Was Die Sims 5 leisten muss, um ein Erfolg zu werden

Meinung: Sehnsüchtig warten wir auf ein Release-Datum für Die Sims 5. Aber bevor wir uns zu sehr freuen, gibt es noch Klärungsbedarf.

Je mehr man ein Spiel wirklich liebt, desto leidenschaftlicher kann man sich darüber ärgern. So führe ich abendfüllende Gespräche, was die Sims-Reihe alles falsch macht und schreibe stapelweise Notizen über dessen zahlreichen Verfehlungen … in mein Sims-Notizbuch. Und dann nehme ich einen wütenden Schluck Kaffee aus meiner Sims-Tasse und spiele zum Runterzukommen erstmal eine Runde Die Sims.

Was ich Sims 5 im Folgenden also ans Herz lege, kommt aus einem Ort der Fan-Liebe. Aber gerade Die Sims 4 hat gezeigt, dass die Reihe nicht ewig so weitermachen kann. Schließlich machen Konkurrenten wie Paralives bereits vor, wie man Fans und ihre Wünsche ernst nimmt. Die Sims 5 braucht mehr als schicke Grafik, um besser zu werden als seine Vorgänger. Aber was genau ist das?

Die Autorin
@mighty_dinomite
Redakteurin Géraldine ist den Sims hoffnungslos verfallen. So hoffnungslos, dass sie nicht nur alle Teile der Hauptreihe, sondern auch obskure Handheld-Ableger und Story-Adventures mit Freude verschlungen hat. Es gibt kein Spin-Off, kein Addon und kein Accessoire-Pack, zu dem sie keine Meinung hat. Man sollte sie also nie auf das Thema Sims ansprechen, wenn man nicht ein bisschen Zeit mitgebracht hat.

1. Die Sims 5 braucht ein besseres Addon-Konzept

Dass Die Sims spätestens seit Sims 4 merkwürdige Prioritäten bei seinen Addons setzt, ist kein Geheimnis. Sage und schreibe drei Jahre mussten wir auf Haustiere warten und noch ein weiteres Jahr auf Jahreszeiten. Als wir unsere Sims fünf Jahre nach Release endlich an die Uni schicken konnten, waren die schon lange im Rentenalter und haben sich an ihren »Romantischen Garten-Accessoires« ergötzt.

Im Klartext: Wenn mehre Jahre nach Release des Grundspiels noch essenzielle Features für eine Lebenssimulation fehlen, inzwischen aber zahlreiche Lückenfüller erschienen sind, sollte EA seine Roadmap überdenken.

Die Sims 4 wird bald 5 Jahre alt - Vom Debakel zum Dauerbrenner Video starten 9:40 Die Sims 4 wird bald 5 Jahre alt - Vom Debakel zum Dauerbrenner

Leider ist mittlerweile auch komplett undurchsichtig, was wir in einem Addon überhaupt bekommen. Das Erweiterungspack »Ab ins Schneeparadies« brachte uns eine Gebirgsstadt, Skifahren und … Sushi? Der extrem verwirrende Mix aus Japan-Thema und Après-Ski ließ das Addon wie eine Resterampe von nicht verwendeten Ideen wirken.

Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile fünf unterschiedliche Addons, die mit Paranormalität zu tun haben. Die Gameplay-Packs Strangerville, Vampire und Reich der Magie und die Accessoire-Packs Paranormale Phänomene und Grusel. Was fehlt mir, wenn ich eines davon nicht besitze? Was genau steckt im Addon Strangerville, das ich mit den anderen nicht abdecke? Tja, um das herauszufinden muss ich wohl alle fünf kaufen - für den stolzen Preis von 80 Euro.

2. Die Sims 5 muss Open World weiterdenken

Die Open World war gleichzeitig eine der besten und schlechtesten Entscheidungen der Sims-Geschichte. Einerseits denken wir heute noch sehnsüchtig daran zurück, wie wir grenzenlos eine ganze Stadt erkunden und dabei dem Leben anderer Sims live zusehen konnten - andererseits lief das etwa so flüssig wie klumpige Milch die man acht Wochen im Kühlschrank vergessen hat.

2021 dürfte es kein Problem mehr sein, eine stabile Open World für Sims zu entwickeln - und mit einem besonderen Twist könnte die sogar noch sehr viel spannender werden als damals. Dass Sims 5 eine wie auch immer geartete Online-Funktion erhalten könnte, ist immerhin schon lange im Umlauf. Denn in einem Investoren-Call sprach der EA-CEO Andrew Wilson bereits vor einem Jahr darüber, dass Online-Features ein Teil der Zukunft von Sims werden könnten. Das muss erstmal nichts böses heißen.

