Erzwungene Liebe
Im Mittelpunkt der Geschichte steht aber nicht nur Chloe. Während des Konzerts treffen wir auf einen zweite Figur, die für die Geschichte eine nicht minder wichtige Rolle spielt: Rachel Amber, mit der wir zwei betrunkene Typen in die Flucht schlagen und anschließend gemeinsam einen unvergesslichen Abend verbringen.
Im Laufe der ersten Episode entwickelt sich recht schnell eine sehr innige Beziehung zwischen Chloe und Rachel, die - wenn wir die entsprechenden Gesprächsoptionen auswählen - mehr als nur freundschaftlicher Natur ist. Die mögliche Romanze zwischen Chloe und Max in Life is Strange erfreute sich insbesondere in der Queer-Community großer Beliebtheit, musste sich aber gleichzeitig den Vorwurf gefallen lassen, die Beziehung der beiden viel zu vorsichtig abzuhandeln, anstatt sie explizit zum Ausdruck zu bringen.
In Before the Storm wird die Liebe zwischen Chloe und Rachel ganz sicher nicht nur subtil angedeutet. Schon bei unserem zweiten Treffen mit Rachel in einem Zug, erhalten wir die Option, mit ihr zu flirten. Das machen wir natürlich und sehen Chloe anschließend dabei zu wie sie auf Rachels Aufruf "lass uns etwas Lustiges machen!" einfach mit "ich bin schon entjungfert, sorry!" antwortet. Sicher ist das ein wenig plump, macht uns aber sofort klar, wie es um die Beiden gestellt ist.
Doch so explizit das romantische Interesse der beiden Figuren zum Ausdruck gebracht wird, so forciert ist es auch. In der Geschichte wird nicht klar, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass sich beide Figuren plötzlich so nahe stehen. Uns hätte vielleicht eine Sequenz während des Konzerts gefehlt, in der die Motivationen der beiden Figuren näher erläutert werden, die ihre spätere Zuneigung erklären.
Gelungener Auftakt
Am Ende fällt das aber nicht so sehr ins Gewicht wie anfangs befürchtet. Trotz deutlicher Schwächen in der Charakterisierung seiner Figuren gelingt es der ersten Episode von Life is Strange: Before the Storm, uns emotional mitzureißen. Das liegt einerseits an den sympathischen Charakteren und andererseits an der Art und Weise, wie das Spiel seine Geschichte inszeniert.
Wie der Vorgänger greift Before the Storm auf einen stimmigen Soundtrack (hier von Indie-Künstlerin Daughter) und eine Naturkatastrophe (hier ein Waldbrand) zurück, was die Dramatik passend untermalt. Die Dialoge sind zuweilen zwar ungeschickt, aber das macht gleichzeitig auch den gewissen Charme des Spiels aus. Fast zwei Jahre nach dem erscheinen der finalen Episode von Life is Strange fühlte sich "Erwachen" wie eine Rückkehr nach Hause an, die uns lachen, mitleiden und peinlich berührt erröten ließ - ganz nach dem Vorbild des Teenagerdramas von Dontnod.
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