Seite 2: Making of The Witcher - Brillanz zwischen Bugs und Busen

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Verworren?

Die Welt des Hexers Geralt, den man im Spiel steuert, ist keine Erfindung des Entwicklerteams. Ausgedacht hat sie sich Andrzej Sapkowski (63), Polens bekanntester Fantasy-Autor. Anfang der 1990er-Jahre schrieb er die ersten Witcher-Bücher, deren erwachsene, düster-vielschichtige Erzählweise ihn über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte.

CD Projekt erwarb von Sapkowski die Lizenz für eine Computerspiel-Umsetzung der Witcher-Welt. An einer Mitwirkung hatte der Autor kein Interesse, wohl auch deshalb, weil er davor mit einer missratenen Verfilmung schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Dennoch verfolgte Sapkowski die Entwicklung, fasste Zutrauen, half schließlich bei der Ausgestaltung der Karte für die Spielwelt und beriet das Team bei Fragen zu den Büchern.

Innerhalb eines durch die Lizenz definierten, in vieler Hinsicht festgelegten Szenarios zu arbeiten empfand der Chef-Designer Madej nicht als Einschränkung, im Gegenteil: »Ich kann Lizenzen nur empfehlen! Nicht nur, dass sie einem eine Menge Hintergrunddesign abnehmen, sie helfen auch ungemein bei der Kommunikation im Studio.« Denn jeder Mitarbeiter hatte von Vornherein Zugriff auf alle Bücher und Geschichten; so fiel es dem Team wesentlich einfacher, eine gemeinsame Vision der Spielwelt zu finden und zu erhalten. »Meine Meinung zu Kreativität ist diese: Je eingeschränkter du bist, desto stärker wirst du dazu gezwungen, kreativ zu denken«, sagt Madej.

Die Sex-Sammelkarten

Der Hexer Geralt ist ein potenter Casanova: Mit 22 Frauen kann der talentierte Fechter im Laufe seines Abenteuers ins Bett steigen. Jede Eroberung belohnt das Spiel mit einer schlüpfrigen Zeichnung der Verführten, der Stil erinnert an Sammelkarten. Der hier abgebildete Entwurf hat es nicht in die Verkaufsversion geschafft, wurden aber im April 2008 für das kostenlose Erweiterungs-Modul »Der Preis der Neutralität« verwendet.

CD Projekt musste sich wegen des Sammelkarten-Prinzips den Vorwurf des Sexismus machen lassen: Das Spiel degradiere Frauen zu austauschbaren Objekten. »Mit dem gleichen Recht könnte man die James-Bond-Filme kritisieren«, verteidigt der Lead Designer Michal Madej das Konzept. »Geralt ist nun Mal genau diese Art von Held. Nicht nur ein legendärer Monsterjäger, sondern auch ein legendärer Liebhaber.« Die Sammelkarten seien »geschmackvoll«, meint Madej, und letztendlich bleibe es doch die Entscheidung des Spielers, ob er auf Schürzenjagd gehe oder nicht: »Wer diese Freiheit missbraucht, der sollte sich schämen.«

Vertan?

In The Witcher haben Schlüsselentscheidungen des Spielers Folgen, die sich erst viel später in der Handlung zeigen, teils mit dramatischen Auswirkungen. Die Inspiration für dieses Konzept dürfte das Entwicklerteam nicht lang gesucht haben. Denn die Konsequenzen falscher Entscheidungen bekam es am eigenen Leib zu spüren.

Rund um den kantigen Hexer Geralt entspinnt das Rollenspiel The Witcher eine düstere Geschichte, in der moralische Entscheidungen eine Rolle spielen. Rund um den kantigen Hexer Geralt entspinnt das Rollenspiel The Witcher eine düstere Geschichte, in der moralische Entscheidungen eine Rolle spielen.

»Wir wussten von Anfang an, dass sich jede einzelne Idee nach zwei Jahren entweder als richtig oder als falsch erweisen und dann möglicherweise gewaltige Probleme und Kosten aufwerfen würde«, beschreibt Michal Madej. So kam es auch. Das Kampfsystem, an dem CD Projekt über ein Jahr lang gearbeitet hatte, stellte sich als untauglich heraus; es basierte auf einem Symbolbalken, mit dem Spieler eigene Schlagkombinationen zusammenfügen konnten. »Das war sehr komplex und vollkommen unnötig«, urteilt Madej rückblickend. Die Kämpfe wurden auf das Drei-Stile-Konzept umgestellt, das im fertigen Spiel landete.

Auf die gleiche Weise verabschiedete sich CD Projekt Red während der Entwicklung vom Alchemiesystem, das sich als zu ambitioniert herausstellte. Es wurde stark entschlackt und vereinfacht. Das Team musste zudem Technologie austauschen und mehrmals Grafiken von Grund auf neu entwerfen. »Vielleicht sind wir etwas naiv an das Projekt herangegangen«, sinniert Michal Madej. »Oder besser gesagt: zu optimistisch.« Beim Projektbeginn hatte CD Projekt 2005 als Veröffentlichungsjahr angepeilt. Davon war bald keine Rede mehr.

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