Denn im Idealfall bekommen wir dadurch die Möglichkeit, private Server mit unseren besten Freunden zu errichten. Stardew Valley zeigt schon seit Jahren, wie man es richtig macht. Über eine Shared World mit fremden Leuten und Always-Online-Zwang möchte ich aber lieber nicht nachdenken.

In Die Sims 3 lag uns die ganze Open World zu Füßen - sodass wir überall spontan unser Lager für eine kleine Party aufschlagen konnten. In Die Sims 3 lag uns die ganze Open World zu Füßen - sodass wir überall spontan unser Lager für eine kleine Party aufschlagen konnten.

3. Die Sims 5 braucht bessere Bau-Modi

Warum Die Sims immer wieder dazu neigt, bereits toll funktionierende Features wieder aus der Reihe zu streichen, werde ich wohl nie verstehen. Was ich aber weiß: Die Sims 5 braucht wieder bessere Nachbarschaften. In Sims 2 war doch schon alles da: Eine frei anpassbare Stadtkarte, große Maps und einen ganzen Katalog mit freien Grundstücken aller Formen und Größen. Als ich das erste Mal hingegen Sims 4 startete, musste ich eine fünfköpfige Familie obdachlos machen und ihr Haus mit dem Bulldozer plattwalzen, damit ich mir mein eigenes bauen konnte.

Neben größeren und gestaltbaren Nachbarschaften muss aber auch der Hausbau noch mehr bieten: Wenn ein weiteres Mal keine Pools zum Release da sind oder wir keine halbhohen Böden und frei platzierbare Wanddeko bekommen, werde ich zur fleischfressenden Kuhpflanze.

Interessant: Die Fans sind mehrheitlich gegen größere Umbauten am Editor, die bisherigen Bau-Tools stoßen bei unseren Umfragen in der Community auf viel Zustimmung. Im Community-Report zu Die Sims 5 fassen wir zusammen, wie die Fans darüber hinaus zu den Gerüchten um neue Multiplayer-Features stehen und warum es viel Kritik an den Sims-4-Addons gibt. Dort erfahrt ihr, warum die Reihe mehr braucht als schicke neue Grafik, um langfristig zu überleben - und nicht zuletzt zu begeistern.

4. Die Sims 5 muss anspruchsvoller sein dürfen

Wo wir gerade von Kuhpflanzen sprechen: Die waren in Sims 2 noch eine Karrierebelohnung, die wir uns hart erarbeiten mussten. Die Karriere- oder Lebenspfadbelohnungen, die uns in allen Teilen mächtige Items im Endgame schenken, geben einen großartigen Vorgeschmack darauf, dass etwas spielerische Herausforderung der sonst entspannten Sims-Formel nicht im Weg steht.

Es ist schließlich ein großartiges Gefühl, nach vielen Spielstunden mit dem »Draht zur Hölle« dem Sensenmann anrufen zu können, um verstorbene Freunde und Verwandte aus dem Totenreich zurückzuholen. Oder sich mit seinen hart verdienten Punkten einen Skill zu kaufen, durch den wir nie wieder essen müssen. Wir verpassen nichts wichtiges, wenn wir diese Punkte nicht sammeln, aber sie bieten einen tollen Anreiz für das Endgame.

Abseits davon ist Die Sims aber ganz schön seicht geworden. Es gibt keinen Schönheitsfehler und kein Tattoo, das wir nicht mit einem gut gezielten Blick in den Spiegel rückgängig machen können. Zu lange vor dem PC gehockt? Plauze angefuttert? Einfach per Slider entfernen. Und um eine feurige Romanze zu entfachen, reicht meist die altbewährte Kombination aus Witz erzählen, Flirten und über Grillkäse reden.

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Ihr seid eigentlich keine großen Verführungskünstler? In Sims überhaupt kein Problem. Hier kann man seine Mitmenschen binnen Sekunden von sich überzeugen.

Dabei ist das Grundgerüst zu etwas mehr Herausforderung doch bereits da: Man könnte etwa die Abneigungen und Vorlieben aus Sims 2 zurückholen und tatsächlich bedeutsam machen. Erst dadurch entstünde richtig gutes »Emergent Storytelling« und Die Sims wird mehr als unser persönliches Wunschkonzert, indem wir jeden Schritt unserer Charaktere fein säuberlich durchskripten. Vielleicht spielen wir einen blonden Nerd und haben ein Auge auf eine Sim-Lady geworfen, die blonde Menschen hasst, aber total auf Vampire steht? Wie weit würden wir gehen, um ihr Herz doch noch zu erobern?

