„Du warst der Auserwählte!“

Rezension: „Star Wars: Battlefront“ (2015) + alle DLCs – Version 1.7.64833 – Plattform: Origin

von ModuGames am: 15.11.2020

Hier finden Sie meine bisherigen Rezensionen zu den Spielen der Battlefront-Reihe:

Es gibt nur wenige Spiele, in denen ich so viel Zeit versenkt habe wie in Pandemics Star Wars: Battlefront 2 (2005). Es zeigte mir damals, welche Möglichkeiten PC-Spiele bieten können, und hat mich in meiner Gamer-Laufbahn entscheidend geprägt. Als ich also – es muss wohl 2013 oder 2014 gewesen sein – herausfand, dass sich ein Reboot der Serie in Entwicklung befindet, war meine Vorfreude enorm. Und dazu noch von DICE, dem Entwickler der Serie, von der sich Battlefront hat „inspirieren“ lassen. Jedenfalls sammelten sich in der Zeit bis zum Release die Nachrichten über die (nicht vorhandenen) Features des Reboots und meine Vorfreude verwandelte sich in Skepsis. Gekauft habe ich das Spiel, welches Ende 2015 unter dem schlichten Namen Star Wars: Battlefront erschienen ist, trotzdem zur Veröffentlichung und hatte tatsächlich 100+ Stunden lang meinen Spaß, obwohl die Schwächen des Titels natürlich offensichtlich waren. Nachdem ich dieses Jahr bereits die beiden ursprünglichen Teile der Serie in Rezensionen behandelt habe, muss ich nun nach fünf Jahren auch über dieses Spiel ein neues Urteil fällen – und es ist ernüchternd.

Zwei riesige Probleme

Ich will hier gar nicht um den heißen Brei herumreden: Battlefront hat massive inhaltliche Probleme. Das erste davon ist, dass es sich komplett auf die Original-Trilogie konzentriert (ein DLC hat aber „Rogue One“ als Thema), also die Episoden IV bis VI rund um Luke Skywalker, Han Solo und Gefährten. Die Prequels (Episode I bis III) entfallen hingegen komplett. Obwohl ich die Original-Trilogie für die besten Star-Wars-Filme halte, bin ich doch mit den Prequels und der „The Clone Wars“-Animationsserie aufgewachsen, die – zumindest was die schiere Größe angeht – bessere Schlachten hatten als die alten Filme und sich damit besonders für das Battlefront-Konzept anbieten. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass die alten Teile der Serie bereits Inhalte aus den Episoden I bis III geboten haben. Dass die Sequel-Trilogie in diesem Spiel nicht enthalten ist, kann ich hingegen nachvollziehen, da „The Force Awakens“ erst einige Wochen nach Battlefront in die Kinos kam, aber die Abwesenheit der Klonkriege ist ein signifikantes Problem.

Die Geschichte wiederholt sich: Der Kampfläufer-Angriff auf Hoth ist, wie schon in den alten Teilen, ein wahres Ereignis. Battlefront vernachlässigt allerdings die Ära der Klonkriege und muss gegenüber seinen Vorgängern daher deutlich Federn lassen. 

Das zweite große Manko des Spiels ist die fehlende Kampagne. Man könnte hier argumentieren, dass das Ur-Battlefront von 2004 nur eine sehr dürftige Kampagne hatte. Battlefront 2 hat sich deutlich mehr Mühe gegeben, eine richtige Geschichte zu erzählen, die aber zugegebenermaßen auch nicht fantastisch war. Das heißt allerdings nicht, dass man dieses Feature restlos streichen sollte! Dafür bietet der Singleplayer einige andere Modi, die man optional auch im online-Koop spielen kann: „Training“ (dabei handelt es sich um Tutorials), „Schlacht“ (ein Deathmatch gegen einen Spieler oder die KI) und „Überleben“. Bei letzterem handelt es sich um einen Hordenmodus, der in der Tat recht unterhaltsam ist. Außerdem lassen sich die Modi „Kampfläufer-Angriff“ und „Jägerstaffel“ im Singleplayer spielen. Wie Sie sich vielleicht denken können, bin ich über diesen Umfang nicht gerade erfreut. Die Modi, die zur Verfügung stehen, machen mit nur der KI als Gegner einfach nicht sonderlich viel Spaß, und sie sind auch einfach nicht interessant genug: Die Modi in Battlefront 2 reichten von semi-strategisch (Galaxis-Eroberung) über Sandkasten-artig (Eroberung) bis hin zu übertrieben-verrückt (XL). Eine solche Auswahl haben wir in Battlefront 2015 schlichtweg nicht, stattdessen werden wir mit 08/15-Kram abgespeist.

