Hall of Fame oder Darwin-Award
Wie es sich für ein Roguelike gehört, haben wir nur ein Leben. Und nur, wenn wir sechs Expeditionen am Stück überleben, werden wir in die Hall of Fame der größten Entdecker aufgenommen. Ansonsten geht's wieder von vorne los.
Am Ufer eines neuen Landes angekommen, wählen wir mit der Maus unsere nächsten Etappenziele aus. Fragezeichen auf der in Hexfelder unterteilten Landkarte deuten auf Besonderheiten hin. Was sich hinter den Fragezeichen verbirgt, erfahren wir erst, wenn wir uns nähern. Wie in einem »Choose Your Own Adventure«-Buch stehen uns vor Ort dann mehrere Optionen in Texttafeln zur Auswahl. In Dörfern treten wir in Dialog mit den Menschen und handeln Waren, bitten um einen Schlafplatz oder rekrutieren neue Mitstreiter, in alten Camp-Anlagen suchen wir nach wertvollen Überresten. Und finden wir eine Quelle, können wir Wasservorräte aufstocken und eine Rast einlegen.
Treffen wir im Dschungel auf ein gefährliches Tier, wird der Konflikt wie in einem Brettspiel mit Angriffs- und Verteidigungswürfeln ausgetragen. Jeder Charakter und Begleiter besitzt unterschiedliche Würfelsymbole. Soldaten und Krieger haben rote Angriffssymbole, defensive Charaktere helfen mit Schild- und Heilungssymbolen. Die Kombination von Würfelsymbolen lässt unsere Gruppe effektive Kombo-Attacken oder Verteidigungsmanöver ausführen.
Eine Expedition dauert übrigens im Durchschnitt nur zwischen 15 bis 20 Minuten, für einen kompletten Durchgang sind wir etwa zwei Stunden unterwegs. Die Karten der Länder sind dabei komplett prozedural generiert, das bedeutet, dass sich bei jeder Expedition das Gefühl des Unbekannten einstellt. Orte wie Dörfer und Tempel erscheinen ebenfalls zufallsbasiert, dennoch sieht man sich an den immer gleichen Grafiken schnell satt. Das führte dazu, dass wir uns in späteren Partien eher mechanisch durchklickten, weil Bild und Funktion schon hinlänglich bekannt waren. Hier hätte etwas mehr Abwechslung gutgetan.
Dem Wahnsinn auf der Spur
Jeder Weg zu einem neuen Ziel zehrt am Gemütszustand der Gruppe. Dieser Wert, auf Englisch »Sanity«, ist unsere wichtigste Ressource, die wir stets im Auge behalten müssen. Anstrengende Märsche durch Dschungelunterholz oder Wanderungen auf Berggipfel kosten mehr Kraft und senken die Stimmung. Mit Schokolade, Alkohol, gutem Essen und Bettruhe können wir die Gruppe regenerieren und den Wert wieder steigern.
Sinkt der Sanity-Wert auf null, können wir die Reise zwar trotzdem fortsetzen, aber müssen uns auf unvorhersehbare, meiste negative Ereignisse gefasst machen. Da kann es dann schon mal passieren, dass einer unserer Begleiter komplett durchdreht und in seinem Wahn zum Kannibalen wird oder gleich die ganze Gruppe aus Verzweiflung den Packesel verspeisen will. Diesen Nullzustand der Sanity sollten wir nicht überstrapazieren, denn irgendwann verliert auch unsere Hauptfigur schlussendlich den Verstand und wir damit das Spiel.
Strategische Vielfalt und interessante Entscheidungen
The Curious Expedition ist allerdings nicht nur ein Spiel, sondern auch ein kleines Ethik-Lehrstück. Wir könnten jeden Tempel sofort entweihen, können aber auch alternativ die einheimischen Kulturen respektieren und deren Bräuche dokumentieren. Gleiches gilt für Landschaften und seltene Tierarten, die wir in Bildern und Schriftstücken festhalten, die ebenfalls gegen Ruhm oder Geld am Ende einer Reise eingetauscht werden können.
Doch egal, wie wir uns entscheiden: Mit den Konsequenzen müssen wir leben. Bedienen wir uns zu gierig an den Schätzen eines Landes, werden wir entsprechend unfreundlich von den Völkern empfangen und irgendwann auch angegriffen. So werden wir ständig vor interessante und moralische Entscheidungen gestellt.
In The Curious Expedition steckt also mehr, als es die altmodische Pixelverpackung vermuten lässt. Dem Spiel gelingt es, die Faszination der großen Entdeckungsreisen und das Gefühl der Expedition ins Ungewisse einzufangen und durch die prozedural generierten Landschaften und die Zufallsereignisse interessante, teils skurrile aber immer spannende Geschichten zu erzählen.
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