Ist E-Sport echter Sport? - Anhörung des E-Sport-Verbands ernüchtert, Regierung halte Versprechen nicht

Nach verhaltenen Aussagen des Deutschen Olympischen Sportbunds über E-Sport als Sport folgen nun auch Absagen aus der Politik. Der eSport-Bund Deutschland zeigt sich frustriert.

Die Anerkennung von E-Sport als Sport ist Teil des Koalitionsvertrages. Nun rudern CDU und SPD zurück. Die Anerkennung von E-Sport als Sport ist Teil des Koalitionsvertrages. Nun rudern CDU und SPD zurück.

Es sieht nicht rosig aus für die Anerkennung von E-Sport als Sport in Deutschland. Vergangenen Mittwoch, den 20. Februar 2019, fand eine Anhörung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages statt. Dort haben Politiker und Branchenvertreter über den E-Sport-Begriff und seine Einordnung diskutiert.

Dabei gab es einige kritische Stimmen aus der Politik. Vor allem die SPD zeigte sich verhalten. In einer Pressemitteilung schreibt Detlev Pilger, sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion:

"In der heutigen Anhörung des Sportausschusses sind die Dynamiken und Entwicklungen des eSports in Deutschland deutlich geworden. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass eSport bis auf wenige Ausnahmen nicht den Ansprüchen einer Sportart genügt."

Im Vorfeld der Anhörung äußerte sich auch der CDU-Abgeordnete Johannes Steiniger insbesondere zu Shootern kritisch:

"Entscheidend ist für mich eine konsequente Unterscheidung zwischen virtuellen Sportsimulationen, Echtzeit-Strategiespielen und Shooter-Spielen. [...] Shooter-Spiele wie Counter-Strike bewegen sich außerhalb der vom Sport akzeptierten und geförderten ethischen Grenzen."

Monika Lazar, Sprecherin für Sportpolitik bei den Grünen, stellt in ihrer Presemitteilung dagegen die Gemeinnützigkeit von E-Sport in den Vordergrund und kritisiert gleichzeitig die Regierung:

"Die Bundesregierung ist beim Thema eSport komplett ohne Kompass und fällt nur durch Kompetenz-Wirrwarr auf. Zwar spricht sich die Staatsministerin für Digitalisierung für eine komplette Anerkennung des eSports aus. Aber das für Sport zuständige Innenministerium blockiert und fühlt sich nur für Sportsimulationen zuständig. Wer für alle anderen eSport-Titel zuständig ist, bleibt trotz mehrmaliger Nachfragen offen. Auch die Koalitionsfraktionen machen keinerlei Anstalten, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und eSport „vollständig als eigene Sportart" anzuerkennen. "

Die sportpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Britta Dassler, rief in einer Pressemitteilung vor der Anhörung zu einer offenen, konstuktiven Diskussion über die Rolle von E-Sport auf und schreibt:

"In einer digitalisierten Welt dürfen wir uns dem eSport nicht verschließen. Die Bundesregierung bleibt deutlich hinter ihren Versprechungen im Koalitionsvertrag zurück und hat bisher keine Perspektive für die Anerkennung von eSport als Sport geschaffen. Der eSport bietet eine Plattform für das Zusammenkommen von Menschen aus unterschiedlichen Bereichen. Wir möchten die gesellschaftliche Verankerung des eSports im Breiten- und im Wettkampfsport progressiv mit begleiten."

12 Stunden zocken und zwischendurch auf die Toilette - Profi-E-Sportler über ihren Berufsalltag - GameStar TV Video starten PLUS 19:21 12 Stunden zocken und zwischendurch auf die Toilette - Profi-E-Sportler über ihren Berufsalltag - GameStar TV

Auch Deutscher Olympischer Sportbund kritisch

Die Haltung im Bundestag spiegelt sich auch beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wider. Der hatte sich bereits im Oktober 2018 zurückhaltend zum Thema E-Sport als Sport geäußert.

