Lautes Brüllen dröhnt über ein karges, von Felsen umgebenes Plateau, ein rotschuppiger Drache landet mit mächtigem Flügelschlag und peitscht uns eine Staubwolke ins Gesicht. Zur Begrüßung fackelt er erstmal das Areal vor sich mit einem Flammenstrahl ab, wir hechten eilig aus dem brennenden Bereich und revanchieren uns mit einem Flächenschadeneffekt. Schnell noch ein Sprengskelett auf den Drachen hetzen, dann einige Blitze aus unserem Zerstörungsstab, wieder ein Sprung zur Seite - verflixt, zu weit! Der Drache donnert uns seinen Schwanz ins Gesicht, wir landen betäubt im Staub.
Mehrere vom Drachen beschworene Flammen-Atronache sehen in uns leckeres Futter, schnell aufstehen, hochheilen, Knochenrüstung erneuern. Alles blitzt und blinkt um uns, während auch andere Helden den Drachen mit allem beharken, was sie aufbieten können. Endlich ist unsere ultimative Fähigkeit bereit, unser mächtiger Eiskoloss gibt dem angeschlagenen Drachen mit geballten Fäusten donnernd den Rest - selten fühlte sich ein Sieg so verdient an! Doch schmissige Kämpfe gegen in der offenen Welt umherstreunende Drachen sind nur ein Grund, warum Elsweyr das bisher beste Kapitel von The Elder Scrolls Online ist.
Das Jahr der Drachen
Mit Elsweyr verfolgt Zenimax eine andere Veröffentlichungspolitik als bisher. Konntet ihr die Extra-Kapitel Morrowind und Summerset noch unabhängig von allen anderen Quests spielen, steht Elsweyr in einem größeren Zusammenhang. Um alle Details rings um das Erscheinen der Drachen nachzuvollziehen, spielt ihr zunächst den DLC Wrathstone und die Elsweyr-Prequest, bevor ihr die Hauptquest von Elsweyr startet.
Mit den im 3. und 4. Quartal 2019 erscheinenden DLCs Scalebreaker und Dragonhold wird die Gesamtgeschichte um das Jahr des Drachen abgeschlossen.
Abwechslung und alte Bekannte
In der Heimat der Khajiit bekommen wir nämlich nicht einfach nur ein neues Questgebiet geliefert, sondern einen lebendig wirkenden Landstrich, in dem von der Optik bis zur Hintergrundmusik einfach alles zueinander passt. Schon allein die Gestaltung erfreut das Entdeckerherz: Reisen wir von Norden nach Süden, wandelt sich die felsig-karge Steppenumgebung langsam zu einer üppig grünen Waldlandschaft, garniert mit verfallenen Tempelruinen in fernöstlichem Stil.
In den Siedlungen waschen Bürger ihre Wäsche oder vertrödeln den Tag, außerhalb entdecken wir an der Leiche eines glücklosen Reisenden nagende Raubvögel oder einen zwischen Felsen versteckten Schrein. Elsweyr wirkt auf alle, die sich die Zeit nehmen wollen, durch die in Ruinen, Erzählungen und Kunstwerken greifbare Erinnerung an die reichhaltige Geschichte der Khajiit und die entspannte Lebensphilosophie der Bewohner.
Abseits der Hauptquest, bei der wir uns ganz der Rettung des von Drachen, Untoten und der Ursupatorin Euraxia gebeutelte Elsweyr verschreiben, wartet ein ganzer Berg Aufgaben auf uns. Mal helfen wir dem trottelig-liebenswerten Nord-Botschafter dabei, gute Beziehungen zu den Khajiit herzustellen, mal suchen wir für die Besitzerin einer Tierschau ihre schlimmste Bestie oder brechen im Oceans-Eleven-Stil in eine Schurkenfestung ein. Besonders die vielfältigen Bürger aus mehreren Khajiit-Untergattungen und deren spezielle Weltsicht bereichern jede der kleinen und großen Geschichten. Als besonderen Bonus gibt's als Belohnung für den Abschluss der Hauptquest sogar ein nagelneues Zuhause in einem verfallenen Tempel!
Die ESO-typisch vollvertonten Quests präsentieren uns erfreulich oft eine ungewöhnliche oder überraschende Lösung und machen Lust auf mehr - selbst nachdem die letzte Aufgabe erfüllt ist. Altspieler treffen zudem auf einige liebgewonnene Bekannte wie Razum-dar oder den charmanten Schurken Jakarn. Ein weiteres Highlight ist die Hintergrundgeschichte des skurrilen Ritters Cadwell aus dem Tutorial des Hauptspiels, der bei der Befreiung Elsweyrs eine wichtige Rolle spielt und während der Questreihe durch seine verwirrte Art für reichlich Lacher sorgt.
