kommt Ubisoft und grätscht mir einfach rüde in die Weihnachtsplanung. Das wars mit meinem emotionalen Abschieds-Artikel zu Anno 1800, der viele sicherlich zu Tränen gerührt hätte. Denn der Kreuzer tuckert munter weiter - niemand weint, alle freuen sich.

Und ich ebenso, denn plötzlich ist es vorbei mit der Melancholie. Ich bin wieder voll im Anno-Fieber und denk darüber nach, wie ich meine Neue Welt etwas aufhübschen kann, bevor die ersten DLCs eintrudeln. Gleichzeitig dämmert mir, dass Season 4 es deutlich schwerer als alle anderen davor haben wird.

Der Autor

Fabianno arbeitet ungefähr genau so lange bei GameStar, wie Anno 1800 existiert, also seit 2019. In dieser Zeit hat er sich dauerhaft mit diesem Aufbauspiel beschäftigt und jedes Jahr dutzende Stunden darin verbracht. Sowohl im Koop als auch alleine. Inzwischen zählt er Anno 1800 nicht nur zu seinen liebsten Aufbauspielen, sondern hält es sogar für das beste Anno und einen wahren Meilenstein. Das verdankt Anno laut Fabiano auch seinem vorbildlichen Umgang mit Zusatzinhalten und Season Passes.

Das Erfolgsgeheimnis der Anno-DLCs

Aber bleiben wir erst einmal bei der Vorfreude. Gemessen an den ersten Kommentaren bin ich nicht der einzige, der sich über noch mehr Content für das Aufbauspiel freut. Mittlerweile ist es kaum vorstellbar, dass das Season-Konzept anfänglich bei einigen Fans Bauchschmerzen verursachte. Darunter auch bei unserem Anno-Veteranen Heiko:

Anno 1800 - Warum der neue DLC-Plan nicht gut zur Serie passt Video starten 14:07 Anno 1800 - Warum der neue DLC-Plan nicht gut zur Serie passt

Aber diese Zweifel haben die Entwicklerinnen und Entwickler bei Ubisoft Mainz ziemlich konsequent ausgeräumt. Niemand, der Land der Löwen, Dächer der Stadt oder Speicherstadt gespielt hat, trauert den Addons früherer Tage nach. Kann ich mir zumindest nicht vorstellen.

Die DLC- und Season-Politik hat sich als voller Erfolg herausgestellt und ein Anno hervorgebracht, das schlichtweg seinesgleichen sucht. Klar, will man alles haben, dann zahlt man inzwischen ganz schön viel Geld. Mit Hauptspiel locker über 100 Euro, sofern man nicht während einer Rabatt-Aktion zuschlägt. Und das sind nur die Season-Passes, theoretisch kann jeder noch mal für kosmetische Inhalte draufzahlen.

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Aber dafür bekommt man eben auch ein Paket, dass sich in seiner Gesamtheit stets vollständig anfühlt. Die DLCs sind viel mehr als nur durchweichtes Treibgut, dass losgelöst an der Oberfläche schwimmt. Jeder DLC bereichert die Spielerfahrung, fügt sich fast nahtlos ins bestehende Spiel ein und hat damit eine vollkommen verständliche Daseinsberichtigung. Selbst Botanika, das für sich genommen den Kaufpreis zwar kaum rechtfertigt, als Teil des ersten Season Passes aber tolle neue Optionen bietet.

Dank der DLCs hat Anno eigentlich inzwischen das 19. Jahrhundert hinter sich und erinnert eher an ein Anno 1900. Anders wäre so ein Spiel wegen der Quersummen-Regel auch gar nicht möglich gewesen. Dank der DLCs hat Anno eigentlich inzwischen das 19. Jahrhundert hinter sich und erinnert eher an ein Anno 1900. Anders wäre so ein Spiel wegen der Quersummen-Regel auch gar nicht möglich gewesen.

Ein neues Anno? Brauch ich (noch) nicht

Deshalb kann ich persönlich den vereinzelten anderen Stimmen noch nicht zustimmen, die sich statt einer weiteren Season lieber wünschten, Ubisoft Mainz würde so langsam den Fokus auf das nächste Anno legen. Ich glaube, Anno 1800 hat tatsächlich noch Potenzial. Vor allem aber wüsste ich derzeit nicht, wo ich Anno als nächstes gerne sehen würde.

Es wird eine extrem schwierige Aufgabe für das Team, Anno 1800 nachzufolgen. Selbst das Grundspiel ohne DLCs war ja bereits eine Meisterleistung. Um einen Nachfolger in derselben Qualität zu liefern, braucht es Zeit. Und wer weiß, welche neuen Ideen die Arbeit an den DLCs alles so hervorbringen können? Ich glaube, ich könnte sogar noch drei oder vier Jahre auf das nächste Anno warten. Also in etwa so viel Zeit, wie ich ohnehin brauche, um alles in Anno 1800 zu erledigen.

Neue Endgame-Herausforderung ... für die Entwickler

Bei all der Vorfreude bin ich aber gleichsam gespannt wie nie, was mich in Season 4 erwartet. Anders als noch bei Season 3 weiß ich aktuell noch gar nichts über die neuen DLCs. Es ist nur bekannt, dass man dieses Mal DLCs für die Neue Welt entwickelt. Das klingt sinnvoll, da es wahrlich genug Regionen gibt und die Optimierung der Alten Welt in der letzte Saison schon sehr zielführend war.

Die Neue Welt wird in Season 4 noch umfangreicher überarbeitet. Die Neue Welt wird in Season 4 noch umfangreicher überarbeitet.

Trotzdem bin ich noch unschlüssig, was mir diese DLCs eigentlich bieten sollen. Ich zweifle nicht daran, dass es viel gibt, was der Neuen Welt fehlt. Es wurden etwa bereits größere Inseln angedeutet und danach verzehre ich mich geradezu. Aber meiner Meinung nach besteht die größte Herausforderung darin, uns nicht noch weiter zu überfordern.

Anno 1800 hat, wie ich finde, mit Dächer der Stadt seinen kritischen Punkt erreicht. Noch komplexer und das Spiel wäre nur noch für eine ziemlich spitze Zielgruppe geeignet. Es fühlt sich schon ein wenig so an, als müsste man für die Hochhäuser gnadenlos effektiv sein und meisterhaft planen, oder alternativ sehr viel Zeit und Geduld aufwenden. Wer lieber entspannt spielt, wird sich damit schwerer tun. Ich spiele beispielsweise schon jetzt am liebsten im Koop, weil mir sonst alles über den Kopf wächst.

Ich hoffe deshalb, dass Season 4 Anno 1800 sinnvoll erweitert ohne die Komplexität ins Absurde zu treiben. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht ist. Und offenbar ist eine Reaktion darauf das Einführen von Szenarien. Das wirkt ein wenig, als wolle man die Neuerungen fürs Endlosspiel klein halten und mit losgelösten Szenarien den DLC unabhängig davon aufwerten.

Season 4 muss also einerseits an die Erfolge der ersten drei anknüpfen, mit denselben Stärken aufwarten und gleichzeitig darf man nicht riskieren, dass Anno 1800 vor Komplexität in Flammen aufgeht.

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