Statt einer einheitlichen Anerkennung unterteilt der DOSB Videospiele in »virtuelle Sportarten« und »eGaming«. Zu ersterer Gruppe gehören Spiele, die Sportarten simulieren, also etwa FIFA 19 und F1 2018. Overwatch, Counter-Strike: Global Offensive und Dota 2 fallen dagegen in letztere Sparte und gelten damit laut DOSB nicht als Sport.

Veronika Rücker, die Vorstandsvorsitzende des DOSB, war ebenfalls bei der Anhörung des Sportausschusses anwesend. Sie erkannte Videospiele als kulturelles und im Alltag verankerte Phänomen an. Aber wenn es um E-Sport als Sport geht, bleibt der Sportbund hart:

"Wir sehen nur eine ganz geringe Schnittmenge zu dem, was uns unter dem Dach des organisierten Sports bewegt. [...] Ich würde nicht behaupten, dass die Schnittmenge heute größer geworden ist."

Bremsklotz Deutschland - 3 Gründe, warum E-Sport bei uns nicht durchstartet - GameStar TV Video starten PLUS 13:29 Bremsklotz Deutschland - 3 Gründe, warum E-Sport bei uns nicht durchstartet - GameStar TV

eSport-Bund Deutschland: »Bruch des Koalitionsvertrags«

Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bundes Deutschland (ESBD), kritisiert die Aussagen von CDU und SPD und spricht sogar von einem Bruch des Koalitionsvertrags:

"Die vollständige Anerkennung von eSport als Sportart, wie sie dort (im Koalitionsvertrag, Anm.d.Red.) festgehalten wurde, scheint hier leider in Vergessenheit geraten zu sein. Insbesondere die Position der SPD ist für uns ein klarer Bruch der Zusagen des Koalitionsvertrags und ein Vertrauensbruch gegenüber den Menschen, die darauf vertraut haben. [...]

Eine vollständige Anerkennung des eSports bedeutet den eSport in allen Facetten anzuerkennen. Das Bekenntnis zu eSport als eigene Sportart und die Wahrung der Selbstbestimmtheit der eSport-Bewegung muss im Mittelpunkt der geplanten Maßnahmen stehen."

Und auch die Aussagen der DOSB-Vorsitzenden Rücker kommentierte er scharf:

"Der DOSB hat einmal mehr gezeigt, dass seine sportfachliche Position nicht belastbar ist. Die Trennung von Sportspielen und anderen eSport-Titeln kann nicht nachvollziehbar begründet werden. Wir sind der Überzeugung, dass eSport vom Menschen her gedacht werden muss und ein übergreifendes sportliches Profil hat."

Für die Pressemitteilungen von den Grünen und FDP fand er dagegen Lob:

"Wir begrüßen die politischen Initiative und die Zielrichtung der Oppositionsparteien. Die Forderung nach Benennung eines konkreten und einheitlichen Ansprechpartners für den gesamten eSport innerhalb der Bundesregierung unterstützen wir ausdrücklich."

Jagnows Ziel sei, dass man einen Dialog auf Augenhöhe und mit Respekt mit den Akteuren im organisierten Sport führen könne. Aktuell werde die DOSB diesem Anspruch aber nicht gerecht. Rücker hat auf diese Aussage bereits reagiert und betont, dass man sehr wohl einem Dialog zur Verfügung stehe, aber nicht von Sportverband zu Sportverband. Für einen E-Sport-Verband gebe es jedoch keinen Platz im DOSB.

Ihr wollt mehr über E-Sport erfahren? Wir haben auf der Dreamhack 2019 mit Niklas Timmermann, Vizepräsident beim ESBD, und E-Sport-Profi Niklas Krellenberg über einen Tag im Leben eines E-Sport-Athleten gesprochen. Das Interview beginnt bei 4:58:52.

zu den Kommentaren (183)

Kommentare(160)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.