Wie die meisten Leute denke ich fast täglich an das Römische Reich – mal strategisch, wenn ich in Rome 2: Total War als frühe Republik die italienische Halbinsel SPQR-rot umfärbe, mal schmökernd, wenn ich den 23. Römer-Roman von Simon Scarrow verschlinge, mal kichernd, wenn ich Steam-Perlchen wie Caesar's Revenge ausgrabe, in dem ich mich als untoter Julius Caesar an allen 80 Senatoren räche. Auch an Brutus.
Und dann gibt es Spiele wie We Who Are About To Die, die genau wissen, wie sie Leute wie mich wuschig machen. We Who Are About To Die ist nämlich alles andere als perfekt - selbst für ein Early-Access-Spiel. Das Kampfsystem spielt sich fummelig, die Präsentation wirkt manchmal arg schludrig, eine richtige Story gibt's auch nicht.
Aber We Who Are About To Die macht als eines von sehr wenigen Spielen einen Traum spielbar: als römischer Gladiator in der Arena zu stehen. Und ich bin verblüfft, wie viel Spaß es am Ende des Tages macht, in einem ziemlich unfertigen Spiel ums nackte Überleben zu kämpfen.
Was ist We Who Are About To Die?
We Who Are About To Die wird von einem einzigen belgischen Entwickler zusammengestöpselt und startete Ende 2022 in Steams Early Access. Das Spiel versteht sich als Roguelike – am besten stellt ihr euch vor, man würde die Arena-Kämpfe aus Mount & Blade 2: Bannerlord zu einem eigenen Spiel aufstocken. Et voilà: We Who Are About To Die.
1:16
We Who Are About To Die - Launch Trailer zum Gladiatoren-Spektakel auf Steam
Zu Beginn jedes Durchlaufs spuckt euch der Zufallsgenerator einen Gladiator samt Hintergrund und Marotten aus. Beispielsweise spiele ich mal als hartgesottener Muskel-Prollo mit viel Kampferfahrung, der jedoch partout keine Rüstung tragen will, damit alle seine Brustbehaarung bewundern können.
Beißt der dann ins Gras, spiele ich vielleicht mit einem in Ungnade gefallenen Politiker weiter, der durch ein Komplott in die Gladiatoren-Sklaverei getrieben wurde, kaum ein Schwert heben, aber dafür die Veranstalter der Spiele amtlich beschwatzen kann.
Im eigentlichen Spiel manage ich dann Woche für Woche das Gladiatorendasein. Vor jedem Kampf wähle ich Trainingsroutinen, besteche die Veranstalter, kaufe Waffen und Rüstungen ein, repariere zerbeulte Schulterplatten aus dem letzten Gefecht und wähle dann das richtige Scharmützel.
Wie viele Roguelikes fordert auch We Who Are About To Die umsichtiges Risikomanagement: Verabrede ich für meinen Recken ein 1v1-Match, dann startet er mit guten Siegeschancen, aber das Publikum liebt natürlich vor allem Spektakel. Überlebt mein Gladiator stattdessen eine Massenkarambolage gegen zehn andere Krieger, dann regnet es Blumen, Konfetti, Schlüpper – und im Anschluss ernte ich deutlich mehr Geld und Ruhm.
Das Highlight: die Kämpfe
Anders als beispielsweise beim bald erscheinenden Gladiators of Citadelum steht das Management jedoch nicht im Zentrum von We Who Are About To Die, sondern die Kämpfe. Aus der Schulterperspektive steuert ihr die Geschicke eures Recken direkt in der Arena und bestimmt mit der Maus wie in Mount & Blade 2 Angriffsrichtung, Schlagstärke und Co. stufenlos.
So sollte ich tunlichst einpreisen, welche Rüstung mein Kontrahent trägt. Ist sein Kopf gepanzert, ziele ich auf die Beine. Führt er einen Speer, rücke ich dem Feind möglichst nah auf die Pelle, damit er gar nicht erst zum Ausholen kommt. We Who Are About To Die bietet bereits jetzt ein beachtliches Arsenal an eisenzeitlichen Waffen – Kurzschwerter, Speere, Lanzen, Äxte, Streitkolben, Sicheln und, und, und.
Zerbricht meine Waffe im Kampf oder wird mir aus der Hand geschlagen, schnappe ich mir wahlweise aber auch herumliegende Vasen, um sie dem Feind auf die Rummel zu donnern.
Dieses Rumtaktieren und Austänzeln funktioniert über weite Strecken schon ganz ordentlich und macht auch Spaß, aber ihr braucht zum Genießen von We Who Are About To Die definitiv die richtige Erwartungshaltung: Das Spiel ist janky
ohne Ende. Mal glitchen Schläge durch den Gegner, mal fliegt der Feind 30 Meter durch die Luft, weil irgendeine Ragdoll-Berechnung übersteuert, mal zittern und zuckeln getroffene Kontrahenten wie Aale.
Das alles bleibt noch im genießbaren Rahmen, aber ihr solltet die Kämpfe schlicht nicht zu ernst nehmen. Mich würde auch sehr überraschen, wenn der Entwickler all diese Ecken und Kanten bis zum finalen Release feingeschliffen bekommt.
Warum macht We Who Are About To Die trotzdem Spaß?
Dass We Who Are About To Die trotz seiner offensichtlichen Schwächen auf Steam bei zu 88 Prozent positiven Reviews steht, hat einen Grund: Es spielt sich ziemlich einzigartig. Die Welt der Gladiatorenspiele ist klein – hier schlüpfe ich mal in eine Rolle, die ich wirklich selten einnehmen kann.
Und dafür macht's dann doch genügend Spaß, sich in dem motivierenden Loop des Roguelikes zu verlieren: Ich verhelfe einem Gladiator zu Größe, baue seine Skills mit Schwertern, Schilden und Co. aus, schalte Perks, Upgrades, Geld, Ruhm, Ausrüstung frei, bevor ich alles wieder verliere, weil mir irgendein Hüne seine Axt ins Ohr steckt.
Wer ein Faible für das Römische Reich mitbringt und nach Gladiator 2 zur Abwechslung mal Lust auf spaßige Gladiatorenerfahrungen hat, kann dem Spiel guten Gewissens im Sale eine Chance geben. Erwartet nur nicht zu viel.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.