Eine bessere Videospiel-Serie gab es noch nicht! Warum The Last Of Us für mich so genial war

Jan analysiert, warum ihn die Serie zum Spiel so abholen konnte. Für ihn findet The Last of Us genau den richtigen Spagat zwischen Werktreue und sinnvoller Erweiterung.

Vielleicht seid ihr wie ich und wartet schon seit eurer Kindheit auf eine Videospiel-Umsetzung, die euch endlich vom Hocker haut und dem gerecht wird, was ihr euch schon immer vorgestellt habt.  

Ich persönlich bin ein großer Serien-Fan und hoffe daher schon lange auf eine Serie, die eines meiner Lieblingsspiele wenigstens zufriedenstellend darstellt. Die Messlatte lag bisher also nicht sonderlich hoch.  

Mit The Last of Us hat HBO eine Serie über eines meiner Lieblingsspiele veröffentlicht, die meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern auch übertroffen hat. 

Was die Serie über das ursprüngliche Naughty Dog-Game meiner Meinung nach zu einer der besten Videospiel-Umsetzungen macht, lest ihr in diesem Artikel. 

Worum geht's in The Last Of Us? (Spoilerfrei)

joel und Ellie im The Last of Us Remake auf der PS5. (Bild: Sony) joel und Ellie im The Last of Us Remake auf der PS5. (Bild: Sony)

Für alle diejenigen von euch, die die Serie oder das Spiel noch nicht gesehen haben, hier eine kurze Zusammenfassung:

In der Welt von The Last of Us bricht im Jahr 2003 eine weltweite Pandemie aus. Dabei geht es allerdings nicht um Viren, sondern um Pilze. Der parasitäre Fungus Cordyceps befällt einen Großteil der Menschheit und verwandelt sie in zombieähnliche Wesen, aus denen Pilz-Wüchse sprießen.  

Der Schmuggler Joel und seine Partnerin Tess werden 20 Jahre nach der Apokalypse damit beauftragt, ein Mädchen namens Ellie zu einem weit entfernten Geheimversteck zu bringen. Dabei müssen sie sich durch Horden von Cordy-Zombies kämpfen und mindestens genauso brutalen Menschen entkommen - oder andersherum.

Was macht The Last of Us so gut?

Ellie und Joel in der HBO-Serie. (Bild: HBO) Ellie und Joel in der HBO-Serie. (Bild: HBO)

Es gibt viele Dinge, die eine Serie richtig machen muss, um nicht in der mannigfaltigen Flut an Content unterzugehen: glaubhafte Schauspieler, gute Sets, ein spannendes Skript, kreative Kameraarbeit und so weiter. 

Eine Videospiel-Umsetzung muss zusätzlich zu den herkömmlichen Herausforderungen auch noch weitere Hürden meistern: Wird das Gameplay in der Serie widergespiegelt? Sehen die Charaktere, Waffen, Kostüme und Effekte aus wie Spiel? Und vielleicht das schwierigste von allem: Kann die Serie die fehlende Interaktion aus dem Spiel mit gutem Storytelling und ausgefeilten Persönlichkeiten ausgleichen?

Wie ich das sehe, muss die Serie oder der Film die Schwächen des Mediums Videospiel für sich nutzen und diese Lücken füllen, ohne sich allzu weit vom Ursprungswerk zu entfernen. Zu häufigen Schwächen im Storytelling von Games gehören unter anderem flache Charaktere, wenige Details zur Spielwelt oder deren Parteien und offene Fragen zur internen Logik.

All diese Herausforderungen meistert The Last of Us meiner Meinung nach mit Bravour. Beispiele gefällig? Die gibts jetzt in Listenform:

1. Sinnvolle Ergänzungen der Spielwelt

Nick Offerman und Murray Bartlett spielen Bill und Frank. Zwei Männer die sich nach dem Cordyceps-Ausbruch ineinander verlieben. (Bild: HBO) Nick Offerman und Murray Bartlett spielen Bill und Frank. Zwei Männer die sich nach dem Cordyceps-Ausbruch ineinander verlieben. (Bild: HBO)

Auch wenn das Spiel von Naughty Dog schon eine starke cineastische Vorlage bietet, schafft es die Serie fehlende Informationen nachzuliefern, ohne dass es sich nach einer Veränderung der Spielwelt anfühlt. Die Militärdiktatur der Fedra-Organisation wird im Spiel zum Beispiel kaum beleuchtet. In der Serie erfahren wir allerdings viel mehr von Fedras Struktur, von Militärschulen oder von der Gründung der QZs (Quarantine Zones), also der Rückzugsorte der Menschen.

Die Liste an sinnvollen Ergänzungen ist lang. Das beste Beispiel ist allerdings die dritte Folge. Eine der wahrscheinlich berührendsten Serien-Episoden, die ich je gesehen habe. Kurz zusammengefasst, geht es um ein homosexuelles Paar, das sich nach dem Cordyceps-Ausbruch kennengelernt hat und den Rest seines Lebens miteinander verbringt.

Die Folge könnte man ganz klar als Filler bezeichnen, da sie die Hauptgeschichte nicht wirklich voranbringt. Das würde ihr meiner Meinung nach allerdings überhaupt nicht gerecht werden. Sie passt wirklich gut in diese Welt und bietet eine unerwartete Einsicht in das Leben zweier Menschen, die das Beste aus dem Ende der Welt machen.

So dürfen Serien über Videospiele ihre Welt erweitern! Ich bin bereit für mehr!

