Spider-Man: No Way Home hat zwei Gesichter - Unsere spoilerfreie Filmkritik

Kaum ein Film wird dieses Jahr heißer erwartet. Jetzt können wir beurteilen, ob Spider-Man: No Way Home dieser Verantwortung gewachsen ist.

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Seitdem Far From Home in den Kinos lief, musste Spider-Man auch außerhalb der Leinwand eine sehr turbulente Zeit durchleben.

Beispielsweise schien es zwischenzeitlich so, als wäre Spidey raus aus Marvels Filmuniversum und läge wieder vollständig in der Hand von Sonys eigenem Spidey-Kosmos. No Way Home wäre dann sicherlich ein sehr, sehr anderer Film geworden als er es jetzt ist. Denn wie Fans sicherlich wissen, kam es nie dazu. Nach wie vor darf Spidey durch das größte Filmuniversum der Kinogeschichte schwingen und so auf andere Helden wie Iron Man, Captain America oder eben Doctor Strange treffen.

Falls ihr die Trailer gesehen habt (was bei 79 Millionen Aufrufen allein auf YouTube sehr wahrscheinlich ist), wisst ihr auch bereits, dass gerade letzterer eine Kernrolle im dritten Spider-Man mit Hauptdarsteller Tom Holland spielt. Und ausgerechnet Stranges Magie ist letztlich Schuld daran, dass dieser Film im Vorfeld noch mehr Fanherzen höher schlagen ließ, als irgendein Film mit der menschlichen Spinne jemals zuvor. Dafür genügten zwei Worte:

Hello, Peter.

Doch selbst die rosaroteste Nostalgiebrille reicht nicht immer aus, um einen Blockbuster für über zwei Stunden interessant zu gestalten. Tatsächlich zerbricht die Brille in Far From Home sogar schon sehr viel früher. Ein Glück, dass der Film kurz danach lernt, auch ohne rosarote Sehhilfe seinen Weg zu finden.

Worum geht es in Spider-Man: No Way Home genau?

Es ist kein großes Geheimnis mehr, dass gerade Marvel in seinen Trailern gerne etwas schummelt. Da werden Schauplätze oder Situationen mit CGI vorgetäuscht oder ganze Szenen reingeschnitten, die im finalen Film gar nicht vorkommen. So auch bei allen Trailern zu Spider-Man: No Way Home, aber die groben Plotpunkte kann man sich anhand der Vorschau trotzdem sehr gut zusammenreimen. Falls ihr komplett ohne (Trailer-)Vorwissen ins Kino gehen wollt und euch nur unsere Meinung interessiert, dann springt direkt zum nächsten Absatz.

Spider-Man - Der neue Trailer zeigt uns endlich die Schurken in ihrer vollen Pracht Video starten 3:04 Spider-Man - Der neue Trailer zeigt uns endlich die Schurken in ihrer vollen Pracht

Insbesondere die Ausgangslage ist schon seit der Mid-Credit-Scene des Vorgängers klar: Oberschurke Mysterio (Jake Gyllenhaal) hat in den letzten Momenten seines Lebens dafür gesorgt, dass die ganze Welt Spider-Mans wahre Identität kennt. Peter Parker ist der Öffentlichkeit also gnadenlos ausgeliefert, die sich nun kreischend auf den Teenager und seine engsten Vertrauten stürzt.

Darunter sind einerseits kopflose Fans, die den Helden bejubeln. Aber eben auch zahlreiche Kritiker, die angestachelt von J. Jonah Jamesons (J. K. Simmons) Paranoia und Mysterios Lügen Spider-Man für den fleischgewordenen Teufel halten. Zumal Peter, Tante May (Marisa Tomei), Freundin MJ (Zendaya) und bester Kumpel Ned (Jacob Batalon) auch ins Visier der Polizei geraten. Für Peter gibt es da nur noch einen Ausweg: Zauberei.

Glücklicherweise hat er ja gerade erst mit dem mächtigsten Zauberer der Welt das Universum gerettet. Und so soll Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) dem jungen Mann kurz vor dem Schulabschluss nun dabei helfen, dass alle seine geheime Identität wieder vergessen. Das geht natürlich furchtbar schief, jeder weiß noch, wer er ist, und zu allem Übel stolpern Schurken aus früheren Spider-Man-Filmen in das MCU-New-York. Plötzlich muss er sich mit gleich fünf Superschurken anlegen und sie zusammen mit Dr. Strange wieder in ihre Dimension zurückschicken, wobei letzterer wiederum Methoden einsetzt, die Spider-Man alles andere als gut heißt. Das Chaos ist perfekt.

Electro, Sandman und der Lizard sind zwar als Schurken dabei, die Stars sind aber zweifellos der Grüne Kobold und Doc Ock. Electro, Sandman und der Lizard sind zwar als Schurken dabei, die Stars sind aber zweifellos der Grüne Kobold und Doc Ock.

Für wen sich Spider-Man: No Way Home lohnt

Trotz der Zankerei mit Sony bleibt No Way Home ein Film aus dem Marvel Cinematic Universe und das kommt mit den bekannten Vor- und Nachteilen. Einerseits werden Fans sofort kleine Jubelrufe ausstoßen, wenn bekannte Charaktere (auch unerwartete) auftreten oder es Anspielungen auf vergangene Ereignisse gibt. Man kann schlicht schwer ignorieren, dass noch vor ein paar Jahren das halbe Universum von einem größenwahnsinnigen Titanen ausgerottet wurde.

