Als ich vor einigen Jahren Schloss Schönbrunn in Wien besichtigte, fiel mein Blick im Ballsaal auf ein Bild, das einen roten Farbklecks auf weißem Untergrund zeigte. Das Gemälde trug den Titel »Österreich«, an den Namen des Künstlers erinnere ich mich nicht mehr.
Woran ich mich aber noch ganz genau erinnern kann, ist das, was ich in dem Moment dachte, als ich das Bild sah: »Und das soll jetzt Kunst sein?« Etwas, das in meinen Augen wirkte wie ein Unfall mit einem Farbeimer, sollte sich mit dem gleichen Begriff schmücken dürfen wie Meisterwerke von Egon Schiele oder Oskar Kokoschka? Für mich war und ist das vollkommen undenkbar.
Und wie es scheint, ist es für manche Kunstexperten bis heute ebenfalls undenkbar, dass Videospiele Kunst sein können. Wie soll sich denn ein Medium, das gerade einmal ein halbes Jahrhundert alt ist (die Ursprünge der Videospiele in den 50er Jahren mal nicht mit eingerechnet) und noch dazu hauptsächlich der profanen Selbstbespaßung dienen soll, irgendeinen künstlerischen Wert haben können?
Die Debatte um die Frage, ob Videospiele Kunst sind oder sein können, führen Befürworter und Gegner bereits seit Jahren. Der Kunst-Journalist Jonathan Jones etwa konstatierte 2012 in seinem Artikel »Sorry MoMA, video games are not art« für den Guardian, Kunst sei »die Reaktion einer Person auf das Leben« und müsse stets einen »Akt persönlicher Vorstellungskraft« darstellen.
Bei Videospielen gehe es vielmehr darum, eine Erfahrung durch die Interaktion zwischen Spieler und Programm zu erschaffen, wobei weder der Spieler noch der Entwickler des Spiels mit dem Videospiel eine persönliche Vision vom Leben an sich ausdrücken könnten.
Dem wiederum entgegnete Matt Adams, Mitgründer des Kunstkollektivs Blast Theory, dass viele Spiele von der Vision eines einzelnen Designers angetrieben würden - »Videospiel-Connaisseure könnten einen Miyamoto von einem Wright innerhalb von Sekunden unterscheiden«, ist sich Adams sicher.
Report über das Kulturgut Videospiele:
Warum wir spielen - Auf der Suche nach dem Herz
Fest steht: Über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte hat sich das Medium der Videospiele stetig weiterentwickelt und sich immer weiter vom ursprünglichen Ansatz des reinen Unterhaltungszwecks emanzipiert. Eben diese Emanzipation erlaubt das Wiederaufleben der Diskussion um den Kunstcharakter von Videospielen - das hat erst kürzlich der Artikel des New-York-Times Journalisten Peter Suderman gezeigt, der Videospiele am Beispiel von Red Dead Redemption 2 zum Kunstobjekt erklärte.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.