Ich habe auf der diesjährigen Gamescom eher Abstand von all den Tomb Raiders und Battlefields genommen und mir dafür kleinere Titel angeschaut. Eine sehr gute Entscheidung! Sonst wäre mir vermutlich nicht nur eines der schrägsten Spiele der Messe entgangen, sondern auch sein liebenswert schrulliger Entwickler.
Die Rede ist vom Bee Simulator, einer Honigbienen-Simulation - ihr erinnert euch vielleicht an unsere kurze Spielvorstellung dazu. Das ist in Zeiten von Renovierungs-, Mütter- oder Brot-Sims erst einmal nicht ungewöhnlich. Allerdings darf man sich vom Namen nicht in die Irre führen lassen. Was nach ödem Pollen sammeln und transportieren klingt, entpuppt sich als spaßige Arcade-Action, die mit einer Simulation nicht wirklich viel gemeinsam hat.
Stattdessen hatte ich eine Mischung aus Erkundungsspiel, Biologiestunde, Rennspiel, Fighter und einer Liebeserklärung an die Bienen vor mir. Diese Überraschung hat den Bee Simulator deshalb zu meinem persönlichen Messe-Highlight gemacht. Zwischen all dem Gamescom-Stress haben der Bienen-Simulator und sein Entwickler mich nämlich daran erinnert, worum es bei der Spieleentwicklung eigentlich gehen sollte.
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Actionreiche Pollenjagd
Zunächst aber mal zum Spiel selbst: Man steuert im Rahmen einer Story-Kampagne eine Biene und erfüllt Aufträge für die eigene Königin und andere Bienen. In der Messedemo bestand das hauptsächlich daraus, schnell durch Lichtreifen zu fliegen, um Pollen einzusammeln und die anschließend sicher heimzubringen. Das spielt sich im Prinzip wie ein arcadiges Flugzeugrennen und macht mit der schnellen und wendigen Biene durchaus Spaß.
Man muss sich auch in Kämpfen gegen Wespen, Frösche oder Spinnen verteidigen, was sich dann wie ein kleiner, sehr simpler Fighter spielt. Man kann parieren und angreifen. Die ganze Spielwelt ist voll mit großen und kleinen Tieren, von denen viele gefährlich werden können. Es gibt sogar Menschen, die nach der Biene schlagen.
Abseits der Handlung gibt es noch die Möglichkeit die detaillierte Spielwelt in einem eigenen Modus frei zu erkunden oder im Multiplayer via Split-Screen gemeinsam zu spielen. Dabei kann man selbst entscheiden, ob man sich hilft oder miteinander wie in einem Wettkampf konkurriert. Der Bee Simulator bleibt komplett gewaltfrei, weil er sich vor allem an Eltern und Kinder richten soll. Es wird aber einen Survival-Modus geben, in dem das Pollen sammeln fordernder ist und die Spieler häufiger mit Gefahren konfrontiert werden.
Ob das wirklich langfristig motiviert, ließ sich nach dem ersten Anspielen noch nicht sagen. Weil der Erwachsenen-Modus noch nicht verfügbar war, konnte ich im Prinzip seelenruhig an Fressfeinden vorbeifliegen und munter Pollen sammeln. Was für Kinder eine tolle Sache ist, ist für ältere Spieler natürlich sehr simpel. Um die zu motivieren und für die nötige Abwechslung zu sorgen, braucht es auf jeden Fall noch mehr Story, unterschiedliche Aufgaben und Anspruch. Dafür war es aber allein durch die ungewöhnliche Perspektive ein faszinierendes Erlebnis: Unter riesigen Blumen auf gigantische Grashüpfer (creepy!) zu treffen, ist für mich definitiv eine neue Erfahrung.
Eine Liebeserklärung an Bienen
Aber mir schwirrten beim Spielen gar nicht unbedingt die Fragen nach neuen Features im Kopf herum. Vielmehr interessierte mich etwas ganz anderes: Wie kommt man eigentlich auf die Idee, einen Bienen-Simulator zu entwicklen? Die Antwort des Chef-Entwicklers Lukasz Rosinski von Varsav Game Studios ist genauso simpel wie charmant: Ich liebe Honig, also liebe ich auch Bienen.
Allerdings sei ihm zu Ohren gekommen, dass die Bienen immer weniger werden. Deshalb will er gerne mit seinem Spiel auf das Problem aufmerksam machen. Es soll kein Lernspiel werden und primär Spaß machen, aber beim Spielstart erzählt ein kurzes Intro vom Leid der Bienen.
Anfangs fliegt der Entwickler selbst herum und zeigt mir seine Spielwelt. Erst, als ich höflich frage, ob ich auch mal darf, gibt er mir das Gamepad und entschuldigt sich. Das Spielen mache ihm so viel Spaß, dass er gar nicht mehr aufhören wolle.
Natürlich sollte jeder Entwickler Freude an seinem Spiel haben und tatsächlich sind mir auf der Messe viele begegnet, denen man sofort angesehen hat, dass sie für ihr Projekt brennen und mit Leidenschaft daran arbeiten. Beim Bee Simulator ist es mir aber besonders im Gedächtnis geblieben.
Spiele statt Zahlen
Der Entwickler hat so stolz davon berichtet, dass er eigentlich ein Familienspiel machen wollte, mit dem Eltern und Kinder gemeinsam Spaß haben können. Dann seien aber viele ältere Spieler auf den Titel aufmerksam geworden, weil die Perspektive als Biene so neu und spannend sei und die Spielwelt (der fast vollständig nachgebaute Central Park in New York) optisch etwas hermache für ein kleines Spiel. Deshalb implementiere er jetzt noch den Erwachsenen-Modus. Außerdem bestehe sein Team zur Hälfte aus Frauen, auch das freue ihn sehr, weil es in der Spielebranche so selten ist.
Mittlerweile gäbe es auch schon Angebote von mehreren Publishern, aber er wolle nur mit jemandem zusammenarbeiten, der ihm eine Ladenversion ermögliche. Denn auch hier hat er genaue Vorstellungen: Aus Holz soll die Verpackung sein, weil das wertiger wirkt als Plastik. Den Link zum Press-Kit überreicht er mir anschließend auf einem kleinen Zettel aus Recylingpapier.
Ich finde es schade, dass es in der Spielwelt (wie in jeder Industrie) viel zu oft nur noch um Verkaufszahlen, Features und Aufmerksamkeit geht. Jeder macht Battle Royale, weil es gerade funktioniert und nächste Woche sind eben die U-Boot-Survival-Gefechte in der Tiefsee dran. Umso schöner ist es für mich, zwischendurch wieder an die andere Seite der Spieleentwicklung erinnert zu werden: Nämlich dass hinter (fast) jedem U-Boot-Survival-Trip oder Bienensimulator jemand steht, der alles in dieses Projekt steckt, weil er an seine Idee glaubt und genau wie ich Spiele liebt - oder eben Bienen.
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