Übers Ziel hinausgeschossen
Beim dem Kampfsystem müsst ihr euch in Sachen Steuerung oder Langatmigkeit keine Sorgen machen. Das folgt zwar dem Prinzip des Button Mashings, wurde hier und da aber mit einigen Extras ausgestattet. Ihr schwingt in Soras Haut per das Schlüsselschwert, indem ihr wie wild auf die Angriffstaste hämmert. So weit, so gut.
In Kingdom Hearts 3 dürft ihr aber statt nur einem Schlüsselschwert gleich drei ausrüsten, die jeweils andere Angriffsmuster und Fähigkeiten haben. Zwar kämpft ihr mit denen nicht gleichzeitig, könnt im Kampf aber individuell wechseln, was verschiedene Kombos ermöglicht. Jedes Schlüsselschwert hat eine zweite und eine dritte, finale Form, die ihr im Kampf freischaltet, wenn ihr mehreren Gegnern hintereinander ordentlich auf die herzlose Nuss gebt.
Die Formen verwandeln das Schlüsselschwert beispielsweise in einen Hammer, eine Armbrust oder in ein Schild, mit dem ihr angreifen könnt oder lösen mächtige Attacken aus. Das Schlüsselschwert Heldenwiege, dass ihr nach Abschluss der Olympus-Welt aus »Herkules« bekommt, verwandelt sich zum Beispiel in seiner zweiten Form in ein Schild, dass ihr wie einen Diskus werfen könnt. Habt ihr genug Gegner besiegt, schaltet ihr die dritte Form frei. Hierbei wird euer Schild zu Herkules Streitwagen, der von Pegasus gezogen wird und auf Knopfdruck Zeus Donner auslöst.
Zusätzlich zu den Schlüsselschwertern könnt ihr immer wieder Kombos mit euren Mitstreitern auslösen, dabei in riesige Jahrmarktattraktionen wie Piratenschiffe und Karussells steigen, oder ihr greift auf sogenannte Koop-Partner wie Ralph aus »Ralph reichts« oder eine dicke Katze zurück.
Benutzt ihr wirklich jede Kombo-Möglichkeit, eure Koop-Partner und wechselt immer wieder eure Schlüsselschwerter, artet jeder eurer Kämpfe in ein riesiges Effektgewitter aus. Überall blitzt, blinkt und knallt es, bis sich euer Bildschirm regelrecht in ein Stroboskop verwandelt.
Die kunterbunte Kombo-Party hat zu allem Übel auch noch den Nebeneffekt, dass dadurch alle Kämpfe auf eurem gewählten Schwierigkeitsgrad viel zu einfach werden. Denn eure Gegner können euch nicht angreifen, wenn ihr gerade in Herkules Streitwagen durch die Gegend rast oder mit Woody und Buzz aus »Toy Story« eine Raketen-Randale veranstaltet. Lediglich der mit dem DLC eingeführte Schwierigkeitsgrad kritisch bietet noch eine Herausforderung.
Wo Kingdom Hearts 3 in Sachen Weltgestaltung genau die richtige Richtung einschlägt, schießt es beim Kampfsystem weit über das Ziel hinaus. Statt die Kämpfe abwechslungsreich und fordernd zu gestalten, werden sie durch die vielen Kombo-Möglichkeiten auf Dauer eher eintönig und langweilig, sodass ihr irgendwann freiwillig auf die Hälfte aller zur Verfügung stehenden Mittel verzichtet.
Erst kochen, dann Welt retten
Wer keinen Bock auf Netzhaut zerfetzende Kloppereien hat, stürzt sich in die Nebenaktivitäten. So könnt ihr in jeder Welt einen riesigen Pudding-Herzlosen finden, der anstatt anzugreifen, euch lieber mit einem Minispiel bespaßt, an dessen Ende ihr Zutaten bekommt. Die wiederum könnt ihr dem kleinen Koch aus »Ratatouille« geben, der zusammen mit euch daraus Essen kocht.
Vielleicht entdeckt ihr auf eurer Reise auch das ein oder andere Glücksemblem. Diese Maus-ähnlichen Zeichen findet ihr in jeder Welt und könnt sie mit eurem sogenannten »Gummifon«, eine Anlehnung an das klassische Smartphone, abfotografieren. Alle paar Fotos gibt es dann ein mehr oder weniger nützliches Item, dass ihr entweder im Kampf einsetzen oder für das Crafting-System verwenden könnt. Das ist übrigens ebenfalls optional und wer nicht unbedingt das stärkste Schlüsselschwert »Ultima« herstellen will, kann es auch ignorieren.
Habt ihr einmal eine Welt beendet, könnt ihr zu ihr erneut zurückkehren, um beispielsweise Zutaten zu sammeln, weitere Glücksembleme zu findenden oder um nun verfügbare Minispiele auszuprobieren. Zusätzlich könnt ihr in Kisten und auf Plakaten aber auch noch Spiele für euer Gummifon finden, die euch an Handheld-Spiele aus den 80ern oder 90ern erinnern.
Wer die Story von Kingdom Hearts 3 einmal komplett durchgespielt, wird in den verschiedenen Welten zusätzlich mit neuen Herausforderungen belohnt. Die bringen euch zwar nach Abschluss nur einige Crafting-Materialien, bieten aber noch eine nette Abwechslung, wenn euch der Endkampf zu leicht war oder nicht gereicht hat.
Davon abgesehen gibt es aber kein lohnenswertes New Game +. Zwar könnt ihr eure Fotos und gesammelten Schlüsselschwerter in einen weiteren Durchlauf übertragen, ansonsten wartet aber genau dasselbe Spiel wie zuvor auf euch.
Nicht nur was für Fans
Kingdom Hearts 3 ist wie ein riesiger Jahrmarkt für alle, die sich unabhängig ihres Alters an leichtem Disney-Humor und vielen bunten Farben erfreuen können. Keine Welt ist dank einzigartigen Spielelementen wie die andere. Sie alle laden aber mit Nebenaufgaben und Minispielen zu mehr als einem Besuch ein.
Das Kampfsystem ist zwar viel zu überladen, bietet aber bei richtiger Dosierung die nötige Abwechslung, die es auf der Reise durch die Disney-Welten braucht. Wer dann noch mit Hilfe des Re-Mind-DLCs den Schwierigkeitsgrad nach oben schraubt, kann auch die Bosskämpfe zu einer Herausforderung machen.
Dank der vielen kleinen Geschichten und der intuitiven Steuerung finden auch Neueinsteiger recht schnell einen Zugang zu Kingdom Hearts. Auch, wenn sie vielleicht nicht alle Storyanspielungen verstehen oder die übergreifende Handlung verstehen. Aber ganz ehrlich: Damit haben auch alte Kingdom-Hearts-Hasen ein Problem.
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