GameStar: Ab wann spricht man von einer Computerspiel-Sucht?
Grüsser-Sinopoli: Bei der nichtstoffgebundenen Sucht, der Verhaltenssucht, werden keine bewusstseinsverändernden (psychotropen) Substanzen von außen zugeführt oder eingenommen; der gewünschte, als Belohnung empfundene psychotrope Effekt (Kick-Erleben, Entspannung, Ablenkung) stellt sich durch körpereigene biochemische Veränderungen ein, die durch bestimmte exzessiv durchgeführte Verhaltenweisen ausgelöst werden. Gemeinsames Merkmal der verschiedenen Formen der Verhaltenssucht ist somit die exzessive Ausführung des Verhaltens, also eine Ausführung über das normale Maß hinaus. Da ist jedoch nur ein gemeinsames Merkmal und nicht der alleinige Hinweis! Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass nicht alle Verhaltensweisen, die über einen längeren Zeitraum hinweg exzessiv durchgeführt werden, immer gleich süchtig durchgeführte Verhaltensweisen sind. Das exzessive süchtige Verhalten hat als effektive (kurzfristig) jedoch inadäquate Stressverarbeitungsstrategie eine zur Suchtmittelwirkung vergleichbare Funktion. Grundsätzlich geht es darum, dass von den Betroffenen durch den Suchtmittelgebrauch oder auch durch exzessives, belohnendes Verhalten (z. B. intensive Computer-/Internet-Nutzung, pathologisches Spielen, exzessives Kaufen, exzessives Sport treiben) schnell und effektiv Gefühle im Zusammenhang mit Frustrationen, Ängsten und Unsicherheiten reguliert werden.
Zentrale Merkmale des Störungsbildes Computerspiel-Sucht sind:
- Einengung des Verhaltensmusters: Durch die herausragende Bedeutung wird das Computerspielen zur wichtigsten Aktivität des Betroffenen und dominiert sein Denken (andauernde gedankliche Beschäftigung, auch verzerrte Wahrnehmung und Gedanken in Bezug auf das Computerspielen), seine Gefühle (unstillbares und unwiderstehliches Verlangen) und sein Verhalten (Vernachlässigung sozial erwünschter Verhaltensweisen).
- Regulation von negativen Gefühlszuständen (Affekten): Durch die beim Computerspielen verspürte Erregung (Kick- oder Flow-Erlebnisse) oder Entspannung («Abtauchen») werden negative affektive Zustände im Sinne einer vermeidenden Stressbewältigungsstrategie verdrängt.
- Toleranzentwicklung: Die gewünschte Wirkung durch das Computerspielen kann nur durch zunehmend häufigere oder längere Computerspielzeiten (möglicherweise auch durch immer extremere Spielinhalte) erzielt werden, bei gleichbleibenden Spielzeiten bleibt der gewünschte affektregulierende Nutzen vom Computerspielen aus.
- Entzugserscheinungen: Bei verhindertem oder reduziertem Computerspielen treten diese in Form von Nervosität, Unruhe und/oder vegetativer Symptomatik (Zittern, Schwitzen etc.) auf.
- Kontrollverlust: Das Computerspielverhalten kann in Bezug auf zeitliche Begrenzung und Umfang nicht mehr kontrolliert werden
- Rückfall: Nach Zeiten der Abstinenz oder Phasen kontrollierten Computerspielverhaltens kommt es beim Betroffenen zu einer Wiederaufnahme des unkontrollierten, exzessiven Computerspielen
- Durch eindeutig schädliche Konsequenzen für Beruf, soziale Kontakte und Hobbys aufgrund des exzessiven Computerspielens kommt es zu zwischenmenschlichen Konflikten zwischen Betroffenem und der sozialen Umwelt beziehungsweise innerpsychischen Problemen beim Betroffenen selbst.
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