Manche Dinge gehören einfach auf den Müll. Mein letztes Abendessen zum Beispiel, weil ich es mit dem Pfeffer übertrieben habe. Mein Lernmaterial für die abgegebene Masterarbeit. Oder Wirecard-Aktien. Und eigentlich auch meine Minecraft-Welt, obwohl ich seit zehn Jahren daran baue.
Denn durch das Spielen mit einem uralten Spielstand hat meine Welt einige unschöne Macken entwickelt, die mich manchmal daran zweifeln lassen, ob ich überhaupt noch darin weiterspielen sollte.
Dass ich es trotzdem immer wieder tue, zeigt vor allem eins: Spiele müssen nicht schön sein, um mir etwas zu bedeuten. Auch das vermeintlich Hässliche kann einem ans Herz wachsen. Lasst mich euch von meiner hässlichen Welt berichten.
Es war einmal…
Ihren Anfang nimmt diese Geschichte im Jahr 2011, also noch während der Beta von Minecraft. Ich war damals stolze 13 Jahre alt und ging in die siebte oder achte Klasse. Minecraft war in jenem Sommer der heiße Sch… paß. Ein Klassenkamerad hatte eines Tages einen USB-Stick mit einem Crack des Klötzchenspiels mit in die Schule gebracht. Und der wurde natürlich munter weiter verteilt. Kurzer Disclaimer: Ich habe mir das Spiel natürlich später auch gekauft!
Mit meinem besten Kumpel setzte ich damals eine gemeinsame Welt auf, die wir abwechselnd spielten. Die LAN-Funktion gab es damals noch nicht. Wir tauschten den Spielstand also richtig altmodisch per USB. Meistens hockten wir aber sowieso gemeinsam vor dem Rechner. Ich weiß noch genau, wie der Levelgenerator mich damals an einem Sandstrand in die Freiheit entließ und ich dachte: Hier baue ich mal eine Villa. Aber immer der Reihe nach.
Die Kirche im Dorf
Wir fällten die ersten Bäume, schürften nach Kohle und errichteten die erste behelfsmäßige Behausung. Und wurden Stück für Stück in den Strudel der Kreativität gesogen. Ihr kennt das ja sicher: Wenn man in Minecraft einmal ein Bauprojekt angefangen hat, dann muss man es auch durchziehen. So entstanden um das erste Haus schnell ein Tempelbezirk, Brücken und eine Burg.
Mit jedem abgeschlossenen Projekt wurden die Pläne ehrgeiziger: Ich setzte mir damals in den Kopf, eine ganze mittelalterliche Stadt zu bauen - samt Hafen, Arena und einer gotischen Kathedrale. Die Idee zu letzterer kam mir, weil ich damals frisch Die Säulen der Erde
gelesen hatte. Auch in dem historischen Roman geht es um den Kirchenbau.
Die Pläne für die Kathedrale zeichnete ich übrigens in der Schule auf karierten Collegeblock-Blättern. Mein Mathe-Lehrer fand das verständlicherweise nicht so witzig.
Irgendwann wurde die Welt dann mein persönliches Projekt. Mein Kumpel hatte seinen Schulabschluss gemacht und eine Lehre begonnen. Er verlor das Interesse an Minecraft. Ich hingegen machte weiter und weiter und weiter. Bis… naja: heute.
Das Update zum Abgrund
Ihr fragt euch jetzt sicher, wo die Probleme stecken, von denen ich eingangs gesprochen habe. Bisher klingt das doch alles ganz toll.
Nun, die Probleme kamen mit der Zeit. Durch mehrfache Rechnerwechsel und neue Minecraft-Versionen kam es zu Fehlern bei der Weltgenerierung. Neu entdeckte Gebiete wollten sich einfach nicht nahtlos an die bisherige Map anschließen.
Die Folge: hässliche Kanten, unnatürlich abgeschnittene Felswände und erratische Landschaftswechsel an vielen Stellen meiner Map. Und das teilweise sogar direkt hinter den Grenzen meiner schönen Stadt. Ich fing an, diese Stellen bewusst zu meiden. Denn jedes Mal, wenn ich dort vorbeikomme, frage ich mich, ob es nicht besser wäre, einfach eine neue, fehlerlose Welt anzufangen.
Das Problem mit den Mods
An einigen Macken bin ich aber auch selbst schuld. Denn für einige meiner größeren Bauprojekte griff ich auf Mods wie den mittlerweile leider eingestellten Level-Editor MCEdit zurück - Ruhe in Frieden, alter Freund.
Damit war es möglich, in anderen Spielständen gebaute Gebäude auf meine Map zu übertragen. Allerdings säbelte man damit auch manchmal unbeabsichtigt halbe Berge weg oder war anschließend mit dem Ergebnis unzufrieden.
Manche dieser Stellen bekamen dann ein Work in Progress
-Schild und die gedankliche Notiz, hier später aus einem älteren Kopie des Spielstandes die unbeschädigte Landschaft wieder rein zu kopieren. Tja, und dann wurde der MCEdit auf einmal nicht mehr unterstützt. So ein Pech.
Keine Kirschbäume für mich
Ein weiteres Problem mit meinem alten Spielstand: Neue Updates kommen nicht mehr bei mir an. Also rein theoretisch schon, aber ich habe nicht viel davon. Denn im Laufe der Jahre habe ich meine Welt ausgiebig erkundet und Expeditionen selbst in die entlegensten Ecken der Map gemacht.
Dadurch macht mir Minecrafts prozedurale Map-Generierung jetzt das Leben schwer. Denn hat man ein Gebiet in Minecraft einmal entdeckt, wird der Kartenabschnitt im Spielstand gespeichert.
Um in den Genuss neuer Biome, Blöcke oder Höhlen zu kommen, müsste ich ewig laufen, um diese Gebiete zu erreichen. So schnell werde ich die neuen Kirschbäume aus Update 1.20 also nicht zu Gesicht bekommen. Da wäre es natürlich viel einfacher, einen neuen Spielstand anzufangen.
Dieses verflixte Herz
Insgesamt spräche wohl einiges dafür, meine Welt endlich in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken. Doch ich bringe es einfach nicht übers Herz. An ihr hängen zu viele gute Erinnerungen, kreative Energie und vor allem Zeit, als dass ich einfach den Lösch-Button drücken könnte und in einer anderen Welt von vorne anfangen könnte. Denn trotz all ihrer hässlichen Ecken und Kanten ist mir meine Welt in den letzten 12 Jahren ans Herz gewachsen.
Vielleicht will mir diese innere Weigerung, eine neue Welt zu beginnen, aber auch sagen, dass es an der Zeit ist, mit Minecraft abzuschließen. Denn so viel Zeit und Motivation wie früher habe ich aktuell ohne nicht mehr. Und vielleicht ist das auch ein schöner Kompromiss, wenn meine erste Minecraft-Welt zugleich auch meine letzte ist.
Spielt ihr nach all den Jahren immer noch Minecraft? Habt ihr ähnliche Probleme erlebt, wie ich? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!
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