- Was tun, wenn einem kein Spiel mehr Spaß macht?
- Unser Autor hat Spielefrust, ist dem Spaß am PC müde geworden und will nicht mehr.
- Doch als er das erste Mal Valves Knobel-Abenteuer Portal spielt, macht er eine erstaunliche Entdeckung.
Natürlich weiß ich, dass eine Redaktion keine Antidepressiva verschreiben kann. Ich hatte Michael Graf gesagt: Micha, ich kann nichts mehr spielen, ich bin erschöpft. Eingeklemmt in meinen Stuhl, aufgeschwemmt unter beständiger Zugabe von Hitze und Junkfood, und im Herbst, an den ersten kühlen Tagen, werden mich die Nachbarn finden und der Rettungsdienst wird sagen, er hätte ja viel erlebt, aber das. Das Wort waffelteigartig wird fallen.
Die Geschichte, an dessen Ende ich mich fühlen werde wie ein Kälbchen, das man jüngst von seiner Mutter getrennt hat, beginnt an einem Dienstagvormittag. Petra Schmitz und ich schreiben gerade Whatsapp.
Ich erkläre ihr, dass ich mich seltsamerweise auf kein Spiel mehr einlassen kann, auch wenn die Redaktion mich völlig zurecht an meine alte Schuld erinnert: Ich muss noch einen bereits bezahlten Artikel abliefern. An Bereitschaft mangelt es nicht, wohl aber an der Freude am Spiel, vielleicht überhaupt im Leben.
In meiner Düsterhaftigkeit will ich die Fenster von innen verkleben und alle Telefon- und Stromleitungen rausreißen und die Türschlösser und -spalte?? mit Bauschaum versiegeln, um mich der ewigen Hitze und Raserei hinzugeben und nicht meiner Umwelt auf den Sack zu gehen. Aber Petra meint, dies sei keine Option. Sie hätte da was. Das wirke auf mich sicher besser als Antidepressiva. Portal.
Dieses Spiel werde meine seelischen Wunden heilen, Erschöpfungen durch Corona, zwei kleine Kinder und keine Kita lindern, mir sofort alle Freude am Spielen zurückbringen, ganz sicher. Ich glaube ihr nicht und höre mit steigender Skepsis dieses gewisse Schamanentum, das Petra immer hat, wenn sie etwas besonders mag und es jemandem empfehlen will. Trotzdem legte ich wenig später meine Hände niedergeschlagen auf die Tastatur und versuchte, mich an mein Steam-Passwort zu erinnern - Portal, 8,19 Euro im Sale.
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Der Autor
Alexander Krützfeldt ist 34 Jahre alt und schreibt Bücher oder für Zeitungen. Für GameStar hat er schon mit Ärzten und Survival-Experten gesprochen und einen Bauernhof mit Aufbauwissen aus Die Siedler flott gemacht. Zuletzt litt er aber unter Spielemüdigkeit. Ob Portal dagegen hilft?
Aufwachen im Labor
Ich werde auf dem Fliesenboden wach, alles leergeräumt und gekachelt. Scheinbar hat der Leveldesigner versucht, räumlich meine Depression abzubilden. Ich bin hocherfreut, wie ich immer hocherfreut bin, wenn ich zum Beispiel Fliegen auf meiner Fensterbank finde; mit den Beinchen nach oben.
Eine Computerstimme erklärt mir, meine Aufgabe sei es, eine Art Testperson zu sein, wofür weiß ich nicht, und dass es 19 Level gibt - und am Ende Kuchen. Da ich Süßspeisen verabscheue, ist das keine Option. Die Motivation muss sich aus anderem speisen.
Ich rucke zunächst verhalten Klötzchen auf Schalter, was sich anfühlt, als würde ich nach einem Schlaganfall das Sprechen lernen. Die Computerstimme lobt mich beständig und weist mich? ?auf kleinere Gefahren hin, was ich mag. Das ist ja auch der Grund, weshalb ich häufig mit meiner Mutter telefoniere.
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