Direkt zum Spielstart von Kyn beschleicht uns das Gefühl, dass irgendwas fehlt. Das Rollenspiel beginnt mit einer Unterhaltung zwischen den Helden Alrik und Bram. Die beiden stehen vor einer Höhle und können kaum fassen, dass sie »das Ritual« überlebt haben und nun echte Magni-Krieger sind. Oha! Haben wir aus Versehen eine Intro-Sequenz oder ein Tutorial übersprungen? Nein. Vom Ritual bekommen wir nichts zu sehen, stattdessen steuern wir die beiden Magni-Krieger auf ihrem Heimweg zurück ins Dorf.
Und stellen unterwegs fest, dass sie über magische Kräfte verfügen, mit denen sie Monster umhauen, aber auch Wunden heilen und sogar Tote auferwecken. So beklagt ein reisender Händler - in Textfenstern, denn Sprachausgabe gibt es nicht - den Verlust seiner Tochter, die wir fix über einen Zauberspruch ins Reich der Lebenden zurückbringen, und alle sind happy. Spannend!
Wo gibt's das?
Kyn kann man über Steam beziehen, auf GOG.com gibt's allerdings auch eine DRM-freie Edition.
Zeitlupe statt Pause
Auf unserem ersten Abenteuer klatschen wir direkt einige Monster, die sogenannten Aeshir. Diese gibt es in der friedliebenden grünen Variante oder in der gefährlichen roten Fassung. Aeshir mit roter Hautfarbe hämmern wir um, die grünen Kollegen verschonen wir. Angeblich wirken sich solche Aktionen auf das Spielende aus, aber das bekommen wir niemals zu sehen. Doch dazu kommen wir noch. Wenn uns ein Kampf zu unübersichtlich wird, verlangsamen wir das Geschehen mittels Druck auf die Leertaste. So erteilen wir unseren Helden Befehle, weisen ihnen Ziele zu und heben die Zeitlupe mit erneutem Druck auf die Leertaste wieder auf.
Spieltechnisch ist das erst mal nicht anders als die Pause in Spielen wie Baldur's Gate oder Pillars of Eternity. Allerdings wird die Zeitlupe hier nach ein paar Sekunden automatisch wieder aufgehoben. Was das bringen soll, wissen wir auch nicht. Wirklich viel Zeit zum Überlegen bekommt man so jedenfalls nicht. Ist aber auch nicht weiter tragisch, denn zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad stellen die wenigsten Kämpfe eine Herausforderung dar. Genre-Veteranen spielen darum im schweren Modus. Dort sind die Monster zäher, die Taktik geht aber selten über das Prinzip »Tank verspottet, Heiler heilt, Rest haut drauf« hinaus. Boss-Taktik bei Endgegnern? Brauchen wir nicht.
Wikinger-Würstchenbude
Kyn baut auf die nordische Mythologie. Die sechs spielbaren Hauptfiguren, die man im Spielverlauf freischaltet und gleichzeitig steuert, sind allesamt unrasierte, schlecht gelaunte Krieger mit Namen wie Thorfinn oder Gunnar. Diese werfen einander Sprüche um die Ohren wie: »Lass dir ein paar Eier wachsen!« Übrigens immer nur in Textform, denn Sprachausgabe gibt es keine. Interessant oder gar liebenswert ist keine der Hauptfiguren. Frauen mischen ab und zu als vorübergehende Gaststars mit, die Hauptrollen sind ausnahmslos männlich.
Eigene Helden erschafft man nicht, dafür kann man die Attribute und Fähigkeiten der sechs Charaktere jederzeit neu verteilen. Ob man nun eine gut ausbalancierte Gruppe mit Tank, Heiler, sowie Nah- und Fernkampfschaden oder lieber sechs Bogenschützen spielen will - Kyn bietet für jeden Fall die Möglichkeit.
Da ist es praktisch, dass wir in Kämpfen überwiegend Crafting-Rohstoffe finden und so die Ausrüstung den Bedürfnissen unserer Helden entsprechend maßschneidern. Je nach Spezialisierung schaltet man zudem haufenweise Zaubersprüche und Spezialattacken frei. Schildhiebe, Golem-Kampfbegleiter, brennende Pfeile und viele weitere Fähigkeiten stehen zur Auswahl. Schade nur, dass man je Held immer nur zwei Fertigkeiten und einen ultimativen Skill festlegen darf. Schlicht doof, dass man die Kamera in den Kämpfen nicht rotieren kann, denn Türme oder Vergleichbares werden nicht automatisch ausgeblendet und versperren deswegen hin und wieder die Sicht.
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