Seite 2: Verspielt in Berlin - So funktioniert die USK

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104 Stunden GTA 4

USK-Sichter, momentan sieben an der Zahl, spielen alle Spiele durch, die für den Jugendschutz relevant sind. Nicht darunter fallen Denk- und Gesellschaftsspiele, Spielesammlungen oder Kindertitel à la Pferd und Pony: Lass uns reiten.

Wenig zimperlich geht's im Actionspiel Dark Sector zu. Wenig zimperlich geht's im Actionspiel Dark Sector zu.

Die werden zwar begutachtet, erhalten aber im Schnellverfahren ein Alterskennzeichen. Anders wäre das Pensum von jährlich über 3.000 Spielen, Demos, Trailern und Zeitschriften-DVDs kaum zu schaffen. Wie lange sich ein Tester mit einem Titel befasst, variiert – bei den rund 800 jährlichen großen Verfahren wie im Fall von Bioshock 2 durchschnittlich zwölf Stunden, ein nichtlineares Grand Theft Auto 4 fraß als bisheriger Rekordhalter 104 Stunden. Wegen zahlreicher Entscheidungsmöglichkeiten arten ferner Mammut-Projekte wie Dragon Age in viel Arbeit aus. »Bei Rollenspielen mimen wir immer den bösesten Charakter«, erzählt Brunner. »Sichter müssen häufig niederträchtig handeln, damit sie in puncto Jugendschutz auch wirklich alles sehen.«

Der Staat entscheidet

Nach dem Spielen geht’s für den Tester erst richtig los. Er schreibt seinen Bericht und bereitet die Präsentation für das Prüfgremium vor. Als Vorsitzender dieses Ausschusses fungiert einer der zwei Ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden (OLJB): Diplom-Psychologe Jürgen Hilse oder Diplom-Pädagogin Lidia Grashof, die von staatlicher Seite ins USK-Quartier entsandt wurden. Ihnen beratend zur Seite stehen vier von insgesamt 56 Gutachter, die Erfahrung in der Kinder- und Jugendarbeit haben, zum Beispiel Sozialwissenschaftler, Pädagogen oder Journalisten.

Damit die Gutachter während der Prüfsitzungen auch den Nintendo-DS-Titeln gut folgen können, entstanden diese Spielstationen im USK-Eigenbau, die das kleine Display des DS auf große Monitore übertragen. Damit die Gutachter während der Prüfsitzungen auch den Nintendo-DS-Titeln gut folgen können, entstanden diese Spielstationen im USK-Eigenbau, die das kleine Display des DS auf große Monitore übertragen.

Die Auswahl für die jeweilige Sitzung erfolgt per Zufall. Nach Präsentation und Diskussion, die in der Regel zwischen 20 Minuten und drei Stunden dauern, stimmt das Gremium ab und spricht eine Empfehlung aus. Die Entscheidung über die Altersfreigabe trifft letztlich der Ständige Vertreter – und damit der Staat. Theoretisch wäre es möglich, dass die Abstimmung knapp 3:2 endet, der OLJB-Vertreter sich der Minderheit angeschlossen hat und dann von seinem Vetorecht Gebrauch macht. In der Regel werde er aber der Mehrheit folgen, sagt Jürgen Hilse. Letztlich bestimmen also er oder Lidia Grashof, für welches Alter ein Spiel freigegeben wird oder ob es schlimmstenfalls keine Kennzeichnung erhält und damit der Gefahr einer Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) ausgesetzt ist.

Bei Ego-Shootern, die per se auf ein Erwachsenenpublikum abzielen, geht das Prüfgremium in der Sitzung immer die Kriterien der BPjM durch. »Natürlich zeigt Bioshock 2 Gewalt- und Tötungshandlungen, aber nicht zu eindringlich. Der Spieler muss nicht nur Widersacher ausschalten, sondern auch das Geheimnis von Rapture City lüften, der Geschichte folgen und Strategien entwickeln «, führt Jürgen Hilse als Beispiel aus. Es gebe keine selbstzweckhaften Mord- und Metzelszenen. Übersetzt heißt das: Tötungssequenzen werden nicht in Zeitlupe zelebriert, es fliegen keine Gliedmaßen herum, und auch Bluteffekte halten sich in Grenzen. »Andererseits verfügt das Spiel über eine hohe atmosphärische Dichte und verlangt moralische Entscheidungen«, fährt Hilse fort: »Was mache ich mit den Little Sisters? Töte ich sie oder nehme ich sie mit?« Diese Aspekte können nach Ansicht der Gutachter manchem 16-Jährigen schaden, deshalb kam es zur Einstufung für Erwachsene. »Wir sind nicht gehalten, nach dem normalen, durchschnittlichen Jugendlichen zu schauen, sondern müssen den sogenannten ›Gefährdungsgeneigten‹ im Sinn haben«, erklärt Hilse eines der wichtigsten Einstufungskriterien. Das Wort »Risikogruppe« fällt einem hier ein.

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