Konzeptionelle Fehler

Also widmen wir uns dem Herzstück des Spiels: dem Mehrspieler. Erstaunlicherweise zeigt eben dieser besonders, warum der Einzelspieler deutlich mehr Inhalt gebraucht hätte, denn Battlefront ist online (zumindest auf dem PC) quasi tot oder liegt zumindest im Sterben – und daher ist das ganze Spiel fast nicht mehr zu gebrauchen. Das Problem hatte ich auch schon bei meiner Rezension zu Titanfall, aber der Mech-Shooter hatte zumindest den Anstand, einen Spieler-Zähler einzubauen, der einem immerhin deutlich gesagt hat, dass das Spiel quasi tot ist. In Battlefront hingegen hockt man ewig in leeren Lobbys (übrigens: das Spiel verwendet Matchmaking) und am Ende kommt doch nichts dabei herum – da hilft es auch nicht, dass die vier DLCs des Spiels jeweils über eine eigene Rotation verfügen, wodurch die ohnehin schon geringe Spielerzahl noch einmal unnötig aufgespalten wird.

Auf den Karten befinden sich solche einsammelbaren Power-Ups. Dieses hier bewirkt, dass man in einen AT-ST steigen darf. Das bedeutet, dass Fahrzeuge nicht mehr einfach nur auf der Karte herumstehen. Den gewaltigen AT-AT darf man übrigens nicht selbst steuern, man darf lediglich seine Waffen bedienen. 

Apropos „unnötig“: Reden wir über die Modi. Im Multiplayer gibt es insgesamt zehn: Vorherrschaft, Kampfläufer-Angriff, Jägerstaffel, Gefecht, Fracht, Abwurfzone, Droidenalarm, Heldenjagd, Helden vs. Schurken und Wendepunkt. Ich bin der Meinung, dass das deutlich zu viele sind, weshalb ich auch nicht jeden einzelnen erklären werde, zumal die meisten sowieso nicht mehr gespielt werden. Mein Lieblingsmodus ist tatsächlich der Kampfläufer-Angriff, das Aushängeschild des Spiels. Hier versuchen die Rebellen, einen oder zwei vorrückende imperiale Kampfläufer auszuschalten, während die Sturmtruppen diese natürlich verteidigen müssen. Da beide Teams 20 Spieler besitzen, sieht dies auch entsprechend bombastisch aus. Neben dem Modus „Gefecht“ (ein klassisches Team-Deathmatch) hat sich erstaunlicherweise „Fracht“ bei mir eingeprägt – ein capture the flag in kleinem Rahmen.

 

Manche Spielmodi geben Ihnen die Möglichkeit, sich hinter das Steuer eines kleinen Raumjägers zu setzen. Wenn man den Bodentruppen aus der Luft Unterstützung gibt, während imperiale Läufer unaufhaltsam voranstapfen, kommt mächtig Star-Wars-Atmosphäre auf. Die extrem träge Steuerung macht es jedoch schwierig, Ziele zu treffen, die kleiner sind als dieser Frachter.

Zwei meiner Lieblingsmodi aus dem Vorgänger gibt es auch in diesem Spiel wieder, allerdings gefallen sie mir hier nicht annähernd so gut. Die „Jägerstaffel“ will die Piloten unter den Star-Wars-Fans befriedigen und lässt uns Raumschiffe fliegen. Dumm nur, dass sich die Vehikel so verhalten, als säße ein betrunkener Wookiee am Steuer. Ich bin in beiden Battlefront 2s (sowohl in dem 2005er als auch in dem 2017er) ein ganz vorzeigbarer Pilot, aber mit dieser trägen Steuerung komme ich absolut nicht klar. Auch ein anderer meiner alten Favoriten ist zurück, „Helden vs. Schurken“. Statt ein unkompliziertes Helden-Deathmatch zu bieten, werden in Battlefront aber nur drei der sechs Spieler pro Team tatsächlich zu Helden oder Schurken. Die restlichen sind normale Soldaten, die gegen die superstarken Anführer natürlich kein Land sehen. Zumal eine Partie in mehrere kleine Runden unterteilt ist, wodurch kein richtiger Spielfluss aufkommt.

