Seite 5: Diablo 3 - Auktionen gegen echtes Geld

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Unsere Meinung zum Auktionshaus

Michael Graf: Hut ab, Blizzard, welch clevere Idee. Zumindest aus marktwirtschaftlicher Sicht. Ich denke zwar, dass viele Monsterjäger anfangs vor den Echtgeld-Auktionen zurückschrecken werden, irgendwann wird das System aber ins Rollen kommen. Denn die wöchentlichen Gratis-Auktionen werden Spieler anlocken, ausprobieren kostet nichts. Und wer einen Gegenstand für 50 Cent verkauft hat, wird ihn beim nächsten Mal vielleicht für einen Euro anbieten. Wer einen Euro verdient hat, wird dann denken: »Hm, ich steigere mal bei ein paar Items mit, ich habe ja nichts zu verlieren.«

So dürften sich selbst Spieler, die sonst niemals auf Ebay & Co. mit Diablo-Kram handeln würden, auf die komfortablen Battlenet-Auktionen einlassen. Wie gesagt, ein cleveres System. Und eines, mit dem Blizzard früher oder später ordentlich Geld scheffeln kann. Daran ist nichts Verwerfliches, schließlich gibt’s auch Auktionen gegen Gold – kein Spieler wird gezwungen, mit Echtgeld zu handeln. Auch die Balance-Frage stellt sich für mich nicht. Weil die PvP-Schlachten sowieso nur uninteressantes Beiwerk sind ist mir schnuppe, ob ein Rivale besser ausgerüstet ist als ich. Er hat ja schließlich dafür bezahlt.

Kniffliger ist der moralische Aspekt. Denn Blizzard unterstützt mit dem Auktionshaus das Farming, also das gezielte Dauersammeln von Gegenständen, um sie dann zu verkaufen. Und insbesondere asiatische Farmer schuften häufig für einen Minilohn und unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen in »Sweatshops«. Blizzard nimmt es also nicht nur hin, dass irgendwo in Sichuan 20 Chinesen in eine dunkelfeuchte Kammer gesperrt und rund um die Uhr zum Sammeln von Gegenständen gezwungen werden – Blizzard unterstützt es sogar.

Als ich den Chefentwickler Jay Wilson darauf anspreche, entgegnet er: »Wir denken zwar über solche moralischen Fragen nach, sie spielen für uns aber keine Rolle. Wir konzentrieren uns eben darauf, tolle Spiele zu entwickeln.« Mit Verlaub, Mister Wilson, das ist schwach. Natürlich stören die Item-Sammler in Diablo 3 niemanden, weil sie ihre Gegenstände in Solo-Partien anhäufen können. Aber dass Blizzard als zweite namhafte Firma nach Sony die Ausbeutung von Farmern unterstützt, ist alles andere als ruhmreich. Schließlich hätten die Entwickler ja auch auf das Echtgeld-Modell verzichten und ausschließlich Spielgold-Auktionen anbieten können. Nur dass die eben keinen Gewinn abwerfen würden.

Ebenfalls spannend bleibt die Frage nach dem Verbraucherschutz. Blizzard kann lang und breit auf seine Nutzungsbedingungen verweisen, wenn es um Rückzahlungen und Minderjährige geht. Es wird aber garantiert Fälle geben, in denen Minderjährige Items kaufen – auf Rechnung ihres Vaters, ihres Bruder, ihres Nachbarn. Dass sich der Verbraucherschutz dann mit Blizzards »Wir zahlen nichts zurück«-Haltung abfindet, halte ich für unwahrscheinlich.

So oder so: Das Auktionshaus wird sich zur Kontroverse aufblähen. Ich habe bei Entwicklerbesuchen selten erlebt , dass die Journalisten derart wild diskutierten: Ist das Auktionshaus nun eine geniale Komfortidee oder eine moralisch verwerfliche Gelddruck-Maschine? Vermutlich beides, ein genial-verwerflicher Profit-Geistesblitz. Oder so ähnlich. Und zudem ein Fingerzeig, dass Blizzard eines immer noch kann: Die Spielebranche ordentlich aufrütteln.

5 von 5


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