»Eines Morgens wachte ich auf und Dalsarius war tot.« Es ist 2015 und Joe Marino ist Twitch-Streamer. »Ich war richtig angepisst! Wir wollten doch zur Videospielmesse PAX!« Jeden Morgen, wenn Joe mit seinem Kanal »Geekdomo« loslegt, kommt »Dalsarius82« in seinen Stream und bringt seine Zuschauer zu ihm mit. »Es war einfach perfekt, so ein lieber Kerl«. Und dann fällt Dalsarius einfach um und ist tot. Herzversagen.
»Das kann nicht richtig sein«, erzählt Joe. »Der Typ war zehn Jahre jünger als ich und fällt tot um nach seinem Stream. Da kann etwas nicht stimmen.« Zu diesem Zeitpunkt ist Twitch Joes Leben. Jeden Tag streamt der US-Amerikaner Spiele, zwölf Stunden am Stück, danach sitzt er noch länger am Rechner und entwickelt gemeinsam mit Freunden einen Chatbot, »der erste webbasierte Bot auf Twitch!«.
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Bis zu 16 Stunden am Tag verbringt Joe am Rechner, über Wochen, Monate hinweg. Seine Fans lieben ihn dafür. Mit Twitch verdient Joe ein paar Tausend Dollar im Monat. Doch dann merkt er etwas. Er kriegt immer schwerer Luft. Wenn er mit seiner Frau, den Kindern, dem Hund Spaziergänge macht, laufen ihm alle davon. Er ist langsam, träge.
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»Und ich dachte an Dalsarius und denke mir, ich sollte vielleicht zum Arzt, nur für ein paar Tests«, sagt Joe. Zwölf Stunden später liegt der damals 42-Jährige im OP-Saal. Er braucht einen dreifachen Bypass, sonst drohe Herzversagen. Joe überlebt. Zwei Jahre später schreibt er einen Blog-Post, der um die Welt geht. Die Überschrift: »Dying to stream«, Sterben für den Stream. Er schreibt, wie ihn Twitch fast das Leben gekostet hat. Und: Er ist nicht allein.
Sie geben alles, sie geben zu viel
Twitch ist eine Macht. Es ist die im Moment vielleicht wichtigste Plattform für Videospiele. Die Titel, die täglich am meisten gestreamt werden, prägen Gaming, Entwickler und die öffentliche Wahrnehmung von Spielen. Ganze Veröffentlichungsstrategien für Spiele werden inzwischen auf Twitch abgestimmt.
So startete etwa der Battle-Royale-Shooter Apex Legends nicht mit Werbespots im Fernsehen oder mit großen Testberichten in Fachmagazinen, sondern als Stream auf Twitch. Drei Tage nachdem populäre Streamer wie Tyler »Ninja« Blevins den Shooter in ihren Streams zeigten, verzeichnete Apex Legends laut EA über zehn Millionen Spieler. Eine Million Dollar, so viel war EA der Apex-Stream von Ninja wert, berichtet der Nachrichtendienst Reuters.
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