Gestern veröffentlichten wir eine News auf GameStar, in der es um den wohl menschlichsten Roboter der Welt geht. Kurz zusammengefasst:
- Ein norwegisches Start-up präsentierte NEO, einen humanoiden Haushaltsroboter, der sich sehr menschlich bewegt und verhält.
- NEO ist 1,65 m groß, kann laufen und joggen und mit seinen Händen sowohl zärtlich Eier aus der Packung klauben als auch schwere Kisten heben.
- NEO kommuniziert nonverbal und besitzt weder Stimme noch Gesicht.
Ja, genau. Kein Gesicht, sondern nur eine schwarze Fläche. Schaut’s euch gern selbst an.
Link zum YouTube-Inhalt
Die Bewegungen sind so menschlich, dass so manch einer glaubt, da steckt ein Mensch im Jumpsuit, der einen Roboter nachahmt.
Das Erste, was ich beim Anschauen des Videos gefühlt habe, war Unbehagen. In der Kommentarspalte unter unserer News geht es euch teilweise nicht anders.
Also ich finde den richtig gruselig, wenn der morgens so neben meinem Bett steht bekomme ich garantiert einen Herzinfarkt, allein diese Terminator Hand, echt creepy....
Skynet... und so beginnt es! :D
iRobot... an den Film erinnert mich das.
Wo ist denn bitte das Gesicht?
In der Tech-Geschichte gibt es so einige Design-Flops, über die wir heute lachen.
- Die ersten tragbaren PCs (tragen im Sinne von »anziehen«) aus dem Jahr 2000 zum Beispiel.
- Nintendos Virtual Boy, der für Nacken- und Augenschmerzen sorgte, war nur einer von vielen Fails des japanischen Unternehmens.
- Und dann ist da noch die ganze haarsträubende Historie um dreirädrige Autos.
Cyberpunkige PC-Wearables, zu große Pseudo-VR-Brillen und Dreiräder sind ja irgendwie ganz lustig, aber wieso in Asimovs Namen hat 1X seinem NEO kein Gesicht gegeben? Und seien es nur Emoji-mäßige Reaktionen gewesen.
Für mich steht das völlig im Kontrast zum restlichen Aussehen. Der NEO hat richtig aufwändig konstruierte Hände (sehen wir kurz mal davon ab, dass sie wie die eines Terminators aussehen), bewegt sich täuschend echt – und dann ist sein Gesicht einfach nur eine schwarze Fläche.
Ich und viele andere finden haargenau das gruselig. Der Roboter bewegt sich im »Uncanny Valley« und dieser Effekt ruft bei vielen von uns Unbehagen hervor, das fand auch eine Studie von 2019 heraus.
Der Begriff »Uncanny Valley« stammt tatsächlich aus der Robotik. 1970 hat der japanische Robotiker Masahiro Mori erstmals das »Phänomen des unheimlichen Tals« beschrieben. Das besagt, dass Menschen so lange mit Robotern interagieren wollen, bis ein gewisser Punkt erreicht ist, an dem der Roboter so menschenähnlich wird, dass sie verunsichert sind.
Womöglich hat man sich bei 1X gegen ein Gesicht entschieden, um den NEO unmenschlicher wirken zu lassen und so versucht, den Uncanny-Valley-Effekt zu vermindern. Zumindest bei mir hat das nicht geklappt.
Ich stelle mir vor, wie der Haushaltsroboter abends in seiner Ladestation (oder der Steckdose?) steht und wartet. Er steht einfach nur in der Ecke, mit seinem leeren Gesicht und lauert in der Dunkelheit. Wer weiß schon, was er als Nächstes plant? Findet ihr das nicht gruselig?
Warum denn keine Tiere?
Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir zu Hause den ersten Staubsaugerroboter getestet haben. Sowohl meine Frau als auch meine Schwiegermutter fanden den kleinen, tapsigen Roboter sofort putzig. Wir hatten ihn Dustin getauft (weil der Staub in ihn reingeht, Dust-in, logisch) und sofort vermenschlicht.
Aus Dustin ist mittlerweile übrigens der Dustroyer geworden.
Jetzt ist ein Staubsaugerroboter meist einfach nur eine runde Schreibe, aber es braucht also gar nicht viel, damit wir eine Beziehung zu einem Roboter aufbauen. Das Goethe Institut in Großbritannien fand beispielsweise heraus, dass Menschen weniger Angst vor Robotern haben, wenn sie aussehen wie ein Haustier, ein Tierbaby oder ein Kuscheltier.
Als Beispiel führt der Bericht Paro an, einen therapeutischen Roboter, der wie eine Robbe aussieht. Der wurde ebenfalls in Japan entwickelt und kann nachweislich Stress abbauen. Im verlinkten Artikel hilft der Stoffroboter sogar demenzkranken Menschen.
Die Lösung für NEO wird sicherlich nicht sein, ihm einfach ein Fell anzuziehen. Im Umkehrschluss wird eine Roboterrobbe wohl kaum im Haushalt helfen können, dazu braucht es dann doch einfach Finger.
Für mich liegt die Lösung irgendwo in der Mitte. Wenn ich einen nützlichen Roboter im Haushalt haben möchte, dann steht Effizienz im Vordergrund; ich will nicht mit ihm schmusen. Er sollte aber auch nicht im Uncanny Valley liegen, sodass er in mir Unwohlsein hervorruft. Bitte macht ihn praktisch, aber lasst ihn nicht aussehen wie ein Mensch (Fell ist natürlich optional, solange ich ihn nicht bürsten muss).
Im Übrigen hat der CEO von 1X angekündigt, in wenigen Tagen mehr zum NEO zu zeigen, als nur ein paar kurze Clips.
Link zum Twitter-Inhalt
Ob mich das wohlwollender stimmen wird? Keine Ahnung, aber solange solche Roboter mich gruseln, räume ich meine Spülmaschine lieber selber aus und schaue mir lieber das hervorragende Terminator Zero auf Netflix an.
Passend zum Thema: Wir sind nicht mehr so weit davon entfernt, bemannte Roboter einzusetzen, als ihr glaubt
Ach ja, als ich mit der Redaktion diese Kolumne gebrainstormt habe, kam uns die Idee, Masken für den NEO zu entwerfen, um ihm ein Gesicht zu geben. Sollte sich der 1X NEO in den nächsten Jahren und Jahrzehnten durchsetzen, habe ich also schon eine Geschäftsidee in der Hinterhand.
Wie wirkt der »menschlichste Roboter aller Zeiten« auf euch? Könntet ihr euch vorstellen, einen solchen Helfer im Haushalt zu haben? Schreibt es in die Kommentare.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.