Dredge gespielt: Mich schreckt alles an dieser Fischersimulation ab - und genau damit hat sie mich am Haken

Meinung: Fast hätte Natalie Dredge als langweiliges Angelspiel abgetan. Doch ausgerechnet die Banalität hilft ihr, sich ihren Ängsten zu stellen.

Dredge gehört für Natalie schon jetzt zu den großen Überraschungen 2023. Dredge gehört für Natalie schon jetzt zu den großen Überraschungen 2023.

»Natalie, schau nicht nach unten!« Es gibt Momente in meinem Leben, die ich niemals vergessen werde. Meine Einschulung, meinen Beinahe-Bänderriss im Sportunterricht - oder jenen Sommertag im ägyptischen Meer. Ich bin gerade aus einem Boot gesprungen, um an einem Korallenriff zu schnorcheln. Der Blick nach unten offenbarte aber keine bunte Unterwasserwelt. Ich konnte gerade so noch meine Beine erkennen, bevor das Licht schneller verschluckt wurde als mein Geld in einem Steam-Sale. Ich starrte in eine schwarze, endlose Tiefe. Und sie starrte zurück. Hallo, neue Phobie!

Seither mache ich einen großen Bogen um Videospiele, die mich auf hohe See schicken, in denen ich tauchen muss oder die mich mit Lovecraft'schen Monstern locken wollen. Einen genauso großen Bogen mache ich um Fischersimulationen. Nicht weil ich Angst vor ihnen habe, sondern weil ich mir nichts langweiligeres vorstellen kann.

Dredge vereint beide Aspekte - das monotone Fischen und die Alpträume eines Thalassophobikers. Vielleicht war es meine Neugier, vielleicht aber auch der Ruf des Cthulhu: Ich musste herausfinden, warum die Fischersimulation unter den aktuellen Steam-Topsellern weilt. Überraschend profitiert Dredge ausgerechnet von meinen eigenen Abneigungen ... und lässt mich nun nicht mehr los.

Wenn ich möchte, kann ich Dredge einfach nur mit entspanntem Angeln verbringen. Wenn ich möchte, kann ich Dredge einfach nur mit entspanntem Angeln verbringen.

Fischer bei Tag - Angsthase bei Nacht

Tagsüber tuckere ich in Dredge mit meinem kleinen Dampfer über die Gewässer, angle Fische und lerne die Umgebung des Archipels »The Marrow« kennen. Schnell wird klar: Die Bewohner sagen mir nicht die ganze Wahrheit und irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.

Das braucht mich aber erstmal nicht zu kümmern. Ich sammle weiterhin verschiedene Fischarten, um meine Enzyklopädie zu vervollständigen, suche die Tiefen nach Schrott ab, um mein Schiffchen zu verbessern, und verkaufe deformierte Anomalien und Schätze, um mein Taschengeld aufzustocken.

Nein, Danke! für eine Konfrontation mit dem Tentakelmonster bin ich noch nicht bereit. Nein, Danke! für eine Konfrontation mit dem Tentakelmonster bin ich noch nicht bereit.

»Aber, Natalie, meintest du nicht gerade, dass Fischersimulationen total langweilig seien?« Ja. Aber in Dredge klammere ich mich an jede Angelrute, um mich nicht mit dem auseinandersetzen zu müssen, was nach Sonnenuntergang passiert.

Sobald die Nacht die See in Dunkelheit taucht, steigt meine Panik - im Spiel, als auch vor dem Bildschirm. Ein großes Auge in der Mitte der Kompassanzeige zeigt den Gemütszustand meines Fischers. Je länger er sich in der Dunkelheit aufhält und je mehr merkwürdige Sachen um ihn herum passieren, desto paranoider wird er.

Dann tauchen plötzlich Steine aus dem Nichts auf, an denen ich meinen Rumpf entlangschramme. Schwarze Vögel mir roten Augen klauen meine Beute. Entgegenkommende Schiffe verwandeln sich in bedrohliche Meeresbewohner. Und dieses Flüstern ...

Dredge: Das Fischer-Abenteuer zeigt im Trailer seine nur scheinbar idyllische Welt Video starten 1:15 Dredge: Das Fischer-Abenteuer zeigt im Trailer seine nur scheinbar idyllische Welt

Zwischen seichter Simulation und Alptraum

Dieser schmale Grat zwischen der monotonen Fischersimulation und der furchteinflößenden Kehrseite mit Monstern, paranormalen Ereignissen und undurchdringlicher Dunkelheit ist die große Stärke von Dredge. Und meine Fantasie erledigt den Rest.

Ich behalte die Uhr ganz genau im Blick, um bei Sonnenuntergang wieder sicher im Hafen zu sein. Erblicke ich am Horizont große Gestalten an der Wasseroberfläche, kehre ich ihnen den Rücken zu. War es ein Wal, der Leviathan? Und wem gehören die Tentakel, die da aus den Tiefen sprießen? Egal, paar Makrelen einsammeln und dann nichts wie weg hier!

Nachts wimmelt die See nur vor Gefahren und lässt mein Herz in die Anglerhose rutschen. Nachts wimmelt die See nur vor Gefahren und lässt mein Herz in die Anglerhose rutschen.

Dredge kitzelt meine Neugier, provoziert mich mit spannenden Geschichten und übernatürlichen Ereignissen. Es wickelt mich in Sekunden in einen erdrückenden Atmosphäreschleier, wenn ich mich zu sicher fühle.

Aber es lässt mich auch mit der Gefahr spielen und an der Grenze balancieren. Ich kann alle meine Aufgaben tagsüber erledigen und die Nacht verschlafen. Ich habe die Wahl, vorsichtig vorzugehen und nichts von den Schrecken der Meere mitzubekommen. Für bestimmte Fischarten und Quests muss ich aber auch mal einen nächtlichen Ausflug wagen.

Das entspannte Fischen ist das perfekte Gegengewicht zu dem seichten Horror der Nacht. Während meine Gedanken an das Ungewisse durchdrehen, klammere ich mich dankbar an die trivialen Mechaniken der Simulation.

Ich hätte nie gedacht, dass mir ausgerechnet ein Fischerspiel das furchteinflößendste Horrorerlebnis seit langem bietet, weil es mich so elegant mit meinen eigenen Ängsten konfrontiert und die Angel mal anspannt und dann wieder locker lässt. Dredge hatte mich bereits nach den ersten Minuten am Haken ... und nun spiele ich nur allzu gern den Köder für alles, was in den mysteriösen Gewässern schlummert.

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