Gleiches gilt für die natürlichen Begabungen, die mit dem Addon Freizeit-Spaß ihren Weg in Die Sims 2 fanden. Ich habe es geliebt, herauszufinden, dass meine Tochter ein Fußballtalent ist oder dass der muskulöse Fitnesstrainer virtuos Geige spielt. Ein paar Überraschungen und ein etwas höherer Schwierigkeitsgrad würden Sims 5 gut tun. Es muss ja nicht gleich Dark Souls sein.

5. Die Sims 5 braucht mehr Story und Geheimnisse

Die Sims 2 ist bis heute mein Lieblingsteil der Reihe. Warum? Aliens! Die vielen Geheimnisse, Geschichten und Gameplay-Überraschungen, die sich um außerirdische Sims ranken, stehen für alles, das Sims 2 so unvergleichlich gemacht hat. Allein das Mysterium um Bella Grusel, das man Schritt für Schritt aufdecken konnte und über das in einschlägigen Foren heute noch heiß diskutiert wird.

In der Beschreibung der Familie Grusel habe ich zum ersten Mal vom tragischen Verschwinden von Mortimers Frau Bella gelesen - es gab dazu sogar einen kleinen Absatz im beigelegten Handbuch. Ja, dem aus Papier. Aber die pikanten Details decken wir erst nach und nach auf, wenn wir die Kontrolle über die unterschiedlichen Familien übernehmen. Schauen wir im Menü des Frauenhelden Don Lotarios in seine Erinnerungen, scheint er der letzte gewesen zu sein, der mit Bella interagierte - und zwar als er ihr auf dem Dach seines Hauses romantische Avancen machte.

Nutzen wir in ihrem Haus einen Fingerabdruckscanner, sind scheinbar nur wenige Objekte je von ihr berührt worden. Diese und viele weitere Meta-Infos machen das Bella-Mysterium auch Jahre später noch so beliebt. Umso trauriger, dass die Geschichte in Teil 3 und 4 keine Rolle mehr gespielt hat und Bella Grusel lediglich ein weiterer austauschbarer Sim war.

Die Sims Bella Grusel kommt in jedem Sims-Teil vor.

Die Sims 2 In Sims 2 ist sie in den Spieldateien versteckt, aber nicht spielbar.

Die Sims 3 In Sims 3 ist sie noch ein Kind.

Die Sims 4 Der vierte Teil spielt laut den Entwicklern in einer alternativen Zeitlinie.

Und wenn wir schon bei der Story sind: Ich sehne mich zurück nach den kreativen Quests aus Die Sims 3: Reiseabenteuer. Warum die spaßigen Schatzsuchen über die ganze Map im vierten Teil durch lange Ladebalken ersetzt wurden, bei denen wir vor dem Bildschirm Däumchen drehen? Ist mir ein Rätsel. In den Urlaubsgebieten von Sims 3 konnten wir Dungeons durchsuchen, Rätsel lösen, Schätze heben und gegen Mumien kämpfen... in Sims 4: Inselleben hingegen klicken wir einmal auf »Tauchen« und starren dann auf den Bildschirm, bis uns eine Textnachricht verrät, was wir unter Wasser gefunden haben.

Klar, die erwähnten Quests braucht sicher nicht jeder für eine schöne Sims-Erfahrung. Etwas mehr Interaktivität würde der Reihe aber nicht schaden - das haben schließlich schon die beliebten Karriere-Addons bewiesen, in denen wir unsere Sims auf die Arbeit begleiten konnten.

6. Die Sims 5 muss mehr leisten, als jeder Teil zuvor

Nach vier Teilen der Hauptreihe stehen wir vor einem Problem. Jeder Teil bietet etwas, das die anderen nicht haben. Jeder Teil hat seine eigene Daseinsberechtigung. Es gibt schließlich einen Grund, warum ich heute noch Sims 1, 2 und 3 im Regal stehen habe und mich nicht nur auf den vierten Teil beschränke. Im Jahr 2021 sollte Die Sims 5 aber in der Lage sein, alle diese Qualitäten in einem Spiel zu vereinen.

Ansonsten wird langfristig niemand bereit sein, wieder mehrere hundert Euro für eine vollständige Sims-Erfahrung zu zahlen. Mehr dazu habe ich übrigens bereits in einer anderen Kolumne … liebevoll erörtert:

Nicht falsch verstehen, ich freue mich auf Die Sims 5 wie auf kaum ein anderes Spiel und das obwohl es noch nicht einmal ein Release-Datum hat. Aber man ist eben nicht mehr dasselbe 10-jährige Kind, das früher nach der Schule stundenlang in Sims versinken konnte und alles neu und aufregend fand. Die Sims-Fans sind erwachsen geworden. Und deshalb hoffe ich, dass die Reihe mit uns wächst, sich verbessert - und uns ein weiteres Mal jahrelangen Stoff für fantastische, emotionale und unvergessliche Geschichten liefert.

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