Nur ein Grafikblender?

Viele dieser Kritikpunkte kann aber zumindest temporär ausblenden, wenn man sich tatsächlich einmal in einer Runde befindet, denn dann zeigt sich die mit Abstand größte Stärke von Battlefront: seine Präsentation. Man muss an dieser Stelle wissen, dass Battlefront eine lange Star-Wars-Durststrecke für PC-Spieler beendet hat – The Force Unleashed 2 (2010) und The Old Republic (2011) waren die letzten Titel in der weit, weit entfernten Galaxis. Vor alem TOR stellte nun wirklich keine grafische Offenbarung dar, weshalb es umso überragender war, was für eine grafische Qualität das Battlefront-Reboot geboten hat. Egal ob Animationen, Effekte oder Texturen-Details, dieses Spiel kam dem Fotorealismus damals extrem nahe – und muss sich auch heute noch nicht hinter modernen Titeln verstecken. Wo die AT-AT-Schlachten auf Hoth in Battlefront 2 wahre Augenöffner für mich waren, so waren sie es auch wieder in EAs Battlefront, nur eben nochmal auf einer ganz anderen Stufe! Dazu kommt noch, dass das Sounddesign und die musikalische Untermalung 1A sind. Das einzige grafische Problem des Spiels sind die Gesichter der menschlichen Helden, die teilweise nicht gut getroffen sind. Der Wookiee Chewbacca wiederum sieht sogar ziemlich furchtbar aus.

Lobenswert ist, dass sich die Helden nun deutlich individueller spielen (die drei Fähigkeiten des Helden sind unten rechts angezeigt). Leider sind die Lichtschwertkämpfe nicht sehr überzeugend, da selbst normale Angriffe bedeuten, dass man nach vorne beschleunigt wird und dann für eine Zeit lang stillsteht. Das schadet dem Spielfluss. 

Es gibt aber auch noch einige positive Aspekte, die nichts mit der Präsentation zu tun haben. Zum Beispiel wurde ein Partner-System implementiert. Das bedeutet, dass man mit einer anderen Person aus seinem Team einen kleinen Trupp bildet. Dann kann man bei seinem Partner spawnen und auch die Sternenkarten (dazu später mehr) regenerieren sich in dessen Nähe schneller. Mir wäre ein Vierer- oder Fünfersquad zwar lieber gewesen, aber dennoch mag ich, dass so das Teamplay gefördert wird (Battlefront 2 hatte keine solche Mechanik). Auch finde ich gut, dass die Helden nun komplett individuelle Fähigkeiten besitzen. Im Vorgänger waren die Anführer noch nicht derart ausdifferenziert, wodurch sie sich teilweise relativ ähnlich spielten. Das ist nun nicht mehr der Fall, weshalb sich die Helden etwas „hochwertiger“ anfühlen. Andere Helden-Mechaniken finde ich aber tendenziell fragwürdig, z.B. dass man verlorene Gesundheit nicht mehr regenerieren kann, was sowohl im Vorgänger als auch im Nachfolger möglich ist. Die Lichtschwertkämpfe (die man ohnehin nur mit Luke Skywalker oder Darth Vader bestreiten kann) spielen sich ebenfalls etwas unbefriedigend. Grundsätzlich ist das Gameplay mit seinem optionalen Wechsel zwischen First- und Third-Person-Ansicht immer noch spaßig. Nicht herausragend oder sonderlich innovativ, aber es funktioniert.

