Endlich legal: Wie Spiele vom Index gestrichen werden - Das sagt der Anwalt

Wann wird ein Spiel eigentlich deindiziert? Und was hat es mit den verschiedenen Listen auf sich? Wir haben bei einem Experten nachgefragt.

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Wir haben einen Experten rund um das Thema Indizierung befragt. Wir haben einen Experten rund um das Thema Indizierung befragt.

Manche Spiele haben es faustdick hinter den Ohren. Borderlands ist so ein Spiel, zumindest wenn es nach der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) geht. Die hatte die unzensierte Version des Shooters nämlich 2010 indiziert und auf Indexliste A gepackt. Dead Rising 1 und 2 traf es sogar noch härter, die beiden Spiele wurden beschlagnahmt.

Dass eine Indizierung oder sogar Beschlagnahme allerdings keine Reise ohne Rückkehr ist, haben die Spiele vor rund einem Monat gezeigt. Borderlands ist nun auch in der ungeschnittenen Version öffentlich verfügbar, bei den Dead-Rising-Teilen wurde die Beschlagnahme aufgehoben.

Aber wann werden Spiele überhaupt vom Index gestrichen? Was hat es mit den verschiedenen Listen auf sich? Und warum werden alte Spiele noch heute deindiziert? Wir haben bei Rechtsanwalt Sebastian Schwiddessen nachgefragt.

Unser Ansprechpartner
Sebastian Schwiddessen, LL.M. ist Rechtsanwalt im Bereich IT- und Medienrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Baker McKenzie. Dort berät er nationale und internationale Mandaten aus der Entertainment- und IT-Branche.

Er hat bereits mehrere beschlagnahmte Medien erfolgreich rehabilitiert, darunter die Filmklassiker Tanz der Teufel, Freitag der 13. Teil 3, Teil 4 und Das Böse. Zudem ist er laufend im Rahmen von Indizierungs- und Listenstreichungsverfahren zu einschlägigen Videospielen vor der BPjM tätig.

Indiziert ist nicht gleich indiziert

Indizierte Spiele können in Liste A oder Liste B eingeordnet werden. Was bedeutet das für das Spiel und wie unterscheiden sich die beiden Listen?

Listenteil A enthält Medien, die von der BPjM als jugendgefährdend eingestuft wurden. Diese Spiele dürfen nicht mehr öffentlich beworben und verkauft werden, weder physisch noch digital. Hinzukommen sehr strenge Anforderungen an den Versandhandel.

Listenteil B enthält Medien, die von der BPjM nicht nur als jugendgefährdend, sondern auch als strafrechtlich relevant eingestuft wurden. Bei einer solchen Einstufung muss die BPjM immer die zuständige Staatsanwaltschaft informieren. Die wichtigste Strafvorschrift in diesem Zusammenhang ist § 131 StGB, der sogenannte Gewaltdarstellungsparagraph. Spiele, die in Listenteil B eingetragen wurden, dürfen über den digitalen Vertrieb grundsätzlich nicht verbreitet werden.

Indiziert, beschlagnahmt, verboten? Jugendschutz in Deutschland (Plus Report)

Der physische Vertrieb ist zwar unter den selben Voraussetzungen wie bei einer Eintragung auf Listenteil A weiterhin möglich, es besteht jedoch ein erhöhtes strafrechtliches Risiko, sollte die Staatsanwaltschaft und ein Strafgericht die strafrechtliche Einschätzung der BPjM teilen und es zu einem Strafprozess kommen.

In diesem Fall besteht dann ein Risiko, dass Händler und Entwickler sich nicht darauf berufen können, keine Kenntnis von der Strafbarkeit gehabt zu haben, sofern Sie das Spiel nach der BPjM Einstufung nicht vom deutschen Markt nehmen.

Die unzensierte Version von Borderlands war bis vor kurzem indiziert. Die unzensierte Version von Borderlands war bis vor kurzem indiziert.

Wie kommt es dazu, dass Spiele oder Filme noch Jahre nach ihrem Release eine neue Einstufung erhalten und die Liste wechseln oder sogar komplett vom Index gestrichen werden?

Tatsächlich kommt es vor, dass Spiele von Listenteil B auf A umgetragen werden. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Das Spiel kann z.B. von der BPjM im vereinfachten und vorläufigen Verfahren zunächst auf Listenteil B eingetragen worden sein. In dem Fall muss noch ein reguläres Verfahren durchgeführt werden. Hier kann die Entscheidung dann anders lauten und das Spiel wird doch nur auf Listenteil A eingetragen. So geschehen etwa bei Medal of Honor (2010) und Call of Duty: Black Ops, welche die BPjM erst als strafrechtlich relevant einstufte.

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass das Spiel im vereinfachten Verfahren auf Listenteil B eingetragen wird und der Rechteinhaber selbst beantragt anschließend eine Prüfung im regulären Verfahren. Auch hier kann die Entscheidung dann anders ausfallen und das Spiel wird auf Liste A umgetragen. So geschehen etwa bei Dead Island.

Zuletzt besteht die Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft oder ein Gericht das Spiel nach der Meldung der BPjM überprüft und die Strafbarkeit verneint. Das war etwa bei Call of Duty: Modern Warfare 2 der Fall, wo die Staatsanwaltschaft später die Strafbarkeit verneinte und die BPjM das Spiel einige Jahre später auf Liste A umtrug. Ein entsprechendes Beispiel für eine Gerichtsentscheidung wäre Sleeping Dogs.

Auch der umgekehrte Fall ist denkbar, aber sehr selten. Im Falle von Condemned trug die BPjM das Spiel nur auf Listenteil A ein. Später sah das AG München aber einen Verstoß gegen § 131 StGB und die BPjM trug das Spiel auf Listenteil B um.

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