Geht in die Knochen
Ein Musterbeispiel für die luxuriösen Charakter-Animationen ist der Ausritt eines Dreier-Teams im Jeep. Fahrer und Passagiere werden von einer Vollbremsung nach vorne geworfen und auf Holterpolter-Untergrund kräftig durchgeschüttelt. Dazu wippen die Fahrzeug-Achsen so schön mit, daß man beim Spielen am liebsten einen Sicherheitsgurt anlegen würde. Das Geheimnis für die schnellen, geschmeidigen und glaubwürdigen Bewegungskombinationen der Spielfiguren heißt »Inverse Kinematics«. Statt vorher definierte Bewegungsabläufe abzurufen, berechnet die Halo-Engine die Auswirkungen von äußeren Einflüssen auf einzelne Körperteile. Sogar Feinheiten wie der Rückstoß von Waffen sollen sich sichtbar auswirken.
Gerade die Kleinigkeiten machen die Spielwelt so glaubwürdig: Zwängt sich ein groß gewachsenes Alien beispielsweise in einen Menschen-Jeep, kauert es mit angewinkelten Knien eng hinter dem Lenkrad (vergleichbar Martin Deppe bei einer Smart-Probefahrt). Weitere Beispiele aus dem Animations-Repertoire, die wir ausprobieren konnten: Ein Handstand, das Deuten in eine bestimmte Richtung und der Kniefall vor einem anderen Spieler. Letzteres ist als humorvolle Anbetung für den Multiplayer-Modus gedacht, um die Leistung verdienstvoller Teamkameraden zu würdigen.
Ohne lineare Zwangsjacke
Teameinsätze für Multiplayer-Sessions schön und gut, aber wie spielen sich die Missionen für Halo-Solisten? Das ist noch der rätselhafteste Aspekt am ganzen Spiel, denn die Kampagne für den Einzelspieler-Modus wird nach alter Bungie-Tradition erst zum Schluß festgelegt. Zuerst wurde die Engine programmiert, derzeit schraubt man den Multiplayer-Teil zusammen und wird dann letztendlich das Design für Solo-Spieler festnageln. Bungie-Sprecher Doug Zartman erklärt die ungewöhnliche Prioritätensetzung: »Wenn wir die Spieler im Netzwerk beobachten, gibt uns das viele Hinweise darauf, was im Solo-Modus gut funktionieren könnte und was nicht. Basierend auf diesen Erkenntnissen wird dann die künstliche Intelligenz programmiert«.
Vorgenommen hat sich das Team eine ganze Menge für den Solomodus: »Wir wollen alles entfernen, was dich daran erinnert, daß du nur ein Spiel spielst.« Linearer Levelaufbau und Beschränkungen will man meiden, der Spieler kann die Welt regelrecht erkunden. Sie können mehrere Missionen gleichzeitig annehmen. Welche Aufgabe wann und wie absolviert wird, ist nicht zuletzt eine Frage der Taktik. Beispiel: Stürze ich mich gleich auf den feindlichen Stützpunkt, oder erobere ich erst einen Hangar, um dort einen besonders starken Panzer zu klauen? (HL)
Die erweiterte Fassung des Artikels sowie zusätzliche Screenshots finden Sie in GameStar 5/2000.
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