Auf der anderen Seite setzt dieses serielle Format natürlich einiges voraus. Selbst wenn ihr die beiden direkten Vorgänger gesehen habt, aber nur einen Teil der anderen Marvel-Filme. werdet ihr höchstwahrscheinlich schnell den Faden verlieren und euch kaum noch zurecht finden.

In No Way Home ist es sogar noch schlimmer als in den Avengers-Filmen, da nicht nur Vorkenntnisse der MCU-Filme notwendig sind. Sollte jemand die ersten drei Spider-Man-Filme mit Tobey Maguire und die zwei Amazing-Spider-Man-Filme mit Andrew Garfield nicht kennen, dann wird diese Person schlicht mit Fragezeichen ob diverser Anspielungen überrollt.

Von Doctor Strange bekommt Peter einen magischen Handschuh, mit dem sich die Schurken einfangen lassen. Von Doctor Strange bekommt Peter einen magischen Handschuh, mit dem sich die Schurken einfangen lassen.

Der eigentlichen Handlung dürften trotzdem die meisten folgen können, die bleibt Marvel-typisch nämlich eher seicht. Aber kein anderer Film aus dem gesamten MCU hat jemals so viel von seinen Zuschauern erwartet, um ihn wirklich komplett genießen zu können.

Falls ihr übrigens beinharte Spider-Man-Fans seid, dann ist No Way Home eine bedenkenlose Empfehlung. Ihr werdet danach nicht mit so viel Wut im Bauch aus dem Saal entlassen, wie das höchstwahrscheinlich bei Amazing Spider-Man 2 der Fall war.

Der Film mit den zwei Gesichtern: Stärken und Schwächen

Ein großer Aspekt in der Geschichte von No Way Home ist die Zerrissenheit Peters. Auf der einen Seite versucht er als Peter Parker ein normales Leben zu führen, auf der anderen Seite grätscht ihm die Verantwortung eines Superhelden immer wieder dazwischen. Dass Peter mit aller Macht versucht, beides ins selbe Netz zu wickeln, ist überhaupt erst Schuld an der erneuten Misere.

Von daher ist es fast schon zu passend, dass der Film selbst mit zwei unterschiedlichen Identitäten ringt. Denn die erste Hälfte von No Way Home ist die meiste Zeit über extrem anstrengend. Das Tempo ist viel zu hoch, die Handlung wirkt überladen und der Humor erscheint ausnahmslos gezwungen. Kein Gag sitzt so richtig, nichts sorgt für große Überraschungen, und selbst die ikonischen Superschurken wirken beizeiten wie Karikaturen ihrer selbst. Eigentlich trägt die erste Hälfte nur reine Nostalgie - und selbst die flacht schnell ab, da das Auftreten bekannter Gesichter keine Überraschung mehr ist. Alle wurden in den Trailern bereits gezeigt.

Peters Freunde leiden ebenfalls darunter, dass die ganze Welt sein Gesicht kennt. Das hält Ned und MJ aber nicht davon ab, Spidey unter die Arme zu greifen. Peters Freunde leiden ebenfalls darunter, dass die ganze Welt sein Gesicht kennt. Das hält Ned und MJ aber nicht davon ab, Spidey unter die Arme zu greifen.

Doch gerade wenn sich Enttäuschung anfängt breit zu machen, kriegt der Film noch die Kurve. Ziemlich genau zur Hälfte wechselt der Ton. Nicht rasant, aber der Film fühlt sich dann nicht länger wie eine reine Nostalgiebombe an. Er findet seine eigene Identität, gibt Tom Hollands Peter Parker eine neue Richtung und endet schließlich auf einer sehr emotionalen Note.

Was uns gefallen hat

  • Die Charaktere: Normalerweise sind Filme mit zu vielen Schurken selten eine gute Idee, doch No Way Home profitiert davon, dass wir alle Feinde bereits aus früheren Filmen kennen. Die meisten kommen zwar nicht so zur Geltung wie bei ihren initialen Auftritten, doch insbesondere Willem Dafoe als Norman Osborn kann sich sogar noch mehr austoben. Auch Peter Parker macht im Verlauf eine nachvollziehbare Entwicklung durch, die er im Übrigen dringend gebraucht hat.
  • Das Ende: Das ist nicht sarkastisch gemeint. Je länger No Way Home dauert, umso besser wird der Film. Das Finale ist fulminant und setzt zur Abwechslung mal nicht auf eine generische Armee aus Klon-Soldaten/Monstern/Robotern/Aliens. Das Ende wird hier natürlich nicht verraten, aber es ist ein wundervoller Abschluss. In vielerlei Hinsicht.

Was uns nicht gefallen hat

  • Der Humor: Marvel-Filme sind dafür berüchtigt, es mit ihren Witzen manchmal zu übertreiben. Oft sind die Gags dafür aber auch echt witzig. In No Way Home wirken sie insbesondere in der ersten Hälft im besten Fall bemüht, im schlechtesten Fall schon mal peinlich. In der zweiten Hälfte sitzen die (spärlicheren) Gags deutlich besser.
  • Die Beziehung zwischen Held und Schurken: Es ist schön, dass No Way Home im späteren Verlauf richtig fesselnd wird. Aber davor will einfach keine richtige emotionale Verbindung aufkommen. Sobald der erste Moment der Nostalgie verflogen ist, fehlt der Handlung ein wirklich spannender Konflikt. Wir kennen Schurken wie Doc Ock, den Grünen Kobold oder Elektro, für Tom Hollands Peter Parker sind sie aber Fremde. Das macht ihr Aufeinandertreffen zwar actionreich, aber emotional absolut oberflächlich.

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