Der Verlust der Serienidentität

Das war jetzt entschieden genug Lob für eine Rezension, denn es gibt noch eine Reihe von Änderungen, die man zumindest einmal kritisch betrachten sollte. Unter anderem wurde das Klassensystem komplett über Bord geworfen, wodurch Spezialisierungen im Team quasi nicht mehr vorhanden sind. Stattdessen gibt es nun sogenannte „Sternenkarten“: Aus einem Pool von insgesamt 38 Fähigkeiten darf man sich drei auswählen. Nachdem sie eingesetzt wurden, brauchen sie eine gewisse Abkühlzeit, sind in den meisten Fällen aber unbegrenzt verfügbar. Dummerweise werden immer die gleichen drei bis vier Verdächtigen ausgewählt: die Bacta-Granate (heilt die Spielfigur und alle Verbündeten in der Nähe), der Körperschild (verleiht kurzzeitige Immunität gegen Blasterfeuer) und das Sprungpack (beschleunigt die Fortbewegung enorm). Da hilft es auch nicht, dass Battlefront zum ersten Mal in der Serie auch auf automatische Lebensregeneration setzt. Das alles führt dazu, dass fast jeder als Rambo spielt und Teamplay keine sonderlich große Rolle einnimmt. Dadurch werden die Fortschritte, die beim Partnersystem gemacht wurden, wieder untergraben.

Der Thermaldetonater ist eine durchaus sinnvolle Sternenkarte. Mit Credits, die man am Ende von Runden erhält, kann man sich weitere Fähigkeiten erkaufen und drei davon in die Schlacht mitnehmen. In der Community haben sich gewisse Kombinationen etabliert, die für neue Spieler schwierig zu kontern sind. 

Auch an anderen Stellen machen sich die Anpassungen an moderne Konventionen bemerkbar. Zum Beispiel wurde ein Levelsystem bis Rang 100 eingeführt, das natürlich mit entsprechenden Freischaltungen verbunden ist. Ich selbst befinde mich gerade auf Rang 73 und habe schon vor Jahren fast alles freigeschaltet, was möglich ist. Daher kann ich aktuell keine Aussage mehr darüber treffen, ob das Levelsystem motivierend oder fair ist, aber ich erinnere mich zumindest nicht negativ daran. Die sogenannten Hutten-Aufträge erfordern wiederum, dass man gewisse Herausforderungen erfüllt, um besondere Waffen (es gibt im ganzen Spiel übrigens 22) und Sternenkarten freizuschalten. Damit kann ich noch leben, aber an anderen Stellen nimmt der Sammelkram einfach Überhand, zum Beispiel gibt es im Hauptmenü ein Diorama, wo man kleine Figürchen ansehen kann, die man freigeschaltet hat... Naja, wer's braucht. Jedenfalls möchte ich sagen, dass diese modernen Elemente nicht per se schlecht sind – aber sie sind eben absolut nicht das, was sich die Fans erwartet hatten. Es ist schon wirklich erstaunlich: Die alten Teile waren im Wesentlichen Battlefield mit Star-Wars-Anstrich. Hier haben wir die Entwickler der Battlefield-Serie und das Ergebnis fühlt sich an wie Call of Duty. Wie ist das denn passiert?

Fazit

Diese Rezension mag sich in Teilen so angehört haben, als könnte ich dieses Spiel überhaupt nicht leiden. Tatsächlich mag ich Battlefront – nicht auf eine „Das ist ja unglaublich brilliant!“-Art, aber ich hatte meinen Spaß. Zu den Hochzeiten des Spiels hätte ich eine niedrige bis mittlere 70 vergeben. Die Umsetzung mit ihrem hohen Detailgrad, der gewohnt tolle Soundtrack und die generelle Atmosphäre gehen an keinem Star-Wars-Fan spurlos vorüber. Auch das Gameplay ist zumindest grundsolide, was nun einmal bei einem Shooter das wichtigste Qualitätsmerkmal ist. Auf der anderen Seite lässt dieses Spiel nur sehr wenige Fettnäpfchen aus: keine Klonkriege, kein Storymodus, kein Klassensystem, dafür unnötiger Freischalt-Krimskrams und weitere fragwürdige Design-Entscheidungen. Das ist alles schwierig zu rechtfertigen, zumal kaum noch Spieler online sind. Deshalb siedele ich meine Wertung auch im mittleren 60er Bereich an, denn eine allgemeine Empfehlung kann ich hier nicht mehr aussprechen. Kaufen Sie sich lieber eines der beiden Battlefront 2s – vor allem die 2017er Ausgabe ist in fast jeder Hinsicht besser als dieser Titel.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



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