Drachen bis zum Umfallen
Solltet ihr als Skyrim-Fans ESO wegen Drachenmangel boykottiert haben, gibt es nun wirklich kein Argument mehr, das MMORPG zu meiden - denn wir bekommen es reichlich mit Drachen zu tun! Starten wir mit einem neuen Charakter ins Elsweyr-Spielvergnügen, kämpfen wir bereits im gebietsspezifischen Tutorial gegen eines der feuerspuckenden Biester.
Im freien Gelände streifen ebenso wilde Drachen umher, die wir wie bei den Dolmen des Hauptspiels oder den Kluft-Geysiren im Summerset-Kapitel gemeinsam mit anderen Spielern ausrotten. Richtig gut: Kämpfen bereits andere Spieler gegen einen Drachen, verändert sich das entsprechende Symbol auf der Karte und wird mit zwei gekreuzten Schwertern unterlegt. So seht ihr sofort, wo ihr euch einem Kampf anschließen könnt!
Gleich drei mächtigen Drachen stehen wir in der neuen Zwölf-Spieler-Prüfung Sonnspitz gegenüber. Die haben sich nämlich in einem Kloster festgesetzt und terrorisieren die dortigen Glaubensdiener. Eingespielte Raidgruppen fräsen sich trotz ihrer fliegenden Gegner routiniert durch den Standardmodus, herausfordernder wird es erst mit den Hardmodes und Extra-Erfolgen der Bosse.
Einzelspieler freuen sich über sechs einzigartige und durch Bauten und Beleuchtung toll in Szene gesetzte Gewölbe, sechs Weltbosse und zwei neue, teils erfreulich knackige offene Verliese, deren Endbosse es in sich haben. Einziges Manko: Verglichen mit anderen Gebieten gibt es etwas wenig Teleportschreine, was gerade im gebirgslastigen Abschnitt von Elsweyr die Wege etwas unübersichtlich gestaltet. Aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau!
Ein Nekromant für alle Fälle
Die Nekromanten sind die insgesamt sechste Klasse in The Elder Scrolls Online, und sie drehen im Kampf so richtig auf: Wir hetzen für kurze Zeit herbeigerufene Sprengskelette und Skelettmagier auf Gegner, lassen einen Friedhof samt Grabsteinen als Flächeneffekt entstehen, schleudern leuchtende Schädel durch die Luft und entfesseln einen mächtigen Eiskoloss.
Im Gegensatz zu anderen Caster-Klassen ist der Nekromant schon im niedrigen Levelbereich durch potente Heilfähigeiten und seine Knochenrüstung erfreulich standfest. Passen uns die ursprünglichen Magicka-Ausrichtungen einzelner Fähigkeiten nicht, entwickeln wir sie zur PvP-freundlichen Ausdauer-Variante mit Giftschaden weiter.
Dank der passiven Fähigkeiten und hilfreichem Geist-Begleiter fehlt es dem Nekromanten-Heiler nicht an Mana und Gruppenheilungspotential, der Nekromanten-Tank nutzt Schadensvermeidungseffekte und verwandelt sich in einen ebenso widerstandsfähigen wie eindrucksvollen Skelettriesen. Besonderes Schmankerl: Während der Hauptquestreihe bekommen wir gleich live mit, was es bedeutet, wenn ein Gegner diesen mächtigen Tankskill beherrscht!
Den meisten Spaß macht das Effektgewitter aber in einer Gruppe aus mehreren Nekromanten mit unterschiedlichem Spielschwerpunkt. So viele explodierende oder zaubernde Untote sieht man schließlich nicht oft auf einem Bildschirm.
Je mehr Feinde, desto besser: Viele Nekro-Fähigkeiten profitieren von einer Menge getöteter Gegner, da wir aus deren Leichen frisches Mana und verbrauchte Lebenspunkte schöpfen oder bestimmte Fähigkeiten mit Leichenverbrauch verstärken. In friedlichen Siedlungen sollten wir allerdings keine Skelettbegleiter auspacken. Die Bewohner rufen sonst voller Angst die Wache und wir werden unser sauer verdientes Gold in Form von Bußgeldern wieder los.
Also Nekromanten, Drachen, fantastische Quests und eine Landschaft, die zum Erkunden einlädt. Unterm Strich macht Elsweyr wahnsinnig viel richtig. Wir sind gespannt, ob Zenimax das in kommenden Addons noch toppen kann.
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