2. Originalgetreue Darstellung von Szenen und Level-Design aus dem Spiel

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Das Monsterdesign wurde direkt aus dem Spiel übernommen, ohne viel Kompromisse einzugehen. (Bild: Sony/HBO)

Für mich sind die Sets und Kostüme eines der absoluten Highlights der Serie. Selbst animierte Serien kamen bisher nicht an den Detailgrad von Szenenbildern aus The Last Of Us heran. In jeder Folge gibt es mehrere Kameraeinstellungen, die ich aus den Spielen wiedererkenne und die meiste Zeit fast genauso aussehen wie im Game.

Für diesen Detailgrad ziehe ich meinen Hut vor HBO und allen Beteiligten, wie zum Beispiel die Showrunner Neil Druckmann und Craig Mazin.

Natürlich gibts auch noch ein paar Beispiele für's Auge:

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Eine Frühe Szene in der ersten Folge, die ebenso den Anfang des Spiels beinahe deckend widergibt. Nur eben mit etwas mehr Wumms. (Bild: Sony/HBO)

Schon in den ersten paar Minuten fällt die liebe zum Detail positiv auf. Es gibt leichte Unterschiede zwischen den beiden Versionen, aber die Serie bleibt wirklich nah am Spiel.

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Die extrem gefährlichen Bloater im Vergleich. (Bild: Sony/HBO)

Auch wenn die Szenen nicht immer hundert prozentig gleich sind, haben die Showrunner doch darauf geachtet, dass wenigstens die Inszenierung ähnlich ist. So habe eine direkte und Originalgetreue Umsetzung habe ich wirklich noch nie gesehen.

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Ein tragischer Moment zu Beginn der Serie. Beim Screenshot aufnehmen Träne verdrücken: Check! (Bild: Sony/HBO)

3. Originalmusik

Die Serie hat den Soundtrack aus dem Playstation-Spiel beinahe eins zu eins übernommen. Das verpasst dem Ambiente die nötige Stimmung, die im Spiel auch herrscht. Die Gitarrenklänge von Gustavo Santaolalla würde ich als eine Mischung aus spanischer Gitarre und Western-Ansätzen bezeichnen. Das sorgt für ein modernes und ein wenig schauriges Western-Feeling und eignet sich perfekt für die Post-Apokalypse.

4. Neil Druckmann: Showrunner, Drehbuchautor und Regisseur

Bisher war es gang und gäbe, dass ein Film oder eine Serie von Personen produziert wird, die nicht maßgeblich am Spiel beteiligt waren. Neil Druckmann hingegen war der Autor des Spiels und hat das Drehbuch für einige Folgen mitverfasst. Zusätzlich ist er Showrunner und hat in der zweiten Folge Regie geführt. 

Man spürt, dass Druckmann seine Welt kennt und weiß, wo ihre Stärken liegen. Nämlich in den Charakteren, deren Beziehungen und in deren Interaktionen. The Last Of Us zeigt das Schlimmste im Menschen, aber auch die guten Seiten, soweit diese in dieser dystopischen Welt noch vorhanden sind. 

5. Die Chemie der Schauspieler

Ich gebe zu, ich bin etwas befangen, wenn es um Pedro Pascal und Bella Ramsay geht. Beide mochte ich sehr in Game of Thrones und zusammen geben die beiden in meinen Augen ein wunderbares Semi-Vater-Semi-Tochter-Gespann ab. 

Es wärmt mir einfach das Herz zu sehen, wie Ellie durch ihre kindliche Art den harten Kern von Joel zum Schmelzen bringt. Man gönnt es Pedro Pascals Joel einfach, dass er wieder glücklich sein kann - auch wenn er sicher kein Unschuldslamm ist, dem nur Unrecht getan wurde. Das war schon im Spiel nicht der Fall und der Serie noch weniger.

Ich freue mich auf jeden Fall die beiden in einer zweiten Staffel wiederzusehen. Bei dem Erfolg, den die Serie feiert, wird die auch nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Videospiel-Umsetzungen vor The Last Of Us 

Ich denke, ich gehe nicht zu weit, wenn ich behaupte, dass Filme und Serien über Videospiele, beziehungsweise deren Franchises, keinen sonderlich guten Ruf genießen. Auch wenn sich das in den letzten Jahren immer weiter ändert.  

Vor allem Netflix-Produktionen konnten in der Vergangenheit punkten. Erst die League of Legends-Serie »Arcane« hat mich schwer begeistert, obwohl ich mit dem Spiel so gar nichts am Hut habe. Und auch »Cyberpunk: Edgerunners« konnte viele überzeugen. Dazu gesellen sich »Castlevania« und »The Witcher«.  

Bowser aus der Videospielverfilmung von Super Mario Bros. Bowser aus der Videospielverfilmung von Super Mario Bros.

Doch für jede gute Videospiel-Umsetzung gibt es gefühlt fünf weniger gute. Filme wie Assassin's Creed, Angry Birds, Warcraft, Mortal Kombat, Hitman und viele mehr waren in meinen Augen höchstens mittelmäßig. Und je weiter man zurück in der Zeit geht, desto schlimmer wird es. Man denke nur mal an den ersten Mario-Film. 

Zum Glück ist das ein gutes Zeichen. Die Unterhaltungsindustrie scheint den Dreh langsam raus zu haben und The Last Of Us ist der Beweis dafür.

Meine Kollegin Natalie Schermann war von The Last of Us nicht ganz so begeistert wie ich. Ihren Artikel findet ihr hier:

Habt ihr die Serie schon gesehen? Wenn ja, wie hat sie euch gefallen? Wenn nicht, werdet ihr sie euch noch anschauen? Habt ihr bereits beide Teile der Reihe gespielt? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Spiel und Serie sind euch aufgefallen? Schreibt und eure Meinung und ansichten, wie immer, gerne in die Kommentare!

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